Die große Dortmund-Vorschau (1) - Männer
Wer wird am Wochenende die Nase vorn haben und sich in der Dortmunder Helmut-Körnig-Halle die deutschen Hallenmeistertitel sichern? leichtathletik.de hat die einzelnen Disziplinen unter die Lupe genommen und für Sie einen Blick auf die Favoriten geworfen. Der erste Teil unserer großen Dortmund-Vorschau beschäftigt sich mit den Männern.
Startet Tobias Unger zum doppelten Coup durch? (Foto: Kiefner)
60mWie so oft preschte Marc Blume ganz früh in der Saison in die Schlagzeilen und noch immer führt er die DLV-Jahresbestenliste mit 6,61 Sekunden an. Doch danach wurde es ruhiger um den routinierten Wattenscheider. War es die Ruhe vor dem Sturm? Mit dem deutlich stabileren Tobias Unger und Alexander Kosenkow, der noch die Hallen-WM-Norm jagt, sind zwei weitere Sprinter in dieser Indoorsaison schon unter 6,70 Sekunden geblieben.
200m
Im Vorjahr gewann Tobias Unger vor Sebastian Ernst. Und auch diesmal deutet vieles wieder auf einen solchen Einlauf hin. Beide haben bereits die Hallen-WM-Norm unterboten und können befreit antreten. Für den jungen Schalker bietet sich aber erstmals die reelle Chance, auf der großen nationalen Bühne aufzutrumpfen und sich weiter in den Vordergrund zu laufen. Doch der Titelverteidiger weiß ganz gewiss um die Stärke des jungen Widersachers.
400m
Simon Kirch steht in der Pflicht. Er verzichtete auf den European Indoor Cup, nun muss sich der DLV-Saisonleader aus Saarbrücken wieder auf der Viertelmeile zeigen. Die erste Runde ist seine Stärke, da könnte er schon den Grundstein für einen Erfolg legen. Doch mit dem Wattenscheider Bastian Swillims, der vor zwei Jahren schon einmal deutscher Hallenmeister wurde, säubert ein Jäger in diesen Tagen die "Flinte". Der Frankfurter Sebastian Gatzka stapelt nach seinen 48,13 Sekunden vom Hallen-Europacup in Leipzig eher wieder etwas tiefer.
800m
Der Weg zum Titel führt nur über Vorjahressieger René Herms. Der 21-jährige U23-Europameister hat sich im Saisonverlauf zusehends gefunden, auch wenn ihn der Trainingsrückstand aufgrund der absolvierten Grundausbildung bei der Bundeswehr noch limitiert. Als Insidertipp gilt der noch ein Jahr jüngere Erfurter Andreas Freimann, der beim European Indoor Cup in Leipzig seine Chance in der Staffel bekam. Ruwen Faller, im letzten Jahr Hallenmeister über 400 Meter, könnte diesmal auf der doppelten Strecke seine Chance suchen.
1500m
Franek Haschke ist in diesem Winter noch eine unbekannte Größe. Doch in Abstinenz von Titelverteidiger Wolfram Müller (verletzt) wird er zum Gejagten. Nun muss er aber seiner Formkurve, die an den Zeiten gemessen von 3:45,77 über 3:48,24 auf 3:51,30 Minuten zuletzt zumindest auf dem Papier abfiel, eine Wende geben. Doch Statistiken sind bei Meisterschaftsrennen Makulatur und die richtige Renneinteilung ist weitaus wichtiger. Deshalb muss der Pirnaer Konkurrenten wie Christian Güssow, Sebastian Hock oder Christian Knoblich, der vor drei Jahren in Dortmund an gleicher Stätte gewann, im Auge haben, um nicht am Ende mit leeren Händen dazustehen.
3000m
Die Taktik wird am Samstag wohl über eine schnelle Zeit und auch den Sieg entscheiden. Der Tübinger Filmon Ghirmai gilt mit einer Saisonbestzeit von 7:55,70 Minuten als Hauptkonkurrent von Titelverteidiger Jan Fitschen (bisher 7:52,21 min). Dieser warnt allerdings: "Es sind noch andere dabei, wie zum Beispiel Sebastian Hallmann. Man weiß nie, was es für ein Rennen gibt." Psychologisch liegen alle Vorteile bei Jan Fitschen. Mit der Helmut-Körnig-Halle verbindet er eine ganze Menge. Vor zwei Wochen lief er beim Meeting an gleicher Stelle als bester Deutscher in 7:55,29 Minuten auf die Drei und vor Filmon Ghirmai ein, vor Jahresfrist schlug er dort in einem unvergessenen Rennen Olympiasieger Dieter Baumann.
60m Hürden
Der Hürdensprint verspricht Spannung pur. Jan Schindzielorz, Thomas Blaschek, Falk Balzer, Jerome Crews und Claude Edorh trennen im Saisonvergleich nicht mehr als drei lächerliche Hundertstel. Zu diesem Quintett will der Wattenscheider Mike Fenner bei seinem ersten Saisonauftritt nach Verletzungsabstinenz stoßen. Beim Dortmunder Meeting war vor zwei Wochen der Leipziger Thomas Blaschek der schnellste DLV-Vertreter. Vielleicht der entscheidende Fingerzeig?
Weitsprung
7,97 Meter ist WM-Teilnehmer Nils Winter in dieser Hallensaison, sprich diesem Winter, schon gesprungen. Mit dem deutschen Hallentitel und der Hallen-WM-Norm (8,10 m), zu der allerdings noch ein Stückchen fehlt, könnte es ganz und gar sein Winter werden. "Ich habe kein Problem damit, als Favorit anzutreten", sagt er. Nach den Vorleistungen der Konkurrenz kommt er um diese Rolle auch gar nicht umhin. Mit fünf Springern, die zwischen 7,60 und 7,67 Meter gesprungen sind, offenbart das Feld ein unkalkulierbares Gedrängel im Kampf um die weiteren Ränge.
Dreisprung
Vize-Europameister Charles Friedek konnte in dieser Hallensaison noch keine Konstanz finden. Zwar sprang er schon 16,78 Meter, aber am letzten Wochenende enttäuschte er in Leipzig (15,57 m) und Karlsruhe (16,01 m) nicht nur seinen Trainer Bernd Knut. Bei der Generalprobe für Dortmund war der Leverkusener in der Europahalle damit nur drittbester Deutscher hinter Thomas Moede (16,24 m) und Rudolf Helpling (16,16 m). Doch in der Helmut-Körnig-Halle werden die Karten neu gemischt und darauf kann vor allem Charles Friedek hoffen.
Hochsprung
Roman Fricke ist bei den großen Events in seinem Elixier. Als Titelverteidiger und mit 2,23 Metern DLV-Jahresbester muss er sich der Herausforderung von Eike Onnen, der in diesem Winter auch schon 2,22 Meter anbot, und Jugend-Champion Marius Hanniske stellen. Gerade der junge Berliner hätte ihn vor rund einem halben Jahr schon bei den Freiluft-Meisterschaften in Ulm beinahe überrumpelt.
Stabhochsprung
Hallen-Weltmeister Tim Lobinger hatte in dieser Woche bereits den ultimativen Expertentipp parat: "Ich erwarte drei Springer über 5,70 Meter und hoffe, meinen Vorjahrstitel mit übersprungenen 5,80 Metern zu verteidigen. Als stärkste Konkurrenten erwarte ich Hallen-Europacupsieger Björn Otto sowie Michael Stolle und Richard Spiegelburg." Damit ist schon fast alles gesagt. Vize-Europameister Lars Börgeling sucht in dieser Hallensaison weiter sein Niveau, Rückkehrer Danny Ecker den Anschluss. Mit dem Berliner Georgi Wassilew und dem Youngster Fabian Schulze können zwei der breiten Masse noch nicht vertraute Namen an die deutsche Spitze heranschnuppern. Nach dem Europacup-Sieg von Björn Otto ist für die Hallen-WM nur noch ein Ticket vakant. Also darf sich auch ein Tim Lobinger bei dieser dünnen Luft keinen Ausrutscher erlauben!
Kugelstoßen
Der EM-Dritte Ralf Bartels schickt sich mehr und mehr an, das Erbe von Oliver-Sven Buder anzutreten. Mit neuer Hallenbestleistung von 20,66 Metern überzeugte er am letzten Wochenende in Neubrandenburg. Im letzten Jahr war es in Leipzig Peter Sack, der ihm Paroli bot. Diesmal ist auch mit Detlef Bock zu rechnen. Er ist mit seiner Saisonbestleistung von 19,93 Metern auch schon nahe an der Hallen-WM-Norm (20,00 m).
Gehen
Der WM-Dritte über 50 Kilometer, Andreas Erm, kann sich auch auf den kurzen 5.000 Metern nur selbst besiegen. An sein letztes Gastspiel in Dortmund hat er noch beste Erinnerungen, marschierte er doch vor drei Jahren zu einem deutschen Rekord (18:22,25 min). Der Berliner André Höhne wird sich diesmal im Kampf um die weiteren Plätze vor allem mit Mike Trautmann und vielleicht auch Jan Albrecht beschäftigen müssen.
4x200m/4x400m
Über 4x200 Meter tritt der TV Wattenscheid 01 als Titelverteidiger an. Doch vor allem vor dem LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg wird man sich in Acht nehmen müssen. An der Spitze des Saisonvergleichs steht jedoch der VfL Sindelfingen. Den Viertelmeilern der LG Eintracht Frankfurt gehört unter normalen Umständen die 4x400-Meter-Staffel ohne jeden Zweifel. In den letzten drei Jahren holte sich der VfL Sindelfingen in diesem Wettbewerb stets den Silberrang. Dieser Bann wird auch jetzt nur schwer zu durchbrechen sein.
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