Mike Fenner - Mit 33 Jahren erstmals bei Olympia
Hürdensprinter Mike Fenner kann den Abflug nach Athen kaum mehr erwarten. "In den letzten beiden Wochen habe ich in Kienbaum bestens trainiert. Ich weiß, dass Zeiten von 13,30 bis 13,40 Sekunden für mich möglich sind. Und so schnell muss man sein, um ins Finale zu kommen. Und das will ich."
Mike Fenner kämpfte sich nach Athen (Foto: Krebs)
Dabei sah es lange Zeit nicht so aus, als ob das Kraftpaket aus Berlin überhaupt die Nominierung für Athen schaffen würde. Erst auf den letzten Drücker, bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig, schaffte er den Sprung in den Olympiazug. In 13,54 Sekunden siegte er über 110 Meter Hürden und jubelte: "Nach dem Vorlauf hatte ich schon fast alle Hoffnungen aufgeben. Das Wetter war zu bescheiden, mein massiger Körper braucht einfach die Hitze." Die gab es im Finale zwar nicht, aber Petrus ließ zumindest den Wind richtig wehen und auch die Sonne leicht hervorblinzeln. Für Hitze sorgte der 33-Jährige selbst. Zuerst fabrizierte er einen Fehlstart, aber dann war er nicht mehr aufzuhalten. Jubel ohne Ende, gemeinsam mit Jerome Crews, der auch in letzter Sekunde die Normbestätigung packte. "Die Last und der Druck sind weg. Der Spaß ist wieder da."
Erstmals bei Olympia, das überrascht, denn der für den TV Wattenscheid startende Mike Fenner gehört zu den Altgedienten der deutschen Leichtathletik. "Seit 1980 bin ich Leichtathlet, seit 1983 betreibe ich richtig Leistungssport." Zwölf Jahre war er bei Trainer Uwe Hakus, seines Zeichens heute DLV-Teamleiter der Sprinter. Danach wechselte Mike Fenner zu Idriss Gonschinska, doch im Oktober 2000 kehrte er wieder zurück zu Uwe Hakus, als der eine starke Sprinttruppe mit Florian Schwarthoff, Jerome Crews und Ronny Ostwald in Berlin konzentrierte.
Dem Glück auf der Spur
Glück hatte Mike Fenner in seiner Karriere wahrlich nicht gepachtet., Olympia verpasste er dreimal. 1992 war er noch zu jung, 1996 schien es zu klappen, aber da riss er sich den Bauchmuskel. Und 2000 spielte die Achillessehne nicht mit, Sydney erlebte er am Fernsehen.
Und auch Richtung Athen schien sich das zu wiederholen. Im August 2003 musste sich der Berliner zwei Leistenbrüche operieren lassen: "Danach habe ich meine Hürdentechnik verändert, und es traten immer wieder technische Defizite auf." Zudem spielte das Wetter nicht mit, und als es in Mannheim endlich mal Superbedingungen gab, wurde er in einer Nacht- und Nebelaktion noch vor dem Start von dort weg und hin zum Europacup nach Polen gerufen, weil Thomas Blaschek wegen eines Schlüsselbeinbruches ausfiel. "Es tat schon weh, aber ich konnte mich der Berufung ja nicht entziehen", schilderte ein verantwortungsbewusster Mike Fenner seine damalige Gemütslage.
Das ISTAF-Menu mundete
Noch fünf Tage vor den Deutschen Meisterschaften strahlte Mike Fenner nicht gerade Optimismus aus: "Ich habe nur noch die eine Chance. Ob ich sie nutzen kann, weiß ich nicht." Vielleicht hat ihm dann das ISTAF-Menu den letzten Kick gegeben, das Journalisten und Sportlern im "Hotel Berlin" im Vorfeld des Internationalen Stadionfestes verabreicht wurde. Seeteufel mit Sojasprossensalat, Kraftbrühe von der Sherrytomate, ein Stück Brandenburger Landente und ein Topfenstrudel zum Schluss, den Magen verdorben hat sich der Hürdensprinter dabei auf keinen Fall.
Und Auftrieb gab ihm auch das Vertrauen von ISTAF-Geschäftsführer
Gerhard Janetzky, der den 110-Meter-Hürden-Wettbewerb besonders wegen des Berliners zusätzlich mit ins Programm aufnahm, noch bevor klar war, ob der überhaupt noch Athen als Aktiver sehen werde.
Nun aber hat es geklappt, die Ehrenrunde des Mike Fenner im Stadion an der Hamburger Straße und der Jubel des Publikums sprachen Bände. Mehr Adrenalin wie er kann man nach einem Sieg nicht ausschütten.
Schliff in Kienbaum
Den letzten Schliff holte er sich in den letzten beiden Wochen in Sportschule Kienbaum, die er seit langen Jahren fast wie seine Westentasche kennt und mag. Auf die Frage nach einem eventuellen Höhentraining lächelte er deshalb nur: "Das habe ich noch nie gemacht. Aber es geht auch so."
Und ein willkommener Nebeneffekt: Er ist dadurch fast immer in der Nähe von Ehefrau Nicole und Tochter Jamie-Lee, die in Berlin wohnen und die ihn nach seinem Braunschweiger Erfolgserlebnis noch um Mitternacht am Bahnhof Zoo mit Rotkäppchen-Sekt empfingen. So etwas wird diesmal nicht nötig sein, denn beide sind original auf der Zuschauertribüne dabei, wenn Mike Fenner im Athener Olympiastadion die Hürden überfliegt. Und wenn er es bei seiner olympischen Premiere bis ins Finale schafft, dann wird ihre Freude kein Ende nehmen.
110 Meter Hürden bei den Olympischen Spielen: Vorläufe am Dienstag, 24. August, Zwischenläufe am Mittwoch, 25. August, Halbfinale am Donnerstag, 26. August, und Finale am Freitag, 27. August.
Olympische Leichtathletik in Athen – Kompakt auf leichtathletik.de...