Nach Schwangerschaft: Wann wieder laufen?
Viele Läuferinnen fragen sich, wann sie nach Schwangerschaft und Geburt wieder mit dem Laufen beginnen können. Hier finden sie Antworten.
Gynäkologen raten Läuferinnen, sich nach einer Geburt mindestens sechs bis acht Wochen Schonung zu gönnen, bevor sie wieder mit dem Training anfangen. „So viel Zeit braucht der Körper, um die mit Schwangerschaft und Geburt einhergehenden Veränderungen zurückzubilden“, sagt Mediziner Dr. Wilhelm Steinmann.Bis dahin empfiehlt er spezielle Rückbildungsgymnastik. Damit können Sie schon zwei bis drei Tage nach der Geburt beginnen, um zur Stärkung des Beckenbodens beizutragen. Nach der Geburt ist das Hormon Relaxin im Körper noch stark vertreten. Dadurch sind alle Muskeln und Sehnen sehr entspannt - dieser Prozess hat während der Geburt geholfen, dem Neugeborenen den Weg aus dem Körper der Mutter zu öffnen. Mit dem Laufen sollten Sie aber erst beginnen, wenn Ihr Körper diese Anpassungen ans Kinderkriegen wieder rückgängig gemacht hat.
Mit Gymnastik anfangen
Haben die Blutungen nach ein paar Tagen aufgehört, können Sie auch wieder im Wasser Gymnastik betreiben. „Aber wenn Frauen zu früh nach der Geburt mit dem Laufen beginnen, kann sich der Beckenboden stark absenken. Und damit wird einer Inkontinenz Vorschub geleistet“, warnt der 51 Jahre alte Frauenarzt Dr. Wilhelm Steinmann, der bereits mehrere Marathonläufe absolviert hat. Und auch Frauen, die ihr Kind durch einen Kaiserschnitt bekommen haben, sollten nicht zu früh wieder mit dem Laufen beginnen. „Bei ihnen muss sich das Narbengewebe in der Bauchdecke ausreichend verfestigen.“
Sind die acht Wochen Schonzeit vorbei, können Läuferinnen mit einem vernünftigen Trainingsaufbau beginnen. „In den ersten Wochen empfehle ich ein Drittel bis die Hälfte der Laufbelastung anzupeilen, die vor der Schwangerschaft absolviert wurde“, lautet die Faustregel, die Dr. Wilhelm Steinmann formuliert, der als Chefarzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am St. Marien-Krankenhaus im westfälischen Ahaus arbeitet.
Einfacher Test
Mit einem einfachen Test können Sie herausfinden, ob Ihr Beckenboden wieder stabil ist: Stellen Sie sich mit voller Blase unter die Dusche und laufen Sie auf der Stelle - können Sie das Wasser halten, dürfen Sie sich langsam wieder auf die Laufstrecke begeben. Wenn Sie wieder mit dem Laufen beginnen, achten Sie darauf, einen guten Sport-BH und am besten noch ein enges Top darüber tragen, damit die Brüste geschützt sind.
Nach dem Laufen sollten Sie nicht direkt stillen, das Baby mag den Schweiß auf Ihrer Haut nicht besonders. Auch wenn das Laufen anfangs etwas anstrengend ist, und Sie Ihre Form erst langsam finden müssen: Sport ist generell gut für Sie - er entspannt und bringt Sie auf neue Gedanken. Denken Sie nur daran, sich nicht zu überanstrengen und vermeiden Sie Verletzungen. Übrigens ist auch „Kinderwagen schieben“ ein guter Sport, um den Körper wieder in Schwung zu bringen. In einem Babyjogger kann man sein Kind problemlos mit auf die Laufrunde nehmen.
Auch Paula Radcliffe mit Problemen beim Wiedereinstieg
Das hat auch Marathon-Weltrekordlerin Paula Radcliffe (Großbritannien) gemacht, nachdem sie vor zwei Jahren ihr erstes Kind bekommen hat. Bei ihrem Wiedereinstieg ins Lauftraining machte sie aber Fehler, wie sie später einräumte. Nur zwölf Tage nach der komplizierten Geburt von Isla, die 27 Stunden dauerte, lief die 33-Jährige wieder. Zu früh, wie sie später einräumte. Die Konsequenz: ein Ermüdungsbruch am Kreuzbein.
Während der Geburt hatten die Ärzte ihr sehr viele Hormone verabreicht, um Muskeln, Bänder und Gelenke zu lockern, so dass Isla ohne Komplikationen das Licht der Welt erblicken konnte. Zwölf Tage später hatten sich die Strukturen noch nicht genügend gefestigt. Die Stressfraktur war Folge des frühen Wiedereinstiegs ins Training - auch wenn ihre ersten Läufe denen einer Anfängerin glichen.
„Ich bin eine Minute gelaufen und dann wieder eine Minute gegangen“, erinnert sich Paula Radcliffe, „am Anfang hat es sich komisch angefühlt, aber dann war das Lauf-Feeling schnell wieder da.“ Das verführte sie dazu, zu viel zu laufen, wie sie einräumt. Nachdem die Schwierigkeiten mit dem Kreuzbein aufgetreten waren, ist sie zunächst auf Crosstraining umgestiegen.
Einheiten auf dem Fahrrad-Ergometer empfiehlt auch Frauenarzt Dr. Wilhelm Steinmann für die erste Zeit nach der Geburt. Nicht nur, weil dort Ausdauer-Training ohne Erschütterungen möglich ist, sondern auch, weil junge Mütter so in der Nähe ihres Babys trainieren und auf die Bedürfnisse des Neugeborenen reagieren können. „Denn eins ist klar“, verdeutlicht er, „in den ersten Wochen nach der Geburt müssen die Prioritäten beim Kind und nicht beim Laufen liegen.“