Meike Kröger - Frohnatur über der Latte
Hochspringerin Meike Kröger (LG Nord Berlin) ist eine Frohnatur. Auch wenn sie im Moment verletzungsbedingt nicht springen kann, trägt sie das mit Fassung. Gekonnt moderierte sie stattdessen vor kurzem bei der Präsentation der vier Briefmarken und der Gedenkmünze, die zu den Weltmeisterschaften in Berlin (15. bis 23. August) herausgegeben werden, das sportliche Rahmenprogramm.
Aufgeregt war sie dabei nicht, auch wenn rund 200 Leute in der Halle des TSV Guts-Muths 1861 Berlin zuschauten, darunter immerhin mit Peer Steinbrück der Finanzminister und mit Wolfgang Schäuble der Innenminister. „Sicher wäre ich hier lieber selbst gesprungen“, meinte sie, „aber leider geht das noch nicht.“Bei den Hallen-Europameisterschaften in Turin (Italien) verletzte sie sich kurz vor dem Finale, und mit den Folgen hat sie auch jetzt noch zu tun. Genügend Abstand konnte sie aber mittlerweile finden, um sachlich darüber zu berichten.
„Glücklich war ich dort, weil ich die Quali überstanden hatte, wenn auch mit einer weniger guten Höhe von 1,82 Metern.“ Nun sollte es im Finale höher gehen. „Aber so hatte ich mir das nicht vorgestellt. Fünf Minuten vor dem Gang in den Call-Room bin ich beim Aufwärmen bei einem Steigesprung umgeknickt. Zuerst dachte ich, dass ich trotzdem springen kann, denn anfangs tat nichts weh. Aber der Fuß, mein Sprungfuß, schwoll schnell an, und der Physiotherapeut stellte fest, dass ein Springen nicht mehr möglich war.“
Mobilisiert nach Spanien
Ein Verband wurde angelegt, der Fuß gekühlt und enttäuscht musste sie die Halle verlassen und ins Hotel zurückfahren. „Vor allem war ich unsicher, wie lange die Heilung dauern würde, und wie weit es die Sommersaison gefährden könnte.“
In Berlin wurden dann vom Arzt ein Bänderanriss und eine Stauchung im Knöchel festgestellt. Zehn Tage Gips, danach nochmals vier bis sechs Wochen eine Aircastschiene zur Stabilisierung des Fußes, das waren die ersten Therapie-Schritte. Es folgten Reha-Maßnahmen, hauptsächlich im Wasser, um den Fuß wieder zu mobilisieren. Und das setzt sie gerade im Trainingslager in Spanien fort, wohin sie inzwischen mit Leichtathleten der LG Nord Berlin gefahren ist.
Flinke Füße in Berlin
In der LG Nord Berlin begann auch ihre Leichtathletik-Karriere. Ihr älterer Bruder Jan war zuerst dort eingetreten: „Ich fand das toll, wollte es auch.“ Da kam ihr zugute, dass durch die LG Nord das Programm „Flinke Füße“ initiiert wurde, in welchem man direkt zu den Schulen geht, dort eine Lichtschranke aufbaut, die Kinder 30 Meter rennen lässt und wenn es ihnen Spaß gemacht hat, anbietet, zum Schnuppertraining zu kommen. Auch Meike Kröger wurde angesprochen, schlug ein und fing ab der dritten Klasse mit der Leichtathletik an.
Zuerst probierte sie sich an verschiedenen Disziplinen aus, absolvierte auch mal einen Mehrkampf. Als sich der Hochsprung als beste Disziplin herauskristallisierte und sie auch von der Größe her, heute misst sie 1,84 Meter, dafür geeignet war, wechselte sie dorthin. Mit 15 Jahren, im Jahr 2001, sprang sie bereits 1,77 Meter hoch. „Das war schon recht gut“, schaut sie zurück.
„Allerdings gab es bald einen Rückschlag, als ich mir beim Hochsprung ein Bein brach, das heißt den Schienbeinkopf. Es wurde geschraubt und genagelt, anschließend war Pause angesagt.“ Ein Jahr lang trieb sie keinen Sport, zwei Jahre lang keinen Hochsprung.
Dreisprung zum Spaß
Dann im ersten A-Jugend-Jahr wagte sie sich wieder an den Hochsprung heran, probte auch daneben ein bisschen Dreisprung, „allerdings mehr, weil das Spaß machte“. Den ersten internationalen Einsatz hatte sie 2005 mit 19 Jahren bei der U20-EM in Kaunas (Litauen), wo sie allerdings noch in der Qualifikation scheiterte. Zweimal, 2007 und 2008, holte sie sich den deutschen Juniorenmeister-Titel.
„Vier Jahre bewegte ich mich auf Höhen zwischen 1,80 und 1,83 Metern“, erinnert sie sich. „Aber 2007 bin ich im Training genauso hoch wie im Wettkampf gesprungen, was eigentlich nicht so sein soll. Da sah man schon, dass ich höher springen müsste. 2008 ist nun endlich der Knoten geplatzt, mit der Bestleistung von 1,91 Metern und dem dritten Platz bei den Deutschen Meisterschaften.“
Die Ursachen dafür liegen nicht so einfach auf der Hand oder auf dem Fuß. „Wir haben mehr Krafttraining gemacht“, bringt sie ihren Trainer Jan-Gerrit Keil ins Gespräch. Der Trainingsumfang aber wurde nicht erhöht. Und dieser ist wahrlich nicht hoch, denn nur viermal in der Woche trainiert sie, nicht eben viel gegenüber anderen Athletinnen. Ein Grund dafür war und ist, dass Meike Kröger nicht nur Sportlerin ist, sondern sich auch um ihre berufliche Zukunft kümmert.
Soziales Jahr in Kirgisistan
Nach dem Abitur absolvierte sie von 2005 bis 2006 ein freiwilliges soziales Jahr in einem Straßenkinderheim in der Hauptstadt von Kirgisistan, Bischkek. „Ich wollte nach der Schule nicht sofort studieren, sondern mich sozial engagieren. Außerdem reizte es mich, Russisch zu lernen. Ich hatte diese Sprache mal in der 11. Klasse bei einem halbjährigen Aufenthalt in Frankreich gehört und sie schön gefunden.“ Nun folgte also gewissermaßen das Sprachpraktikum am Ort.
Dabei hatte sie noch Glück, denn als klar war, dass sie nach Kirgisistan reisen werde, fand DLV-Trainerin Brigitte Kurschilgen heraus, dass eben dort in Bischkek Igor Paklin wohnt, der ehemalige Weltklasse-Hochspringer. Bei ihm trainierte sie, bei dessen Bruder wohnte sie. „Aber die Leistung wurde auch nicht besser als zuvor, zudem hatte ich einiges zugenommen, wog so um die 65 Kilogramm, heute sind das 61 Kilo.“
Auf den Pfaden der Architektur
Nach der Rückkehr nach Berlin studierte Meike Kröger an der Humboldt-Uni Volkswirtschaftslehre, aber es wurden nur zwei Semester, „weil es mir nicht so recht Spaß machte.“ Es folgte im Wintersemester 2007 der Wechsel zum Architekturstudium an die Technische Universität Berlin. Warum Architektur? „Ich bin für kreative Sachen, betätige mich gern gestalterisch. Naturwissenschaften liegen mir, besonders auch Mathematik.“
Nun will sie versuchen, das Training im WM-Jahr noch etwas zu intensivieren, aber zunächst muss sie wieder gesund werden. „Eigentlich wollte ich im Mai in die Sommersaison einsteigen, aber nun verschiebt sich das vielleicht auf Juni. Meine Gesundheit ist mir sehr wichtig. Ich springe erst wieder, wenn mein Fuß in Ordnung ist.“
Optimismus strahlt sie trotzdem aus. „Natürlich will ich im August in meiner Heimatstadt bei der WM dabei sein.“ Die WM-Norm von 1,93 Metern sollte da nicht die Hürde sein. Nur fit muss sie werden, dann könnte sich ihr WM-Traum erfüllen.