Michael Salzer - In Gordon Wolfs Spur
Vor zwei Jahren gelang dem Potsdamer Diskuswerfer Gordon Wolf bei der U20-WM im polnischen Bydgoszcz der große Wurf zu Gold. Zwei Jahre später schickt sich ein anderer an, den Titel für Deutschland bei der U20-WM in Moncton (Kanada; 19. bis 25. Juli) zu verteidigen – Michael Salzer von der TG Nürtingen.
„Gordon hat gesagt, ich soll in Moncton seinen Titel verteidigen. Sonst gibt es Ärger“, erzählt Michael Salzer lachend und fügt hinzu: „Wir verstehen uns richtig gut.“ Selbstverständlich ist das gar nicht. Schließlich will Michael Salzer nicht nur den Titel von Gordon Wolf, der nicht mehr der Jugendklasse angehört, „übernehmen“, er würde ihm nur zu gerne auch einen anderen Titel abluchsen: Den als bester deutscher Jugend-Diskuswerfer.Mit 66,45 Metern hält Gordon Wolf, der im vergangenen Jahr auch Zweiter der U20-EM war, seit dem 23. Mai 2009 den deutschen Jugendrekord. Mit 65,42 Metern beim Diskuswurf-Meeting in Wiesbaden im Mai ist ihm Michael Salzer in diesem Jahr schon gehörig auf die Pelle gerückt. „Gordon hat mir damals gesagt, er würde es mir von Herzen gönnen, wenn ich seinen Rekord breche.“
Rekord bei der WM?
Bislang ist ihm das noch nicht gelungen, aber „wenn das bei der U20-WM klappen würde, wäre es natürlich super“, sagt Michael Salzer. Er weiß um seine Chancen. „Mit der Weite könnte ich wohl auch gewinnen. 66 Meter können wahrscheinlich nicht viele werfen.“
Nur Andrius Gudzius aus Litauen hat in diesem Jahr weiter geworfen als Michael Salzer – und das auch gerade einmal nur neun Zentimeter. Trotzdem setzt sich Michael Salzer bescheidene Ziele: „Vorgenommen habe ich mir, die Quali zu überstehen, das ist mir bei der U20-EM in Novi Sad im letzten Jahr ja nicht gelungen. Im Finale will ich dann einfach so gut werfen wie es geht. Mit jedem Platz unter den besten Acht wäre ich zufrieden.“
Anfänge auf dem Beachvolleyballplatz
Dass er bei einer Jugend-WM vielleicht mal auf dem Treppchen stehen würde, daran hätte er vor ein paar Jahren wohl noch nicht gedacht. Damals machte der heute 18-Jährige mit 14 Jahren seine ersten Schritte als Diskuswerfer - auf einem Beachvolleyballplatz. Da Fußballer auf dem richtigen Platz trainierten, wich er mit seinem Trainer Rolf Raisch dorthin aus. „Am Anfang habe ich ja gerade einmal neun Meter weit bis zum Netz geworfen, da hat der Platz schon gereicht“, erklärt er.
Heute hingegen würde der Beachvolleyballplatz definitiv nicht mehr ausreichen. Auch sein Trainer ist mittlerweile ein anderer. Heute betreut ihn Vater Peter Salzer, früher selbst einmal Kugelstoßer, Diskus- und Speerwerfer und Siebter der Jugend-EM 1977. „Das klappt gut mit uns beiden“, sagt Michael Salzer. „Wir bekommen uns eigentlich nie in die Haare. Manchmal, wenn es nicht so gut läuft, schnauze ich ihn schon einmal an, aber das hält sich in Grenzen.“
Umzug ins Internat
So ist fehlender Abstand auch nicht der Grund dafür, dass Michael Salzer im kommenden Schuljahr das Elternhaus in Nürtingen verlässt und ins Internat nach Stuttgart zieht, wo er eine Sportschule besucht. Am Wirtemberg-Gymnasium in Stuttgart-Untertürkheim will er im kommenden Jahr sein Abitur mit den Leistungskursen Sport und Biologie ablegen. „Die langen Zugfahrten entfallen dann einfach“, erklärt er.
Während heute neben dem Diskuswerfen höchstens mal ein bisschen Kugelstoßen zum Ausgleich auf dem Programm steht, spielte Michael Salzer früher zehn Jahre lang leidenschaftlich gern Handball. Zur Leichtathletik gebracht hatte ihn damals weder sein Vater, noch seine Mutter, die unter ihrem Mädchennamen Anke Köninger Staffel-Dritte bei der Jugend-EM 1979 war, 1984 Deutsche Siebenkampf-Meisterin wurde und 1986 bei der EM über 200 Meter und mit der 4x100-Meter-Staffel startete.
„Mein Bruder hat damals Leichtathletik gemacht, und über ihn bin ich auch dazu gekommen“, erzählt Michael Salzer, dessen langfristiges Ziel es ist, einmal an Olympischen Spielen teilzunehmen. „Das ist das Größte, was man als Sportler erreichen kann“, sagt er. „Dieses Feeling will ich auch einmal erleben.“
Die Technik von Wolfgang Schmidt…
Vorbilder, an denen er sich auf dem Weg dorthin orientiert, hat er keine. „Nicht direkt auf jeden Fall“, sagt er und fügt aber hinzu, dass er gerne die Statur von Lars Riedel hätte. „Und die Technik von Wolfgang Schmidt.“ Der Olympia-Zweite von 1976 saß nach einem missglückten Fluchtversuch aus der DDR im Gefängnis und siedelte später in den Westen Deutschlands über. 1990, ein Jahr bevor Michael Salzer geboren wurde, gewann er EM-Bronze.
„Mein Vater hat mir Videos von ihm gezeigt“, erklärt Michael Salzer, der sich auf YouTube oft Diskuswurf-Videos anschaut. „Wolfgang Schmidt hat mir dabei einfach am besten gefallen.“ Und wer weiß - vielleicht motiviert ein YouTube-Video von Michael Salzers U20-WM-Sieg ja auch irgendwann andere Nachwuchsathleten.
Video: Michael Salzer setzt sich gegen internationale Konkurrenz durch
DLV-Mannschaftsbroschüre U20-WM