Mehr Unterstützung aus der Politik?
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hat ein Herz für die Leichtathletik. Der 65-Jährige wartete in einem aktuellen Interview mit dem Sportinformationsdienst (sid) nicht nur mit Fachwissen auf, sondern verdeutlichte auch, dass er Anschubhilfe leisten will. So könnte es sein, dass Sportpolitik, Sportbund und Verband bald in der Lage sind, mehr Kräfte zu bündeln und die nächste Olympiade auch mit mehr Mitteln in Angriff zu nehmen.
„Für mich ist die Leichtathletik noch immer die Kernsportart der Olympischen Spiele. Umso mehr schmerzt es mich, wenn ich sehe, welch geringe Resonanz die Leichtathletik derzeit in den Medien erfährt und wie schwach die deutschen Leistungen sind. Das macht mich ein wenig unglücklich“, sagte der für den Sport zuständige Minister als aufmerksam-kritischer Beobachter.Wolfgang Schäuble will sich nach dem Olympischen Saisonhöhepunkt, der für die Leichtathleten vom 15. bis 24. August in Peking (China) ansteht und dem er selbst beiwohnen wird, mit einbringen, um neue Impulse zu geben. „Ich weiß noch nicht genau, wie wir es schaffen können, der Leichtathletik wieder einen größeren Stellenwert zu geben, aber das wird eins der Themen sein, über das wir uns nach Peking zusammen mit allen Verantwortlichen des Sports Gedanken machen müssen, wenn wir umfassend über die Zukunft diskutieren.“
Blick bis London 2012
Zukunft, das heißt nicht nur kurzfristig Leichtathletik-Weltmeisterschaft 2009 in Berlin, sondern vor allem auch Olympische Spiele 2012 in London (Großbritannien). Diese Blickrichtung gibt neben dem Politiker auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) bereits jetzt, also schon vor dem anstehenden Ereignis in Peking, vor.
Der Missionschef der deutschen Olympia-Delegation und Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes, Michael Vesper, sagte der "Leipziger Volkszeitung": „Seit Barcelona 1992 ging es mit der deutschen Erfolgsbilanz bei Olympischen Sommerspielen stetig bergab. Inzwischen greift ein neues Leistungssportmodell.“ Für Peking sei zwar „noch nicht mit dem großen Durchbruch zu rechnen“.
Peking schon als Trendwende?
Michael Vesper gab sich aber zuversichtlich: „2012 in London sind wir wieder da. Peking soll ein erster Meilenstein auf dem Weg zur Wende sein.“ Zum Gesamtergebnis in Asien wollen auch die deutschen Leichtathleten beitragen, wie Jürgen Mallow, der Cheftrainer im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), in den letzten Tagen unterstrich.
Dass der internationale Konkurrenzkampf sehr viel härter geworden sei, blieb dem DOSB nicht verborgen. Diesen bekommen auch die Leichtathleten zu spüren. Trotzdem sind 14 deutsche Athleten in ihren Disziplinen momentan im aktuellen Weltvergleich unter den ersten Acht platziert und mit mal mehr, mal weniger großen Hoffnungen für Olympia ausgestattet.
Defizite im Lauf erkannt
Eine treffende Analyse dazu kommt eben von niemand Geringerem als Innenminister Wolfgang Schäuble: „Wir haben eine Reihe von Leichtathleten, die Medaillen gewinnen können, ob die Stabhochspringer oder Hochspringerin Ariane Friedrich, die nun konstant zwei Meter springt.“ Nachdenklich fügte er hinzu: „Aber in den Laufdisziplinen haben wir kaum noch Chancen. Wenn ich es richtig im Kopf habe, ist man über 5.000 Meter Deutscher Meister mit einer Zeit von über 14 Minuten geworden - und das kann nicht richtig sein.“
Dort will der Politiker ansetzen, wie er unmissverständlich klar macht. „Wenn ich sehe, wie viele Menschen in Deutschland Sport treiben und wie viel Nachwuchsarbeit auch im Bereich der Leichtathletik in den vielen Turnvereinen mit viel Enthusiasmus betrieben wird, dann glaube ich, dass es doch gelingen kann, ein bisschen besser auch im Laufbereich zu sein. Ich bin nicht sicher, ob wir alle Potenziale schon hinreichend ausgeschöpft haben. Aber ich bin hier kein Fachmann und will dem Sport nichts vorschreiben.“
Noch mehr wollen - Wesen des Sports
Vom ihm kommt allerdings ein Angebot, das in der DLV-Zentrale wohlwollend zur Kenntnis genommen werden dürfte, nachdem in den letzten Jahren die Fördermittelproblematik immer wieder ein Thema war. „Ich kann nur anbieten, im Rahmen der Möglichkeiten, die uns der Haushalt gibt, als Partner zur Verfügung zu stehen. Dass wir noch nicht zufrieden sein können und noch mehr wollen, gehört zum Wesen des Sports dazu.“
Es hört sich ein bisschen nach Aufbruchstimmung an. Denn nach Peking ist vor London. Auch für die deutsche Leichtathletik.