Multitalent gesucht: Wer wird Bach-Nachfolger?
Die fast 28 Millionen Mitglieder des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) können sich Gedanken machen, wer der künftige Spitzenfunktionär im deutschen Sport sein soll. Bei der Suche nach der Nachfolge von Thomas Bach geht der Dachverband jetzt ganz gründlich vor - aber die Zeit drängt.
Der DOSB fängt bei der Präsidentensuche bei Null an - will aber am 7. Dezember bei der Mitgliederversammlung in Wiesbaden einen Nachfolger für Thomas Bach präsentieren."Jeder, der gut beleumundet ist, der das Schreiben und Lesen und die deutsche Sprache beherrscht, der alle sieben Sinne beieinander hat und sportinteressiert ist, kann gewählt werden", erklärte Übergangschef Hans-Peter Krämer mit ironischem Unterton am Dienstag in Frankfurt/Main.
Die Dachorganisation mit ihren fast 28 Millionen Mitgliedern muss in den nächsten Wochen aber mächtig wirbeln, um einen geeigneten Kandidaten zu finden.
"Er sollte ein Multitalent sein"
"Ich werde den Teufel tun, jetzt einen Namen zu nennen", sagte der 72 Jahre alte Krämer, bisher DOSB-Vize für Wirtschaft und Finanzen und außerdem Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe.
Man habe sich im Präsidium auch nicht über Personen unterhalten. Zum Anforderungsprofil des künftigen Präsidenten meinte er: "Er sollte schon in der Gesellschaft, im Sport, aber auch in der Wirtschaft verankert sein. Er sollte ein Multitalent sein."
Krämer wird zunächst mit Vertretern der Spitzenverbände, die am Donnerstag in Frankfurt tagen, das Verfahren diskutieren. Damit die Suche nicht völlig zerfranst, wird wahrscheinlich eine Findungskommission gebildet. Am 30. September steht dann in München die Konferenz der Mitgliedsorganisationen an, wo der Sport auch über eine mögliche Olympiabewerbung Münchens für die Winterspiele 2022 entscheidet. "Mit aller Macht", so Krämer, soll am 7. Dezember der Bach-Nachfolger inthronisiert werden.
Wahl nur für ein Jahr
Der neue DOSB-Präsident wird jedenfalls erstmal nur für ein Jahr gewählt - nämlich bis zum Ende der ursprünglichen Legislaturperiode Bachs Ende 2014. Der hauptamtliche Generaldirektor Michael Vesper betonte erneut, nicht für das Präsidentenamt zur Verfügung zu stehen. Krämer hat eine Kandidatur von vornherein ausgeschlossen.
Im Gespräch für das Ehrenamt sind unter anderem Turn-Präsident Rainer Brechtken und Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU), falls er die Landtagswahlen am Wochenende verlieren sollte.
Kritik an DOSB-Vorgehen
Während sich Bach als neuer Präsident des Internationalen Olympischen Komitees an den IOC-Sitz nach Lausanne (Schweiz) verabschiedet hat, gab es auch erste Kritik am Vorgehen des DOSB in den vergangenen Tagen. Dr. Clemens Prokop, der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), hat "erhebliche juristische Bedenken", wie der DOSB die Nachfolge Bachs geregelt hat.
Krämer war am Montag vom Präsidium zum"amtierenden Präsidenten" ernannt worden. Prokop verwies auf den Paragrafen 17 der DOSB-Satzung, wonach bei einer Verhinderung des Präsidenten der Vizepräsident oder der Generaldirektor die Geschäfte fortführen. "Der Grundsatz der Klarheit ist hier nicht erkennbar. Es kann nur einer sein", erklärte er. Zudem sei ein Rücktritt wie bei Bach streng genommen keine Verhinderung.
"Pragmatische Entscheidung"
Der Jurist hat diese Bedenken auch Vesper mitgeteilt. Prokops Einschätzung sei falsch, sagte Vesper: "Das war eine ganz pragmatische Entscheidung, die sachgerecht ist." Krämer sei nicht nur das älteste, sondern auch das erfahrenste Präsidiumsmitglied und komme als Bach-Nachfolger bei der nächsten Wahl selbst nicht infrage.
Der Generaldirektor verteidigte sich auch gegen Vorwürfe, der DOSB habe trotz des absehbaren Abgangs von Bach nicht frühzeitig die Präsidentensuche angekurbelt. "Wir sind ja eine demokratische Organisation, deswegen gibt es keine Kronprinzessin oder keinen Kronprinzen. Herr Bach hatte beim IOC fünf Gegenkandidaten", erklärte er. "Der Respekt vor dem Amt und der Person habe es verboten, vorher eine Nachfolgeregelung anzuzetteln." Die fast drei Monate bis zur Mitgliederversammlung in Wiesbaden seien nun ausreichend, um einen Kandidaten zu finden.
Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa)