Melanie Skotniks Quantensprung in die Weltspitze
In der Physik bezeichnet man ein solches Vorgehen als Quantensprung. Ein angeregtes Elektron springt stufenweise auf ein höheres Niveau und ignoriert alle Zustände, die dazwischen liegen könnten. Am Mittwoch hieß das "Elektron" Melanie Skotnik, das phantastische Dortmunder Publikum sorgte für die Anregung und die Stufen, die es zu erklimmen galt, lagen bei 1,94 und 1,97 Meter. Die zwei Meter waren noch zu hoch.
Melanie Skotnik darf jetzt von Birmingham träumen (Foto: Gantenberg)
Die hochgewachsene Athletin aus Bayern hatte bis zum Indoor-Meeting in Dortmund eine famose Hallensaison hingelegt. Binnen eines Monats steigerte sie zweimal den bayrischen Hallenrekord und ihre persönliche Bestleistung, auf schließlich 1,91 Meter. Der Ruhezustand sozusagen, bevor es nach Dortmund ging.Es sollte der letzte Wettkampf sein vor den deutschen Hallen-Meisterschaften in Leipzig. Als Aufbau für die nationalen Titelkämpfe war eine Trainingswoche im polnischen Olympiastützpunkt in Sparla geplant. Für den 28. Februar lagen schon die Tickets für Neuseeland bereit. Ihren Freund, den 800-Meter-Läufer Jason Stewart, wollte sie dort besuchen, verbunden mit einem Trainingslager bis Ende März. Jetzt muss umgedacht werden, denn Melanie Skotnik hat sich für die Hallen-Weltmeisterschaft in Birmingham (14. - 16. März) qualifiziert.
Training im polnischen Olympiastützpunkt
Dazu musste sie in dieser Hallensaison die DLV-Vorgabe von 1,94 Meter erfüllen. Mit Stanislaus Olczyk, ihrem polnischen Trainer, der vor fünfzehn Jahren nach Deutschland kam, fuhr sie im Dezember für zwei Wochen nach Sparla. "Als früherer Nationaltrainer in Polen, kenne ich da jeden und wir finden immer optimale Trainingsbedingungen vor", meinte der engagierte Coach, der es in Deutschland immerhin schon auf zwölf Medaillen bei Jugendmeisterschaften gebracht hat, unter anderem für Jan Schindzielorz, der mittlerweile zum Hürdensprint gewechselt ist.
Im polnischen Olympiazentrum gaben sich die Weltklasse-Athleten die Klinke in die Hand. Neben Sprintern und Läufern aus Jamaika und der polnischen Trainingspartnerin Anna Ksok, war der 800-Meter-Weltrekordler Wilson Kipketer zu Gast auf der Anlage. Als ausgebildete Fremdsprachenkorrespondentin in Englisch und Französisch, war es für die Fürtherin kein Problem, mit ihm ins Gespräch zu kommen und sich wertvolle Tipps von dem immer gutgelaunten und ruhigen Dänen geben zu lassen.
Konzentration nur noch auf den Hochsprung
Tipps, die vielleicht geholfen haben, Barrieren zu durchbrechen. Stanislaus Olczyk erklärte das so: "Wenn ein Sportler eine Grenze schafft, dann fällt oft auch gleich die zweite Grenze. Die 1,97 Meter waren nie geplant. Jetzt habe ich ein Problem – jetzt habe ich eine gute Sportlerin, eine klasse Sportlerin." Melanie Skotnik will nun diese Chance zu nutzen. Sie ist vor vier Wochen in die Nähe von Fürth gezogen und fährt nur noch 45 Minuten bis zur Trainingshalle, sie ist verletzungsfrei und kennt ihr Potential: "Mir gehen nicht mehr so viele Dinge durch den Kopf und ich konzentriere mich nur noch auf den Sport. Hochsprung ist für mich heute das Wichtigste, das war nicht immer so."
An nur einem Tag hat sich das Leben der leidenschaftlichen Musikhörerin radikal verändert. 1,97 Meter sind jetzt der neue Maßstab, vielleicht auch für die anderen deutschen Hochspringerinnen, die in diesem Winter oft im Gleichschritt ihre Höhen sprangen.
Für Melanie Skotnik gilt es nun das Niveau zu halten und nicht gleich wieder zurück zufallen oder es bleibt, um bei dem Modell von oben zu bleiben, nur ein kurzer Lichtblitz übrig.