| Neuer DLV-Generaldirektor

Michael Lameli: „Wir brauchen ideale Rahmenbedingungen“

Seit dem Jahreswechsel hat Michael Lameli als Nachfolger von Frank Hensel das Amt des Generaldirektors im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) übernommen. Der 38-jährige vormalige Geschäftsführer des Berliner Fußball-Verbandes erzählt im Interview, in welche Richtung er den Verband lenken möchte und was ihn mit der olympischen Kernsportart Nummer eins verbindet.
Peter Schmitt

Herr Lameli, wie sind Sie in das neue Jahr und Ihr neues Amt beim DLV gestartet?

Michael Lameli:

Vordergründig stand das Kennenlernen der Kolleginnen und Kollegen in der DLV-Geschäftsstelle an. Zudem liegt mein Fokus auf dem Einarbeiten in die aktuellen Themen und das Sammeln von Informationen, Hintergrundwissen und Arbeitsgrundlagen. Hierzu habe ich erste interessante und aufschlussreiche Gespräche geführt.

Welche Zielsetzungen beziehungsweise Visionen verfolgen Sie kurz- und mittelfristig?

Michael Lameli:

Eine kurzfristige Aufgabe liegt in der operativen Übernahme der Aufgaben meines Vorgängers Frank Hensel, dessen Verdienste für den DLV nicht hoch genug zu bewerten sind. Grundsätzlich wird es zusammen mit Präsident Clemens Prokop eine wichtige Orientierung sein, das Team der DLV-Mitarbeiter, sowohl ehren- als auch hauptamtlich, bestmöglich zu koordinieren und zu führen. Hierzu gehört auch die Abstimmung mit den Landesverbänden und den dort tätigen Personen. All die Arbeit, die im DLV und seinen Landesverbänden geleistet wird, kommt letztlich unseren Sportlern, Trainern, Funktionären und weiteren Beteiligten zu Gute. Der DLV erarbeitet Grundlagen, damit Athletinnen und Athleten bestmögliche Trainings- und Wettkampfvoraussetzungen haben, unabhängig von Leistungsstufe oder Altersklasse. Zielsetzung muss es für den DLV und für mich sein, sich für die Grundlagen und Weiterentwicklung in vielschichtigen Themenfeldern einzusetzen.

Wo werden Sie die ersten Arbeitsschwerpunkte setzen?

Michael Lameli:

Eine gute Ausgangsbasis für die tägliche Arbeit ist die Kenntnis über Abläufe, Zusammenhänge und Strukturen innerhalb der Leichtathletik. Daher wird ein Schwerpunkt der ersten Einarbeitungszeit eine umfangreiche Kommunikation mit möglichst vielen Beteiligten sein. Dies trifft auf die eigene DLV-Organisation zu, aber natürlich auch auf weitere Stakeholder. In Konsequenz habe ich mir unter anderem vorgenommen, nach und nach alle Landesverbände zu besuchen und vor Ort die Arbeit an der Basis mit all ihren Stärken und Schwächen besser einschätzen zu können. Daneben müssen wichtige Weichen für die Europameisterschaften in Berlin 2018 gestellt werden, und auch die Planungen für den DLV-Verbandstag [17./18. November] laufen. Ein weiterer Aspekt stellt die strategische Konzipierung einer zunehmenden Digitalisierung unserer Verbandswelt dar. Es gibt viele Projekte und Ideen, die wir kanalisieren, bewerten und initiieren werden.

Worin sehen Sie für die Zukunft die wichtigsten Aufgaben des Verbandes?

Michael Lameli:

Die Leichtathletik als olympische Kernsportart Nummer eins gehört zu den Basissportarten, die jedes Kind erleben sollte, da hier elementare Bausteine für spätere sportliche Erfolge gelegt werden. Und sie ist nicht zuletzt die Sportart mit der höchsten Vielfalt, was 47 olympische Disziplinen unterstreichen, die große Laufbewegung noch unberücksichtigt. Wir müssen daher weiterhin versuchen, dieses Bewusstsein in unsere Gesellschaft hineinzutragen, sowohl für den Schul- und Nachwuchssport als auch für die Spitzensportförderung auf Bundes- und Landesebene.

Auf internationalem Niveau ist es unser Anspruch, Athletinnen und Athleten durch ideale Rahmenbedingungen zu ihrem persönlichen und damit unserem gemeinsamen Erfolg zu führen, allen voran bei der nächsten WM in London. Diese Vorbilder sind Impulsgeber und Aushängeschilder unserer Sportart, die Vereine brauchen sie, um bei ihren Sportlern Ehrgeiz und Einsatz zu entwickeln. Eine wesentliche Aufgabe des DLV wird es bleiben, die verfügbaren Mittel für die Leichtathletik zu erhöhen, sei es durch überzeugende Argumente in Richtung der öffentlichen Hand oder durch eigene wirtschaftliche Aktivitäten. Die vorhandenen Mittel sind seriös, zweckmäßig und bestmöglich für den Erfolg der Leichtathletik einzusetzen, dann wird der DLV seinem Auftrag als Dienstleistungs- und Leistungsunternehmen gerecht.

In einem Verband gibt es viele verschiedene Interessensgruppen unter einem Dach. Wie denken Sie, lassen sich diese am besten vertreten und zusammenbringen?

Michael Lameli:

In meiner Interpretation von Verbandsarbeit sehe ich verschiedene Gruppen, die unterschiedliche Aufgabenfelder zu bearbeiten haben. Ich sehe aber zunächst nicht verschiedene Interessen, sondern das vorrangige gemeinsame Interesse an der Leichtathletik, wie ich es bereits skizziert habe. Dass es Meinungsunterschiede und fachliche Differenzen zwischen Beteiligten gibt, bleibt nicht aus. Aus meiner bisherigen Erfahrung der Verbandsarbeit gelingt es über persönliche Kommunikation oft, diese Differenzen im Sinne der Sache beizulegen und ein gutes Ergebnis zu erzielen. Hierfür braucht es eine klare Führung und Richtlinien, die vorzugeben und vorzuleben sind. Und es braucht gute, motivierte sowie kompetente Mitarbeiter im Ehren- und Hauptamt, die professionell und gemeinsam im Team ihren Job machen.

Sie kommen als vormaliger Geschäftsführer des Berliner Fußball-Verbandes aus einer anderen Sportart. Welchen Bezug bringen Sie zur Leichtathletik mit? Waren Sie selbst aktiv?

Michael Lameli:

Nach Abschluss meines Studiums der Sportökonomie habe ich seit 2004 im Fußball Fuß gefasst und zahlreiche Erfahrungen und Erlebnisse gesammelt. Während meiner universitären Zeit in Bayreuth wählte ich aber die Leichtathletik und nicht den Fußball als praktisches Schwerpunktfach. Ein Beispiel, das meine Verbundenheit gut unterstreicht. In jungen Jahren war ich selbst aktiv, zunächst in meinem Heimatverein TuS St. Martin und später in der LG Weinstraße, habe aber auch andere Sportarten ausprobiert. In dieser Zeit hatte ich die große Freude und Ehre, mit meiner Schule des Leibniz-Gymnasiums Neustadt an den Finalwettkämpfen von „Jugend trainiert für Olympia“ in Berlin teilzunehmen. Später habe ich es in die Top Ten der Deutschen Mehrkampf-Meisterschaften geschafft.

Daneben habe ich zum Beispiel bei den Weltmeisterschaften auf deutschem Boden 1993 in Stuttgart und 2009 in Berlin im Stadion mitgefiebert. Das große Interesse an der Leichtathletik ist somit von klein auf gegeben. Im Sport zu arbeiten ist ein Privileg, für das man dankbar und stolz sein kann. In der Leichtathletik an wichtiger Stelle mitwirken zu können, verstärkt dieses Privileg umso mehr.

Was kann die Leichtathletik vom Fußball lernen, um ebenfalls an noch mehr Popularität zu gewinnen?

Michael Lameli:

Ein Vergleich mit dem Fußball fällt nach so kurzer Zeit schwer. Die Voraussetzungen sind höchst unterschiedlich, nicht nur was die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angeht. Dennoch kann der Fußball und damit der DFB und seine Landesverbände in vielerlei Hinsicht als vorbildliche Sportorganisation dienen. Ich denke da an die Anwenderplattform DFBnet, die für die Vereinsadministration und damit für die Sportart allgemein eine enorme Weiterentwicklung bedeutet hat und an der man sich ein Beispiel nehmen kann. Zudem ist der Grad der Professionalisierung bemerkenswert und zeigt sich in der Attraktivität der großen Events, die beim deutschen Pokal-Endspiel nicht mehr nur aus dem reinen Fußballspiel generiert wird.

Diese positiven Beispiele aus dem Fußball, aber auch aus vielen anderen Sportarten, sollte man sich vor Augen führen und schauen, was in der Leichtathletik funktionieren könnte. Wenn wir die Qualität unserer Produkte und Leistungen steigern, wird die Popularität der Leichtathletik steigen. Die Leichtathletik hat beste Voraussetzungen, denn sie ist sportlich, vielseitig und attraktiv und hat darüber hinaus sympathische und erfolgreiche Sportlerinnen und Sportler.

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024