Michel Frauen: "Will ein Event kreieren"
Meeting-Direktor, Athlet, Mädchen für alles: Bei den „Stabhochsprung Classics“ in Leverkusen wagte Michel Frauen zum vierten Mal den sportlichen Spagat. Im Interview spricht der 27-Jährige über die Entwicklung des Meetings, seine eigenen sportlichen Ziele und die Chancen auf eine Neuauflage des Bayer-Meetings.
Michel Frauen, was ist schwieriger: die Vorbereitung auf einen wichtigen Stabhochsprung-Wettkampf oder die Organisation eines kleinen aber feinen Meetings wie die Leverkusener „Stabhochsprung Classics“?Michel Frauen:
Das ist schwer zu sagen. In einem wichtigen Wettkampf will man immer sein Bestes bringen und trainiert dementsprechend hart. Ein gutes Meeting auf die Beine zu stellen, ist ebenso eine Menge Arbeit. Es gibt viel zu organisieren und koordinieren. Immer wieder gibt es kleine Pannen, die man ausbügeln muss.
Welche Pannen gab es denn diesmal?
Michel Frauen:
Das sind nur kleine Sachen, nichts Dramatisches. Oft landen Informationen nicht sofort an der richtigen Stelle, sodass man noch einmal nachhaken muss. Das kostet dann Zeit. Aber so wissen wir für nächstes Jahr gleich, was wir besser machen können.
Wie viele Wochen im Jahr kümmern Sie sich um die Ausrichtung der „Stabhochsprung Classics“?
Michel Frauen:
Das fängt schon kurz nach dem Meeting im Herbst mit der Sponsorenakquise an. Zwei Monate vor dem Springen rotieren wir dann richtig. Das geht von der Athletenverpflichtung und Terminierung bis zur richtigen Präsentation für die Zuschauer.
Wie viel Geld muss man in die Hand nehmen, um einen solchen Stabhochsprung-Abend mit einem Weltklassefeld auf die Beine zu stellen?
Michel Frauen:
Über Zahlen möchte ich nicht sprechen. Aber der Verein geht da in keinem Fall mit einem Plus raus. Deshalb sind wir auch in den nächsten Jahren auf zahlreiche Sponsoren angewiesen. Wir haben aber den Vorteil, die Infrastruktur des TSV Bayer 04 Leverkusen nutzen zu können. Dadurch ist unser Budget deutlich kleiner als das von anderen Spezialmeetings. Diesmal hatten wir auch erstmals eine Liveübertragung im Lokalfernsehen. Das zeigt: unser Springen kommt an.
Wie viele Sponsoren haben Sie für die vierte Auflage gewinnen können?
Michel Frauen:
Etwa 20. Das fängt von Produktpartnern an und geht bis hin zu finanzkräftigen Sponsoren wie Toyota, Horbach oder Ergo.
Sie sind ja nicht nur Meeting-Direktor, sondern auch selbst im Starterfeld dabei. Kommen die Athleten gern zu Ihnen, weil sie wissen, dass ein Sportler ein Meeting für Sportler veranstaltet?
Michel Frauen:
Ich möchte das an den Ergebnissen festmachen. Die Saison war lang, doch trotzdem ging es in Höhen, von denen ich nicht zu träumen gewagt hatte. Zwei Springer über 5,82 Meter, Raphael Holzdeppe und Björn Otto probieren sich an 5,94 Metern. Das ist eine Hausnummer und zeigt: Die Sportler fühlen sich wohl bei uns und holen das Letzte aus sich heraus. Als Athlet weiß ich, was bei Athleten gut ankommt und was sie zu guten Leistungen beflügelt. Diese Bedingungen versuche ich zu schaffen. Was die Zuschauer und die Atmosphäre betrifft, strebe ich eine „Eventisierung“ des Meetings an, weil ich glaube, dass dies ein entscheidender Faktor zum Überleben der Leichtathletik ist. Die überwältigende Resonanz im Nachklang zeigt uns, dass wir auf einem guten Weg sind.
Vergangenen Donnerstag gab es die vierte Auflage. Wie beurteilen Sie die Entwicklung von 2010 bis 2013?
Michel Frauen:
Die ersten beiden Jahre gab es einige Worte des Bedenkens. Es wurde daran gezweifelt, dass wir mehr als ein paar Hundert Zuschauer erreichen können. Diesmal haben wir den Gegenbeweis erbracht. Bringt man gute Athleten an den Start und spielt das Wetter mit, kann man auch 1.200 bis 1.500 Zuschauer ins Stadion locken, die ganz dicht dran sind am Geschehen. So schafft man für Sportler und Fans eine tolle Atmosphäre.
Hätten Sie auch Lust, in die Organisation von Meetings wie „Weltklasse Zürich“ oder dem Berliner ISTAF hineinzuschnuppern?
Michel Frauen:
Das würde mich natürlich sehr interessieren. Schließlich habe ich ja auch Sportökonomie und Management studiert und werde im Herbst eine Halbtagsstelle in diesem Bereich antreten. Zürich und Berlin sind natürlich ganz andere Baustellen, das sind 365-Tage-Jobs. Da ist alles viel feiner geregelt.
Gibt es in Leverkusen Gedankenspiele, das traditionsreiche „Bayer-Meeting“ wieder aufleben zu lassen?
Michel Frauen:
Es kommen aus anderen Disziplinen immer wieder Anfragen. Wenn man dies und das noch ergänzt, ist man ganz schnell wieder bei einem Vollmeeting – und finanziell in ganz anderen Dimensionen. Dafür bräuchte man einen Hauptsponsor, den man nicht so leicht findet. Unter diesen Voraussetzungen fühlen wir uns als Spezialmeeting sehr wohl.
Sie waren vergangenen Donnerstag auch selbst dabei und haben 5,40 Meter gemeistert, erst die neue Bestleistung von 5,60 Metern war zu hoch. Sind Sie zufrieden damit?
Michel Frauen:
Ein bisschen ärgere ich mich schon. Ich knabbere seit ein paar Jahren an den 5,60 Metern. Mir hat einfach die Frische gefehlt, dafür hatte ich in den Tagen vor dem Meeting einfach zu viele Kilometer in den Beinen.
Sie trainieren seit dem Frühjahr nicht mehr ausschließlich bei Leszek Klima. Warum sind Sie zu Danny Ecker gewechselt?
Michel Frauen:
Ich wollte diesen Wechsel als mit 27 Jahren älterer Athlet noch einmal wagen und neue Reize setzen. Die Trainingspläne kommen von Dan Pfaff, bei ihm in Arizona habe ich im vergangenen Jahr rund acht Wochen lang trainiert. Ich sehe die Ergebnisse im Training, im Wettkampf muss ich das noch umsetzen. Es wird der Tag kommen, da springe ich über 5,60 Meter. Und ich denke, dass auch noch einige Zentimeter mehr drin sind.
Quelle: leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift