„Mocki“ ist fit für die 10.000-Meter-Norm
„Ich bin super-happy“, so war das Kurzresümee von Sabrina Mockenhaupt (Kölner Verein für Marathon) nach ihrem Sieg beim 29. Halbmarathon in Berlin. Mit der persönlichen Bestzeit von 68:45 Minuten gewann sie vor zwei Kenianerinnen und erfüllte damit ein geheimes Ziel. Die nächste Etappe auf dem Weg zur WM ist die Norm-Erfüllung über 10.000 Meter.
Im Vorfeld des Berliner Halbmarathons hielt sie sich noch bedeckt mit Voraussagen. „Ich will keine großen Töne vorher spucken. Man schürt sonst die Erwartungen und kann sie dann vielleicht nicht erfüllen.“ Dabei wusste sie um ihre Form, hatte erst eine Woche zuvor bei einem Straßenlauf über 10 Kilometer lockere 33:38 Minuten abgeliefert und die am Dienstag darauf im Training wiederholt.Und sie konnte sich auf ihren „Edelhasen“ Oliver Mintzlaff verlassen, der ein gleichmäßiges Tempo vorgab und wenn nötig auch mal eine Tempospritze einlegte. „Das ist schon etwas besonderes, wenn sich ein Manager neben seiner normalen Arbeit noch so ins Zeug legt, sich die Zunge aus dem Halse rennt und für mich aufopfert“, lobte ihn Sabrina Mockenhaupt.
Es geht noch schneller
Den Kurs durch die City von Berlin hatte sich zuvor nicht angesehen, wollte sich überraschen lassen. „ Wie erwartet war er schnell. Nur der Rückenwind fehlte ein wenig, so wie in Köln bei meinem zuvor schnellsten Halbmarathon (68:51 min). Deshalb weiß ich, dass es auch noch schneller gehen kann“, sagte sie selbstbewusst.
Jedenfalls genoss sie neben ihrem schnellen Lauf auch das Flair eines Stadtlaufes. „Straßenrennen sind schon spannender, auch mit den vielen Zuschauern am Rande. Und man ist näher zum Normalsportler. Das ist anders als auf der Bahn, wo allein die Zeit im Vordergrund steht.“
10.000 Meter oder Marathon?
Damit hatte sie sogleich den Zwiespalt angesprochen, mit dem sie im Moment noch lebt. Zweimal ist sie bisher Marathon gelaufen, hat in Köln und Frankfurt gewonnen. „Marathon ist ein Riesenerlebnis. Aber ich habe es auch gern schnell, kurz und knackig. Mein Herz hängt eben auch noch an der Bahn“, erklärt die Siegerländerin.
So ist auch ihre Entscheidung zu verstehen, bei der WM in Berlin (15. bis 23. August) die 10.000 Meter zu bestreiten, obwohl sie sich mit ihrer Zeit vom Frankfurt-Marathon (2:26:22 h) schon für einen Start im Marathon qualifiziert hatte. „Es täte mir weh, wenn ich am Anfang der WM bei einem schnellen 10.000 Meter-Lauf zusehen müsste, und ich wäre nicht dabei. Da würde mir die Seele brennen“, erklärt sie ihre Entscheidung.
Für beide Strecken fit
Vom Training her könnte sie beides angehen. „Ich trainiere für die 10.000 Meter nicht anders als für den Marathon. Das war auch im vorigen Jahr so, als ich mich für Peking für die 10.000 Meter vorbereitete und dann den Marathon in Frankfurt bestritt“, sagt sie.
„Viele andere laufen pro Woche 200 Kilometer, laufen aber nicht so schnell wie ich im Training. Ich mache zwar hohe Intensitäten, ein Dauerlauf endet immer bei 3:40 Minuten im Schnitt für den Kilometer. Aber ich mache keine richtigen Intervallläufe, sondern steigere und verlangsame meine Geschwindigkeit während des Laufes, und das ohne Pausen.“
Ihr langjähriger Trainer Heinz Weber ist ein Verfechter des Ausdauertrainings. „Ich mache also kein Tempotraining, eher Schwellentraining. Bahnwettkämpfe sind dann gute Tempoeinheiten.“
Zweimal täglich Training
Sabrina Mockenhaupt trainiert jeden Tag zweimal, am Sonntag ist immer ein „langer Kanten“ mit mindestens 26 Kilometern dabei, und zwar auf Asphalt, „weil man da doch mehr auf Zeit rennt“.
Mit zu ihrer Entscheidung gegen den WM-Marathon und für die 10.000 Meter hat sicher auch beigetragen, dass sie sich nach nur zwei Marathons noch nicht so heimisch auf dieser Strecke fühlt und in einem reinen Frauenrennen noch nicht gelaufen ist. „Ich muss mich weiter an den Marathon heranarbeiten, muss dazu dann auch noch höhere Umfänge laufen. Aber ich bin noch nicht soweit wie etwa Irina Mikitenko, die das eher verkraftet, wobei auch sie nicht solch hohe Umfänge wie etwa eine Sonja Oberem oder manche ausländische Athletinnen absolviert“, sagt Sabrina Mockenhaupt.
Langsam an den Marathon gewöhnen
„Man muss seinen Körper langsam daran gewöhnen. Ich bin 28 Jahre, die Knochen werden auch älter und man braucht mehr Zeit zum Regenerieren.“ Diese Erfahrung hat sie beispielsweise nach dem Frankfurt-Marathon gemacht. „Da fiel ich erstmal in ein Loch.“ Zudem machte sie Urlaub in Thailand, fing sich dort einige Viren ein, bekam später Knieprobleme, war deshalb einige Male beim Sportarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt.
„So habe ich erst Mitte Januar wieder mit dem Training begonnen“, blickt sie zurück. Aber es ging schnell vorwärts, und ihr Abstecher in die Halle bewies das. „Aus dem Training heraus bin ich über 1.500 Meter Bestzeit in 4:16:45 Minuten gelaufen.“ Danach holte sie sich ungefährdet zwei Titel, in der Halle über 3.000 Meter, beim Cross über 5,1 Kilometer.
WM-Norm soll bald fallen
Nach dem Berliner Lauf am vergangenen Sonntag steht nun weiter Training an und dann soll die WM-Norm für die 10.000 Meter fallen, die bei 31:45 Minuten steht. Nach ihrem Lauf in Berlin meinte die Siegerländerin, dass sie diese Zeit auch jetzt schon laufen könne.
Ihr Trainer hat ihr vorgeschlagen, die Westdeutschen Meisterschaften in Bergisch-Gladbach Ende April dafür zu nutzen, doch Sabrina Mockenhaupt hält wenig davon. „Ich will nicht immer allein vornweg laufen, auch wenn ich sicher bin, dass ich die Zeit laufen werde.“ Mit dieser Selbstsicherheit verblüffte sie sogar ihren Trainer. „Ich will entweder am 6. Juni in Ribeira Brava (Madeira/Portugal) oder aber in Utrecht (Niederlande) laufen. Ich schaue mir an, wer wo startet und entscheide mich danach.“
Keine Zweifel
Zweifel am Gelingen hat sie nicht. „Falls ich es aber doch nicht schaffe, dann muss ich eben den Marathon laufen“, meint sie. Darüber würden sich sicherlich einige freuen – wäre die 28-Jährige doch Unterstützung für die Weltcup-Mannschaft. Aber Sabrina Mockenhaupt will sich mit den Marathonplänen Zeit lassen.
Ein wenig hat sie sich in Bezug auf die 10.000 Meter selbst unter Druck gesetzt, weil sie oft über einen Angriff auf den deutschen Rekord gesprochen hat, den seit 1991 Kathrin Ullrich mit 31:03,62 Minuten hält. „Einmal wird das klappen und dann werde ich irgendwann sagen: ‚Schluss mit den Bahnwettkämpfen, und nur noch Marathon.‘“
Dann könnte auch der „normale“ Berlin-Marathon für sie eine Option sein, denn dass man auf Berlins Straßen schnell rennen kann, hat sie am Sonntag gemerkt. Jedenfalls war sie nach ihrem Erfolg in Hochstimmung, eben super-happy. „Nach wie vor ist Laufen für mich eine Sucht. Ich lauf gern und bin glücklich dabei.“