Mehrkämpfer fit für Götzis und Ulm
Vor den deutschen Mehrkämpfern liegen vier wichtige Tage: Bei den Meetings in Ulm (24./25. Mai) und Götzis (Österreich; 26./27. Mai) greifen sie nach den Normen für EM und Olympische Spiele. Die im Vorfeld wichtigste Nachricht verkündete Anfang der Woche Claus Marek, Leitender Bundestrainer Mehrkampf: Alle deutschen Topathleten sind fit und können starten.
Fünf deutsche Siebenkämpferinnen und sechs deutsche Zehnkämpfer haben einen der begehrten Plätze für das hochkarätige Mehrkampf-Meeting in Götzis ergattert. Betrachtet man die Vorleistungen, so sind dort die Olympia-Normen (6.150 bzw. 8.200 Punkte) am ehesten in Gefahr.Im Ulmer Donaustadion gehen zwei Tage zuvor Athletinnen und Athleten an den Start, die sich vor allem für einen Platz bei den Europameisterschaften empfehlen wollen.
Auf der WM- und EM-Dritten Jennifer Oeser (TSV Bayer 04 Leverkusen) ruhen in Götzis die größten Hoffnungen. Sie hatte zwar zuletzt mit Wadenproblemen zu kämpfen, aber Test-Wettkämpfe in der vergangenen Woche zeigten: die Wade hält. Dennoch dämpft die 28-Jährige die Erwartungen und sagt: „Ich möchte mich national behaupten und unter die ersten Drei kommen. Um eine Bestleistung geht es für mich nicht."
Fünf Kandidatinnen für drei Plätze
Auch die WM-Sechste Lilli Schwarzkopf (LG Rhein-Wied) konnte in den vergangenen Jahren konstant Leistungen oberhalb der geforderten Olympia-Norm anbieten. Ihre Bestleistung von 6.536 Punkten stammt aus dem Jahr 2008.
Mit Julia Mächtig (SC Neubrandenburg), Claudia Rath (LG Eintracht Frankfurt) und Maren Schwerdtner (Hannover 96) vervollständigen drei Siebenkämpferinnen das deutsche Aufgebot, die alle bereits das Nationaltrikot überstreifen durften. „In diesem Kreis sehe ich keine Athletin im Vorteil“, erklärte Claus Marek, „sie sind keine sicheren Bänke, können aber alle überraschen.“
Der Siebenkampf-Wettbewerb in Götzis verspricht auch aus internationaler Sicht Hochspannung: Mit Weltmeisterin Tatyana Chernova (Russland), Hallen-Weltmeisterin Nataliya Dobrynska (Ukraine) und Vize-Weltmeisterin Jessica Ennis (Großbritannien) sind die besten Allrounderinnen der vergangenen Jahre gemeldet.
Comeback von Michael Schrader
Im Zehnkampf treten in Götzis mit den Frankfurtern Pascal Behrenbruch und Jan-Felix Knobel sowie Rico Freimuth (Hallesche Leichtathletik-Freunde) die drei deutschen Teilnehmer der WM 2011 in Daegu (Südkorea) an. Starten werden außerdem Norman Müller (Hallesche-Leichtathletik-Freunde) und Simon Hechler (Leichtathletik-Team Saar).
Hinzu kommt der Leverkusener Michael Schrader, der aufgrund seines Überraschungs-Siegs 2009 eine Wildcard erhalten hat. Er sammelte damals 8.522 Punkte und weist damit die stärkste Bestleistung der deutschen Athleten auf. In den vergangenen zwei Jahren bremsten ihn jedoch zahlreiche Verletzungen aus. Im Jahr 2012 konnte er in Einzeldisziplinen schon vielversprechende Tests absolvieren, insgesamt steht jedoch über seinem Leistungsvermögen ein Fragezeichen.
Wie stark ist Pascal Behrenbruch?
Ähnlich schwer ist eine Leistungsprognose bei Pascal Behrenbruch: Der WM-Siebte verlor im vergangenen Jahr seinen Platz im Top-Team des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV) und fand daraufhin in Estland bei Olympiasieger Erki Nool eine neue sportliche Heimat. Inzwischen wird er von dessen ehemaligem Trainer Andrei Nazarov gecoacht und traut sich in Götzis bei guten Bedingungen sogar zu, seine Bestleistung von 8.439 Punkten zu steigern.
„Pascal Behrenbruch ist eine sehr, sehr wichtige Verbindung in einem Weltklasse-Umfeld eingegangen“, sagt Bundestrainer Claus Marek. Er hoffe, dass die Veränderungen dazu beitragen das Potenzial zu wecken, was in dem Frankfurter schlummert.
Mit Tipps zu Olympia-Kandidaten hält sich der Bundestrainer bewusst zurück. Er weiß als ehemaliger Zehnkämpfer und Olympia-Teilnehmer selbst am besten, wie viel Unvorhergesehenes im Rahmen eines Mehrkampfs passieren kann. „Es ist auch für mich hochinteressant zu beobachten, wie kaltschnäuzig oder auch wie ungeschickt Athleten in dieser Drucksituation agieren“ erklärt er.
André Niklaus hofft auf zweiten Frühling
In Ulm können zahlreiche junge Athleten sowie ein Routinier die Gelegenheit nutzen, im Vorfeld von Götzis mit guten Ergebnissen Druck auf die Topathleten auszuüben.
Der 30-jährige ehemalige Hallen-Weltmeister André Niklaus (SCC Berlin) nimmt im Olympia-Jahr mit neuem Trainerteam das Projekt „zweiter Frühling“ in Angriff. Seine Bestleistung aus dem Jahr 2007 liegt bei 8.371 Punkten. Ob es in Ulm für das Olympia-Ticket reicht ist fraglich, die EM-Norm (7.900 Punkte) liegt aber für ihn ebenso im Bereich des Möglichen wie für den 23-jährigen Ahrensburger Matthias Prey.
Auf seinen Start verzichten muss dagegen Lokalmatador Artur Abele, Olympia-Teilnehmer von 2008. Ihn bremst ein Ödem im Wadenbein aus, das ihn zu einer zweiwöchigen Zwangspause zwingt.
Stefanie Saumweber in guter Form
Bei den Frauen will Stefanie Saumweber vom SSV Ulm 46 den Heimvorteil nutzen. Sie hat ihre Ausbildung zur Physiotherapeutin beendet und konnte sich zuletzt intensiver ihrem Training widmen. In zahlreichen guten Einzelleistungen hat sie bereits angedeutet, dass ihre Siebenkampf-Bestleistung von 5.462 Punkten schon bald Geschichte sein könnte. Für einen EM-Start sind 5.960 Punkte gefordert.
Ganz nah an diese Marke heran, nämlich auf 5.941 Punkte, kam 2011 bereits Carolin Schäfer (LG Eintracht Frankfurt). Die Fünfte der letztjährigen U23-EM hat 2012 gute Chancen auf einen weiteren Start im Nationaltrikot.
Mit Matthias Brugger (SSV Ulm 1846), Johannes Hock (TSV Bayer 04 Leverkusen) und Steffen Klink (TSV 1862 Kirberg) haben sich außerdem die Zweit-, Dritt- und Sechstplatzierten der letztjährigen U20-EM angekündigt. Sie wollen in ihrem ersten Männerjahr die ersten Marken setzen, haben aber wohl eher das Fernziel Olympia 2016 in Rio oder eine Teilnahme am Thorpe-Cup im Juli in Marburg im Blick.
Nominierungsrichtlinien Für die Teilnahme an den Olympischen Spielen in London (Großbritannien; 27. Juli bis 12. August) sind 6.150 (Siebenkampf) und 8.200 Punkte (Zehnkampf) gefordert. Wenn Athleten am Wochenende sogar die 6.300- beziehungsweise 8.300-Punkte-Marke übertreffen, haben die zwei besten von ihnen das Ticket nach London bereits sicher. Die letzten Nominierungsvorschläge erfolgen nach dem Mehrkampf-Meeting in Ratingen (14./15. Juni). Die endgültige Olympia-Nominierung obliegt dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Die A-Normen für die Europameisterschaften in Helsinki (Finnland; 27. Juni bis 1. Juli) liegen bei 5.960 (Siebenkampf) und 7.900 Punkten (Zehnkampf). Die Nominierung erfolgt am 17. Juni. |