Michael Schrader jagt seinen Trainer
Mit 8.522 Punkten, die Michael Schrader vom LAV Bayer Uerdingen/Dormagen am letzten Wochenende in Götzis (Österreich) erzielt hat, hat er sich mit gerade einmal 21 Jahren bereits in die Weltspitze der Zehnkämpfer geschoben. Einer, der schon früh von seinem Ausnahmetalent überzeugt gewesen war, ist sein Trainer Torsten Voss - selbst in den Achtziger Jahren ein Weltklasse-Zehnkämpfer.
Mit 8.522 Punkten hätte sich Michael Schrader im vergangenen Jahr in der Weltjahresbestenliste der Zehnkämpfer auf dem fünften Platz einsortiert. Nur Bryan Clay (USA; 8.832 Punkte), Andrei Krauchanka (Weißrussland; 8.585) und Leonel Suarez (Kuba; 8.527), die Medaillengewinner der Olympischen Spiele, sowie der US-Amerikaner Trey Hardee (8.534) erzielten im vergangenen Jahr höhere Punktzahlen.„Michaels Talent konnte man schon sehr früh erkennen“, blickte sein Trainer Torsten Voss zurück. „Aber dass es einmal so weit gehen würde, war natürlich nicht abzusehen.“ Bereits vor einigen Jahren konnte man den „Rohdiamanten“ erkennen. „Er war zwar immer sehr verletzungsanfällig, aber gleichzeitig hochgradig bewegungstalentiert.“
Des Trainers Bestleistung noch nicht geknackt
Torsten Voss weiß, wovon er spricht. Mit 8.680 Punkten rangiert er in der ewigen deutschen Bestenliste auf Rang fünf. Noch vier Plätze und 158 Punkte vor seinem Schützling. Gerne aber würde der Weltmeister von 1987 auf diesen Vorsprung verzichten. „Ich hoffe, er übertrifft mich noch. Dieses Jahr wäre das wohl noch ein bisschen zu viel des Guten“, sagt er und fügt schmunzelnd hinzu: „Aber man weiß ja nie.“
Er weiß aber, was in seinem Schützling steckt - und ist gleichzeitig aber auch nicht vor Überraschungen gefeit. „Mit 8.400 Punkten hatte ich vor Götzis ein bisschen geliebäugelt. Ohne es Michael zu sagen“, sagt er. „Nach dem Hochsprung und den 400 Metern habe ich nicht mehr so richtig dran geglaubt. Aber was er dann da gezeigt hat, war einfach nur faszinierend.“
Nicht immer 8,05 Meter gefordert
Gleichzeitig kann er dem Hochsprungergebnis, das nicht so überragend war, wie die meisten anderen Resultate, und dem „Einbruch“ über 400 Meter auch etwas Positives abgewinnen. „Michael sieht dadurch, dass er nicht immer 8,05 Meter weit springen muss, um so viele Punkte zu sammeln.“
Lediglich die Krämpfe, die Michael Schrader in vielen Mehrkämpfen beim Hochsprung begleiten und die in Götzis besonders hartnäckig waren, sind noch ein kleiner Sorgenpunkt - und ein kleines Rätsel. Die Ursache konnte bislang noch nicht gefunden werden. Auch Claus Marek, Team-Manager Zehnkampf im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), kann nur spekulieren. „Wir vermuten, dass es neuronale Nachwirkungen von den 100 Metern und dem Weitsprung sein könnten“, sagt er. In diesen Disziplinen, die extreme Schnellkraft fordern, habe sich Michael Schrader stark verbessert, der Körper müsse sich auf die Entwicklung erst noch einstellen.
Modisch ganz weit vorn
Bestens gerüstet war Michael Schrader am Götzis-Wochenende auch modetechnisch - im 25 Jahre alten Baumwoll-Trikot seines Vaters Harald, der auch im Möslestadion in Götzis seinen Sohn anfeuerte, ging er an den Start. Vater Harald war früher Sprinter, mit Bestzeiten von 10,8, 21,8 und 49,7 Sekunden über 100, 200 und 400 Meter. „Was Michael in Götzis mit Krämpfen über 400 Meter gelaufen ist, war früher fast meine Bestzeit“, erzählt er lachend.
Lediglich eine Sache kam am Sonntag für Michael Schrader dann doch etwas überraschend: die Doping-Kontrolle. Den dafür notwendigen Personalausweis hatte Michael Schrader vergessen einzupacken, und Coach Torsten Voss holte ihn noch schnell aus dem Hotel. Trainer und Athlet - auch wenn der eine die Bestleistungen des anderen jagt - sie sind eben doch ein super Team.
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