| Interview

Michel Frauen: „Möchte mein Wissen weitergeben“

Michel Frauen (TSV Bayer 04 Leverkusen), Stabhochspringer mit einer Bestleistung von 5,55 Metern, hat im September letzten Jahres beim Domspringen in Aachen seine aktive Laufbahn beendet. Er bleibt aber Organisator der Leverkusener Stabhochsprung Classics und betreibt neuerdings auch ein Online-Portal für Stabhochspringer. Im Interview spricht der 31-Jährige zudem über ein Jahrzehnt Leistungssport, Multi-Jobbing – und seine Tätigkeit als Golfballtaucher.
pm/sb

Michel Frauen, als Aktiver haben Sie den Stab in die Ecke gestellt, bleiben Ihrer Disziplin aber verbunden - unter anderem als Betreiber einer neuen Internetseite speziell fürs Stabhochspringen. Was war Auslöser?

Michel Frauen:

Ich bin einfach noch so verliebt in den Stabhochsprung. Schon vor eineinhalb Jahren habe ich begonnen, Stabhochsprungstäbe zu vertreiben. In diesem Zusammenhang habe ich bemerkt, dass bei Trainern und Athleten ein riesiger Informationsbedarf besteht. Diesen versuche ich mit der Homepage zu decken. Sie ist über zwei Adressen erreichbar: <link https: www.sixmeterhigh.com de _blank link zur webseite>stabhochsprung.de beziehungsweise <link https: www.sixmeterhigh.com de _blank link zur webseite>sixmeterhigh.com.

Warum haben Sie diese absolute Weltklasse-Höhe als Domain gewählt?

Michel Frauen:

Natürlich spielt der Name auf die magische Sechs-Meter-Höhe an. Jeder Stabhochspringer träumt wohl davon, einmal sechs Meter zu springen, weil das nach wie vor eine Höhe ist, bei der sich die Besten der Besten einordnen. Bei den Frauen ist es entsprechend die Fünf-Meter-Marke. Aber die Seite richtet sich nicht nur an Profis. Gerade beim Nachwuchs und Nicht-Leistungssportlern herrscht Informationsbedarf. Ich bin froh, dass ich über die Seite Wissen weitergeben kann, das wir im Leistungssport über Jahrzehnte gesammelt haben.

Welchen Stellenwert hat die auf der Seite verankerte Video-Datenbank „Learning by Viewing“?

Michel Frauen:

Da kann man sich anschauen, wie Top-Springer springen, welche Varianz es in der Technik gibt, welche verschiedenen Technik-Muster es gibt, um erfolgreich zu sein. So können die jungen Springer einen Abgleich schaffen mit ihrem Technikstand. Man kann darin stöbern, aber auch sehr viel dabei lernen, wenn man die Techniken studiert. Deshalb sind die Aufnahmen alle auch zusätzlich in Zeitlupe dargestellt, so dass man im Detail sehen kann, was der Profi im Einzelnen macht. Ich habe die Sprünge kategorisiert nach verschiedenen Sprunghöhen. Allerdings ist die Datenbank noch im Aufbau. Es sollen noch deutlich mehr Videos werden.

Im Shop gibt’s unter anderem Stäbe, Matten, Ständer und Latten, aber auch andere Sportgeräte. Und bald auch Stabstopfen aus eigener Produktion. Finanziert sich das Projekt darüber?

Michel Frauen:

Die Seite ist für Jedermann frei zugänglich, es wird für keinen der Inhalte etwas berechnet, was ich auch für sehr wichtig halte. Es ist ein Shop angebunden, in dem der Interessierte jegliches Zubehör für den Stabhochsprung und die Leichtathletik findet.

Eine Rubrik heißt „Termine zum Mitmachen und Zuschauen“. Dazu zählen auch die Stabhochsprung-Classics, deren Meeting-Direktor Sie sind. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Classics von der Premiere 2010 bis zur siebten Auflage im letzten Jahr?

Michel Frauen:

Wir sind als besseres Grillfest gestartet, haben aber schon im zweiten Jahr relativ professionell gearbeitet, was die Rahmenbedingungen betrifft. Wir haben das Glück gehabt, dass von Anfang an Top-Athleten dabei waren wie zum Beispiel Steve Hooker, der die Veranstaltung als teilnehmender Athlet mit aus der Taufe gehoben hat. Das hat der Veranstaltung von Anfang an einen Stempel verpasst, was sich in den letzten Jahren fortgesetzt hat. Wir haben Raphael Holzdeppe hier gesehen bei seinem ersten Wettkampf nach seinem Weltmeister-Titel, was viele Zuschauer angelockt hat. Später haben wir den kommenden Weltmeister gesehen, dann den amtierenden Weltmeister und im letzten Jahr sogar den späteren Olympiasieger. Da können wir nicht klagen. Die Leistungen zeigen, dass das Meeting mit allem drum und dran Höchstleistungen fördert. Im letzten Jahr haben sich zwei Athleten an der Sechs-Meter-Marke versucht. Das war schon beeindruckend. Ich hoffe, dass diese Marke in den nächsten Jahren geknackt wird.

Was hat es mit Ihrem Projekt „Watercaddie“ auf sich? 

Michel Frauen:

Vor zweieinhalb Jahren habe ich mir Gedanken gemacht, wie meine berufliche Zukunft aussehen könnte oder wie ich mich generell finanziere als Leistungssportler. Da bin ich auf die Idee gestoßen, Golfbälle aus den Wasserhindernissen der Golfplätze zu bergen. Die Voraussetzungen brachte ich mit. Ich habe es probiert und wie sich zeigt, ist es ein lukratives Geschäft. Vor meiner Brust habe ich ein relativ großes Netz montiert, in das ich die Bälle lege, bis ich sie an die Wasseroberfläche bringe. 

Haben Sie mit dem Leistungssport aufgehört, weil bei so vielen Aktivitäten keine Zeit mehr fürs Training blieb?

Michel Frauen:

Da kommen verschiedene Faktoren zusammen. Man darf nicht unterschätzen, wie viel Zeit der Aufbau eines eigenen Unternehmens beansprucht. Aber es kam auch mein Alter hinzu. Ich bin jetzt 31. Ich habe in frühen Kindertagen schon angefangen mit dem leistungsbezogenen Turnen und dann mehr als ein Jahrzehnt Stabhochsprung betrieben. Ohne nennenswerte Verletzungen habe ich immer durchtrainiert. Irgendwann ist der Körper doch müde, da reichen dann auch zwei, drei Wochen Erholung nicht mehr aus. Da bin ich einfach an meine Grenzen gestoßen und habe gemerkt: Es wird sehr schwer, mein Leistungsniveau zu halten. Ich hatte immer den Anspruch, weiterzumachen, wenn ich um die 5,50 Meter springen kann. Als absehbar war, dass das in Zukunft nicht mehr so einfach zu realisieren ist, habe ich die Entscheidung getroffen aufzuhören. Ich kann gut damit leben. 

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