Michael Sommer, die siebte…
Das muss Michael Sommer erst einmal jemand nachmachen: Da beendet man nach dem sechsten Meistertitel Ende März 2007 mal eben seine sportliche Laufbahn als Spitzenläufer, weil man sich fortan nicht mehr für nationale und internationale Topereignisse motivieren kann. Zum Jahresende denkt man vage an ein mögliches Comeback, testet Ende Januar bei einem 50-Kilometer-Lauf seine Form, tritt Anfang April zur Meisterschaft an und holt seinen siebten nationalen Titel über die 100 Kilometer.

Doch ganz allein hätte er es ohnehin schwer gehabt, denn die Dichte und Homogenität des Feldes zeigte sich auch darin, dass bei Halbzeit noch acht Läufer innerhalb von weniger als zwei Minuten den Start- und Zielbereich passierten. Etwas besser als Sascha Velten machte es dann der ultralauferfahrene Helmut Dehaut (VT Zweibrücken), der bis Kilometer 75 an der Spitze lag.
Doch dann hatte sich der unverwüstliche und recht unauffällig laufende Michael Sommer bis auf drei Sekunden herangearbeitet, und wenige Augenblicke später übernahm er die Spitze. Vorbei waren zu diesem Zeitpunkt mögliche Titelaspirationen von Jörg Hooß (LTF Marpingen) oder Medaillenhoffungen von Matthias Dippacher (TV Jahn Kempten), die sich lange Zeit im vordersten Bereich des Läuferfeldes aufhielten.
Thomas König rundum zufrieden
Michael Sailer (TSV 1862 Neuburg), mit großen Plänen nach Kienbaum gekommen, war gar noch ärger dran, denn für ihn war nach 75 Kilometern das Rennen beendet. Stattdessen war es Thomas König (SuL Lößnitz), der Pechvogel des Vorjahres (zweimal musste er verletzungsbedingt aufgeben), der ab dem 80. Kilometer urplötzlich auf Rang zwei lag und eigentlich nur noch durchkommen brauchte, um mal wieder ein positives Zeichen zu setzen. Bis auf zweieinhalb Minuten war er an Spitzenreiter Michael Sommer heran gelaufen, und einige witterten schon eine kleine Sensation.
Doch dann warf der Altmeister seine jahrelange Erfahrung in die Waagschale und ließ nichts mehr anbrennen. In 6:56:17 Stunden holte sich Michael Sommer Titel Nummer sieben (davon den sechsten in Folge) und ließ sich im Ziel entsprechend feiern. Thomas König schwächelte in seiner letzten Runde dann doch noch etwas und verfehlte so die schon fast sicher geglaubte und heiß ersehnte Sieben-Stunden-Marke. Doch auch mit seinen 7:02:46 Stunden verbesserte er sich um rund sechs Minuten und war am Ende rundum zufrieden.
Mit Steigerung zu Bronze
Kampfgeist zeigten aber auch Helmut Dehaut, der sich auf 7:10:32 Stunden steigerte und damit Bronze gewann, und Jörg Hooß mit 7:15:05 Stunden und Platz vier. „Das war heute einfach nicht mein Tag“, schätze der Marpinger die Lage nüchtern ein und gratulierte in fairer Manier den Medaillengewinnern.
Rainer Koch (LG Würzburg) wies mit 7:18:58 Stunden und Platz fünf nach zwei Jahren der Stagnation einen erfreulichen Aufwärtstrend auf, und auch Stefan Hinze (SSC Hanau-Rodenbach) freute sich über seine 7:27:10 Stunden und Platz sechs. Deutlich unter Wert geschlagen wurde Sven Kersten (LTC Berlin). Trotz schnellster Runde aller Teilnehmer (20:02 Minuten zwischen Kilometer 95 und 100) reichte es am Ende lediglich zu Rang sieben, und auch Matthias Dippacher wusste als Achter, was er unterwegs falsch gemacht hatte.
Offenes Rennen der Frauen
Völlig offen war auf Grund des Fehlens von Titelverteidigerin Birgit Schönherr-Hölscher aus Witten, der erfolgreichsten deutschen 100-Kilometer-Läuferin der letzten Jahre, die Konkurrenz bei den Frauen. Umso gespannter durfte man deshalb insbesondere auf das Abschneiden der Neulinge Branka Hajek (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg) und Dorothea Frey (EK Schwaikheim) sein.
Beide hatte der Ultramarathonbeauftragte des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), Volkmar Mühl, unmittelbar nach einem 50-Kilometer-Lauf im Oktober in Schwäbisch Gmünd, als Dorothea Frey, die damals noch Grupp hieß, vor Branka Hajek gewann, angesprochen, ob sie sich auch einmal die Teilnahme an einem doppelt so langen Lauf vorstellen könnten. Das Resultat: sie konnten, und nicht nur das – sie bestimmten vom ersten Meter an das Tempo. Mit einem recht konstanten 24er Schnitt auf dem gut belaufbaren 5-Kilometer-Kurs vergrößerten sie Runde für Runde den Abstand zu ihren Verfolgerinnen.
Unbekümmerte Jugend
Zwischenzeiten knapp über der Vier-Stunden-Marke bei Kilometer 50 deuteten auf eine passable Endzeit hin, doch die bange Frage war, wie sie die zweite Hälfte würden absolvieren können. Aber mit der Unbekümmertheit der Jugend (Branka Hajek ist Jahrgang 1984 und Dorothea Frey Jahrgang 1973) gaben sie eine klare Antwort, denn sie ließen kaum eine Schwäche erkennen, liefen ein bravouröses Rennen und wurden mit respektablen Zeiten belohnt. 8:10:38 Stunden für Branka Hajek, knappe sechs Minuten dahinter (8:16:36 h) folgte „Doro“ Frey.
Auf Rang drei hatte sich schon frühzeitig Marion Braun von der SV Germania Eicherscheid eingepegelt und kaum einer der Insider zweifelte am Bronzemedaillengewinn der erfahrenen Nationalteam-Läuferin. Doch jenseits der 90-Kilometer-Marke hatte die 50-Jährige unerwartet Probleme und musste Barbara Mallmann (LG Ahlen) passieren lassen, die sich in neuer Bestzeit von 8:27:18 Stunden deutlich steigerte und nach 2005 ihre zweite Bronzemedaille gewann. Ihr dicht auf den Fersen war allerdings Antje Schuhaj (TV Jahn Kempten), die sich mit 8:28:58 Stunden ebenfalls deutlich verbesserte und ihre Freude im Ziel lautstark herausließ. In 23:21 Minuten lief sie zudem die mit Abstand schnellste Schlussrunde der Frauen.
Trost im Ziel
Auf Platz fünf kam die tapfer kämpfende Marion Braun aus Eicherscheid ein, die vom diesmal sieben Minuten schnelleren Ehemann Wolfgang liebevoll in Empfang genommen und erst einmal getröstet werden musste. Sechste wurde Ulrike Steeger (LG Bonn/Troisdorf/Niederkassel) und bewies nach den Plätzen zwei des Jahres 1995 (!) und drei des Jahres 1999, dass sie noch längst nicht zum alten Eisen gehört. Rang sieben ging an Carmen Hildebrand (SSC Hanau-Rodenbach), Meisterin des Jahres 2005, und Achte wurde die 24-Stunden-Spezialistin Monika Belau (Hamburger SC), die zwar drei Minuten schneller als im Vorjahr lief, ihre Bronzemedaille aber nicht verteidigen konnte. „Da war die Konkurrenz heute viel zu stark“, zeigte sie sich im Ziel dennoch sehr zufrieden.
Dem Gesamtleiter Gert Schlarbaum und seinem umsichtig agierenden Team konnte man auch in diesem Jahr eine gelungene Meisterschaft bescheinigen, und auch der Wettergott meinte es mit den knapp 200 Teilnehmern ausgesprochen gut. Lediglich die auf Grund eines Computerproblems verspätet durchgeführte Siegerehrung trübte den guten Gesamteindruck ein wenig, doch die vom Abendessen gestärkten Aktiven nahmen dies recht gelassen hin.