Münchner 800-Meter-Weltrekord feiert Jubiläum
Auf den Tag genau zwanzig Jahre ist es her, damals an jenem 26. Juli 1983 lief die Tschechin Jarmila Kratochvilova in München die 800 Meter in 1:53,28 Minuten. Seitdem war keine Frau mehr schneller. Es ist der älteste offiziell notierte und immer noch bestehende Freiluft-Weltrekord in der Frauen-Leichtathletik.
Jarmila Kratochvilova erinnert sich an ihren Weltrekord (Foto: LOC Ostrava)
"Ich hätte nie damit gerechnet, dass der Rekord so lange bestehen bleibt", sagt die Tschechin zum Jubiläum, "aber der Tag wird kommen, an dem auch diese Zeit fällt. Andererseits ist es heutzutage bei den vielen Rennen in einer Saison viel schwerer, eine solche Zeit zu schaffen. Eine Maria Mutola ist in großartiger Form, aber sie läuft meiner Ansicht nach einfach zu oft."Damals, vor zwanzig Jahren, war aber auch noch vieles anders, Reisen in den Westen wie nach München für die Tschechin etwas Besonderes und der Weltrekord alles andere als geplant.
Kurzfristige Entscheidung
"Ich wollte eigentlich meine Schnelligkeit über 200 Meter testen", erinnert sich Jarmila Kratochvilova, "doch ich hatte drei Tage vorher einen unangenehmen Krampf. Deshalb haben wir uns dann entschieden, in München die 800 Meter zu laufen. Es war überhaupt nicht geplant und es gab auch keine Pacemakerin. Nach 300 Metern war ich schon auf mich alleine gestellt. Ich hatte keine Ahnung, dass ich auf Weltrekordkurs war, ich wollte einfach nur gewinnen. Im Ziel war dann meine Überraschung groß!"
Heute glaubt sie, dass sie vielleicht sogar noch schneller hätte laufen können. Die Journalisten in der tschechischen Heimat waren damals so überrascht, dass sie bei Jarmila Kratochvilova am Tag danach anriefen und fragten, ob diese Agenturmeldung, die über den Ticker lief, ein Fehler sei.
"Alles falsch gemacht" in Oslo
Neben dem Weltrekord ist der inzwischen 52-jährigen ein weiteres Rennen in bester Erinnerung geblieben. Bei den Bislett Games in Oslo machte 1983 ihre 400-Meter-Kollegin Tatiana Kocembova für sie nach deren eigenem Rennen noch das Tempo, das eine Durchgangszeit von 53,5 Sekunden nach der ersten Runde brachte. Am Ende kam sie nach 1:55,04 Minuten völlig ausgepumpt im Ziel an. "Wenn wir uns jetzt treffen, lachen wir darüber", erzählt Jarmila Kratochvilova, die heute als Trainerin arbeitet. "Wir haben damals falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte."
Zwanzig Jahre lang ist keine Athletin mehr schneller gelaufen. Seit zwanzig Jahren stehen jene 1:53,28 Minuten wie ein Fels in der 800-Meter-Brandung. In dieser Zeit ist nur die Kubanerin Ana Fidelia Quirot als einzige Athletin noch unter 1:55 Minuten geblieben und damit dem Weltrekord am nächsten gekommen.
Vom Damals ins Jetzt
Zum Vergleich: die Bestzeiten der momentan schnellsten 800-Meter-Läuferinnen Maria Mutola (Mozambique) und Jolanda Ceplak (Slowenien) stehen bei 1:55,19 Minuten und der von Sigrun Wodars-Grau 1987 gelaufene deutsche Rekord liegt bei 1:55,26 Minuten.
Ist es ein Weltrekord für die Ewigkeit? "Dieser Weltrekord wird auch der älteste bleiben", ist sich die deutsche EM-Fünfte und Abonnementsmeisterin Claudia Gesell sicher, "mit dieser Zeit habe ich mich noch nie beschäftigt, so unrealistisch ist sie."
DLV-Teamleiter Lothar Hirsch stellt jedenfalls heraus, dass nunmehr außergewöhnlichste Fähigkeiten für eine solche Leistung nötig sind, wenn er sagt: "Vielleicht kommt noch einmal das Naturtalent des Jahrhunderts, das diesen Weltrekord brechen kann."