Melanie Kraus - „Ich will zu Olympia“
Die Leverkusenerin Melanie Kraus sicherte sich am Sonntag mit einer starken Aufholjagd den Sieg beim Frankfurt-Marathon. In 2:28:56 Stunden unterbot sie die Norm für die Olympischen Spiele (2:31:00 h) klar. Lesen Sie hier, was die glückliche Siegerin nach dem Lauf erzählte.

Frau Kraus, herzlichen
Glückwunsch zu Ihrem Sieg. Was hatten Sie sich für den Frankfurt-Marathon
vorgenommen?
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Melanie Kraus:
Ich bin nur für eine gute Zeit gelaufen. Ich wollte die Saison mit
einem Ausrufezeichen beenden und die Norm für die Olympischen Spiele
unterbieten.
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Mit einem Sieg hatten
Sie hier gar nicht gerechnet?
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Melanie Kraus:
Nein, überhaupt nicht. Erst als mir mein Trainer Paul-Heinz
Wellman gesagt hat ‚die Russin bekommst Du noch’ habe ich mir überhaupt erst Gedanken
um die Platzierung gemacht. Ich war so konzentriert auf mein Rennen, dass ich
nicht einmal mitbekommen hatte, an welcher Position ich liege. Mein Tempomacher
Martin Czarnitzki hat mich super geführt. Er beruhigt mich am Anfang auch immer
etwas. Da habe ich meistens schlechte Laune, weil mir das alles zu schnell ist.
Seine Beruhigung hat mir geholfen, einfach zu laufen, im Kopf locker zu sein
und nicht zu schauen, was die anderen machen.
<o:p> </o:p>Wie war es, als erste
Frau in die Festhalle einzulaufen?
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Melanie Kraus:
Ich konnte es bis zum Schluss nicht glauben, dass ich ganz
vorne bin und dass die das ganze Spektakel da für mich machen. Als ich die
Russin überholt habe, habe ich auch gehofft, dass es keinen Endspurt gibt. Ich
wollte den Zieleinlauf genießen.
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Fiel es Ihnen leicht,
sich nach der Hitzeschlacht von Osaka noch für den Frankfurt-Marathon zu
entscheiden?
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Melanie Kraus:
Mein Trainer und ich haben uns die Entscheidung nicht leicht
gemacht und haben diskutiert, ob es Sinn macht, in Frankfurt zu starten. Ich
wollte nur an den Start gehen, wenn ich auch eine ordentliche Zeit laufen kann.
Paul-Heinz Wellmann hat auch eine Leistungsdiagnostik im Training von mir
gefordert. Anscheinend hatte ich in Osaka und hier eine sehr gute
Renneinteilung. In Japan habe ich mich als einzige Marathonläuferin noch
ausgelaufen, darauf habe ich hier verzichtet.
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Sie sind in Frankfurt
fast an Ihre persönliche Bestleistung von 2:27:58 Stunden aus dem Jahr 2000
heran gelaufen…
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Melanie Kraus:
Für mich war das heute eine neue persönliche Bestleistung.
Nach den vielen Verletzungen, Hochs und Tiefs, die ich in den vergangenen
Jahren hatte.
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Die Konkurrenz im
deutschen Marathonlauf der Frauen wird immer größer. Mit Ihrer heutigen Zeit
schieben Sie sich an die zweite Position der Deutschen Jahresbestenliste.
Rechnen Sie damit, dass Sie mit dieser Zeit sicher für die Olympischen Spiele
nominiert werden?
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Melanie Kraus:
Nein, fest damit rechnen darf man nie, denn die Konkurrenz
in Deutschland ist gigantisch. Ich weiß, dass ich im Frühjahr noch einmal alles
geben muss und ich werde auch alles daran setzen, dann unter den besten drei
Frauen zu sein. Mein Traum ist es, zu den Olympischen Spielen nach Peking zu
fahren. Dreimal habe ich es bereits versucht, mich für Olympia zu qualifizieren
und habe es leider nicht geschafft. Jetzt ist es der vierte Anlauf und ich wäre
wirklich glücklich, wenn es klappt. Ich bin jetzt ganz heiß, dabei zu sein.
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Was ist bei den
letzten drei Anläufen passiert, dass Sie sich nicht qualifizieren konnten?
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Melanie Kraus:
Über Verletzungen will ich heute eigentlich nicht reden.
Aber es war immer Pleiten, Pech und Pannen. Wenn man zu Olympischen Spielen
will riskiert man sehr viel, das kann schief gehen. Momentan bin ich aber in
einer sehr guten Verfassung.
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Haben Sie Ihr Training
verändert, damit Sie jetzt weniger Verletzungen haben?
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Melanie Kraus:
Ich bin vor allem älter geworden und höre mehr in meinen
Körper hinein. Aber ich habe auch eine sehr gute physiotherapeutische
Betreuung.
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Hilft Ihnen dabei Ihr
Fachwissen als Apothekerin auch ein bisschen?
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Melanie Kraus:
Was mir bei meinem Beruf hilft, ist etwas ganz anderes. Wenn
ich zur Arbeit gehe, dann kann ich abschalten vom Laufen. Dann kommen Leute,
die wollen beraten werden, die haben ein Problem und ich versuche zu helfen.
Das macht auch im Kopf lockerer, denn man ist nicht nur den ganzen Tag
fokussiert auf sein eigenes Training, auf seine Zipperlein, die man hat. Denn
da kommen Leute, die wirkliche Probleme haben, und dann relativieren sich die
eigenen Problemchen.
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Gab es daneben noch
etwas, was Sie diese Saison so stark gemacht hat?
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Melanie Kraus:
Vor allem meine Freunde, die auch mit hierher nach Frankfurt
gekommen sind und mir die Aufregung genommen haben. Sie haben auch in Osaka
mitgelitten. Besonders im Marathon ist es wichtig, mental locker zu bleiben und
nicht zu verkrampfen. Das war früher oft mein Problem. Marathon läuft man nur
zweimal im Jahr. Man trainiert sehr lange dafür und dann kommt der Tag. Klar,
dass man da nervös ist. Denn wenn dann etwas schief geht, war das ganze
Training wieder umsonst. Wenn man dann Leute hat, die einen ablenken, ist das
eine riesige Unterstützung.
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In Osaka haben Sie ja
aber bewiesen, dass Sie es auch alleine gut schaffen.
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Melanie Kraus:
Da waren meine Freunde über Skype bei mir. Und ich hatte
einen MP3-Player, auf den jeder meiner Freunde mir für die WM ein Lied gespielt
hat. Sie glauben gar nicht, wie viel Musik ich gehört habe! Ich wusste, dass
sie an mich denken, das reicht ja schon.
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Haben Sie den Fahrplan
zum Frühjahrs-Marathon schon festgelegt?
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Melanie Kraus:
Nein, das ist noch völlig offen. Wir haben uns zunächst nur
auf Frankfurt konzentriert und jetzt ist das nächste Ziel Erholung. Es war eine
sehr lange Saison, begonnen bei Düsseldorf über Osaka bis hin zu Frankfurt.
Jetzt fällt die psychische Spannung von mir ab. Jetzt brauche ich erst einmal
Zeit für mich und um mich zu erholen.