MTV Hanstedt - Hürdenpower aus der Heide
Kleiner Verein ganz groß: Gleich zwei Athleten des MTV Hanstedt stürmten bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften in Karlsruhe ins Finale über 60 Meter Hürden. Paul Dittmer belegte in 7,87 Sekunden Rang sechs, Tim Kelly Pahnke wurde in 8,07 Sekunden Achter. Ein Glanzpunkt für den kleinen Verein in der Lüneburger Heide, dessen Leichtathletik-Abteilung kaum mehr als 60 Mitglieder zählt.
Trainer Wolfgang Striezel hatte insgeheim gehofft, dass beide Schützlinge das Finale erreichen: Nach Absagen zweier Konkurrenten belegten sie Rang sechs und neun der Meldeliste. Dass aus der Hoffnung Realität wurde, freut ihn umso mehr: „Wir haben vorher gesagt: Zwei Athleten im Finale, das wäre eine Sensation!“Das i-Tüpfelchen für die beiden Norddeutschen: Die Live-Übertragung des Rennens auf Eurosport. So konnten Familie, Freunde und Bekannte mitverfolgen, wie zur besten Sendezeit zwei Athleten im weiß-rot-schwarzen Trikot in den Startblöcken standen.
„Das gab es noch nie!“, erklärt Wolfgang Striezel. Er muss es wissen, denn er trainiert schon seit 1972 die Leichtathleten des 5.000-Einwohner-Örtchens. Seine erste Athletin: Seine Frau Christa, geborene Herzog, die 1976 im Weitsprung an den Olympischen Spielen in Montreal (Kanada) teilnahm.
Siebtes DM-Finale
Paul Dittmer zählt seit vielen Jahren zur erweiterten Spitze im deutschen Hürdensprint: Schon sechs Mal hatte er es zuvor im Freien und in der Halle ins DM-Finale der Männer geschafft. 2007 in Erfurt wurde er Deutscher Vize-Meister über 110 Meter Hürden, 2009 startete er bei der U23-EM.
Mit der Leistung in seinem siebten DM-Finale war er nicht zufrieden: „Die Zeit ist okay, aber es war gefühlt mein schlechtester Lauf der gesamten Saison“, sagt er. Sein Kommentar zum gemeinsamen Finale mit seinem Vereinskameraden fiel deutlich positiver aus: „Geil!“
Traum wird wahr
Für den 20-jährigen Tim Kelly Pahnke dagegen gingen bei seinen ersten Deutschen Hallen-Meisterschaften gleich zwei Träume in Erfüllung: Er wollte unter die besten Acht, und er wollte unter acht Sekunden laufen. Beides gelang ihm mit Platz drei im Vorlauf in 7,97 Sekunden. Paul Dittmer war nach seinem Vorlauf noch zu ihm geeilt und hatte ihm letzte Tipps mit auf den Weg gegeben.
Ins Finale starteten die beiden mit einer eindeutigen Botschaft: Tim Kelly Pahnke hatte sich die Wörter „Hobby“ und „Sportler“ auf die Unterarme gemalt. Paul Dittmer hielt es etwas kürzer: „Auch“ prangte zustimmend auf seinem Arm.
Vier bis fünf Trainingseinheiten absolvieren der Schüler Pahnke und der Wirtschaftspsychologie-Student Dittmer pro Woche - und zählen damit im Vergleich zu den Topathleten tatsächlich eher zu den Hobbysportlern.
Pendeln zwischen Hamburg und Hannover
„Technisch kann ich mir noch viel von Paul abgucken“, sagt Tim Kelly Pahnke über den vier Jahre älteren Vereinskameraden. Die beiden sind ein eingespieltes Team, kennen sich schon lange, fingen jeweils als Mehrkämpfer an und spezialisierten sich dann auf den Hürdensprint. „Paul ist fast wie ein großer Bruder für mich“, erklärt der DM-Achte.
Zwei ihrer Trainingseinheiten absolvieren die Hanstedter gemeinsam mit der allgemeinen Leichtathletik-Gruppe ihres Vereins, zwei bis drei Einheiten sind sie alleine mit ihrem Trainer. Eine Leichtathletik-Bahn gibt es in der örtlichen Sporthalle nicht. So fahren Trainer und Athleten regelmäßig ins rund 40 Kilometer entfernte Hamburg oder nach Hannover.
„Wir müssen sehr viel improvisieren“, erklärt Wolfgang Striezel. „Vielleicht war das bei der Hallen-DM für sie von Vorteil, denn in so einer Halle wie in Karlsruhe zu laufen ist für beide ein echtes Highlight.“
Ein eingespieltes Team: Tim Kelly Pahnke, Wolfgang Striezel und Paul Dittmer (Foto: Katrin Röhlke)