Moritz Riekert - Ein Mann, zwei Disziplinen
Ob Weitsprung oder Hürden, die Frage stellt sich für Moritz Riekert nicht. Warum auch. Der 17-Jährige beherrscht beide Disziplinen. Bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften in Rhede stellte er seine Vielseitigkeit eindrucksvoll unter Beweis. Binnen 30 Minuten gewann der Metzinger die 110 Meter Hürden (13,67 sec) und den Weitsprung (7,42 m) jeweils mit Bestleistung.
Es ist 16.30 Uhr. Moritz Riekert steht neben der Weitsprunganlage. 7,14 Meter hat der 17-Jährige bis dato stehen. Der 110 Meter Endlauf der männlichen Jugend B findet in wenigen Minuten statt. Moritz Riekert entschließt sich keinen Sprung mehr zu machen, um sich für das Hürden-Finale zu schonen. Auf Platz zwei liegt der 17-Jährige bis dahin im Weitsprung. Die Medaille scheint sicher. Doch dann plötzlich fällt Moritz Riekert auf Rang fünf zurück. Er ändert seine Entscheidung. "Trainer ich bin heiß, ich will springen", schreit der 17-Jährige Uwe Euchner zu.Moritz Riekert stellt sich an seine Anlaufmarke, fixiert die Weitsprunggrube. Er läuft an, springt ab - 7,42 Meter. Bestleistung und Platz eins. Zeit sich zu freuen, bleibt nicht. Der 110 Meter Hürden-Sprint wartet. Der Startschuss fällt. Moritz Riekert ist von Beginn an in Front. Im Ziel reißt der junge Mann die Hände in den wolkenlosen Himmel. 13,67 Sekunden - Titel Nummer zwei und Bestleistung Nummer zwei. Auch im Weitsprung kann kein anderer Springer die Weite von Moritz Riekert toppen. Der 17-Jährige schafft damit das Double und das in weniger als einer halben Stunde. "Ich wollte eine Medaille gewinnen. Das es jetzt zwei sind und dann auch noch Gold ist der Hammer", sagt Moritz Riekert.
Über den Fußball zur Leichtathletik
Angefangen hat Moritz Riekert mit Fußball. In seinem Heimatort Kleinengstingen kickte er. Wenig später fing er auch mit der Leichtathletik an. 2001 fiel dann die Entscheidung zu Gunsten der Leichtathletik. Beim Fußball brach sich Moritz Riekert das Sprunggelenk. "Ab da wusste ich, dass mir Fußball zu verletzungsanfällig ist", erinnert sich der jetzt 17-Jährige.
Mit 14 kam dann der nächste Schritt. Moritz Riekert wechselte zum TuS Metzingen. Seitdem fährt er viermal die Woche mit seinem Vater oder einer Fahrgemeinschaft etwa 30 Minuten vom 6.000 Einwohner-Ort auf der Schwäbischen Alb nach Metzingen ins Training. "Ich habe dort eine tolle Trainingsgruppe", sagt der 17-Jährige.
Die ersten Fortschritte ließen nicht lange auf sich warten. 2008 sprang er in der Halle 6,51 Meter weit. Ein Jahr später folgte dann unter dem Hallendach der erste Sieben-Meter-Sprung - und das obwohl Moritz Riekert das Weitspringen nur nebenher betrieb. "Im Weitsprung geht sehr viel über die Schnelligkeit und die habe ich durch das Hürdensprinten", sagt Moritz Riekert, der auch heute in seiner Freizeit noch gerne die Kickstiefel schnürt. "Aber nur zum Spaß", wie er betont.
Rückschläge weggesteckt
Bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften 2008 im Berliner Olympiastadion wollte Moritz Riekert dann über 110 Meter Hürden das Podest erklimmen. Der Traum von der Medaille zerschlug sich jedoch schon im Vorlauf. Der 17-Jährige blieb an einer Hürde hängen und stürzte. Anstatt um die Medaillen zu kämpfen, saß Moritz Riekert auf der Tribüne und war zum Zuschauen verdammt.
Auch bei seinem bisherigen Karrierehöhepunkt lief es für Moritz Riekert alles andere als optimal. Bei den U18-Weltmeisterschaften in Brixen (Italien) blieb der Metzinger im Vorlauf mit 14,21 Sekunden auf der Strecke. "Ich habe mich da einfach von zu vielen Dingen ablenken lassen und habe mich zu wenig auf das Wesentliche konzentriert", meint Moritz Riekert rückblickend. Der 17-Jährige will daraus lernen. "Es war eine schöne und wichtige Erfahrung, die ich machen musste und die mir auch in Zukunft helfen wird."
Der 17-Jährige steckte den Kopf nach der für ihn verkorksten U18-WM nicht in den Sand. Ganz im Gegenteil. Am Freitag bei der Jugend-DM in Rhede drehte Moritz Riekert richtig auf. Dabei hatte er sich am Morgen noch gar nicht gut gefühlt. "Ich hatte schlecht geschlafen. Im 110 Meter Hürden-Vorlauf hat die Spannung noch gefehlt, aber ab dem Zwischenlauf war sie dann wieder da", sagt Moritz Riekert.
Weitsprung und Hürden - beides reizt
Einen Grund, sich für eine Disziplin zu entscheiden, sieht Moritz Riekert nicht. Zu groß ist der Reiz beider Disziplinen. "Hürden ist eine Risikodisziplin. Es besteht immer die Gefahr, dass man mal stürzt. Das gibt einem den gewissen Kick. Im Weitsprung ist es einfach toll, dass man die Zuschauer immer im Rücken hat, die einen rhythmisch unterstützen."
Doch der 17-Jährige gibt auch zu: "Es war jetzt schon alles ziemlich hektisch. Aber es hat ja gut geklappt." In der Tat mit 13,67 Sekunden stellte er über 110 Meter Hürden eine neue Bestleistung auf. Eine Zeit, die in Brixen bei der U18-WM zu Platz vier gereicht hätte. Im Weitsprung gelang ihm ebenfalls ein neuer Hausrekord. Hier steigerte er sich von 7,25 Meter auf 7,42 Meter. Kein Grund also, mit einer Disziplin abzuschließen. "Ich möchte auf jeden Fall beides weitermachen. Im nächsten Jahr starte ich ja dann in der A-Jugend. Dann werden die Hürden höher. Mal sehen, wie das dann klappt."
Man wird Moritz Riekert also weiterhin zwischen der Sandgrube und dem Startblock hin und her tingeln sehen. Ein kurzes Schläfchen zwischen den Sprüngen, so wie dies beispielsweise die zweimalige Stabhochsprung-Olympiasiegerin Yelena Isinbayeva (Russland) zu machen pflegt, kommt für den 17-Jährigen nicht in Frage. Er sprintet in dieser Zeit lieber durch den Hürdenwald.
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