Nachwuchs auf dem Weg zum nächsten Sprung
"Man hätte manchmal sechs Augen haben müssen, um alles verfolgen zu können", erzählt ein zufriedener Nachwuchs-Bundestrainer Wolfram Ruth nach seiner Rückkehr von der U20-Europameisterschaft im finnischen Tampere. Dort überzeugten die DLV-Athleten mit 27 Medaillen als erfolgreichste Nation. Es war das beste Ergebnis bei diesen Titelkämpfen seit der deutschen Wiedervereinigung.
Wolfram Ruth sieht die richtige Förderung als wichtigste Aufgabe (Foto: Chai)
"Es freut mich zu sehen, dass die Qualität stimmt", analysiert Wolfram Ruth, "wir haben richtig gute Leute." Doch bei allem Jubel verliert er die Realität nicht aus dem Blick: "Die Alltagssorgen sind zu groß."Entscheidend für die Zukunft der einzelnen Nachwuchsasse ist der Sprung in den U23-Bereich und von dort weiter zur Nationalmannschaft. Die Motivation bei den deutschen Youngstern scheint zu stimmen. Rund 30 Tampere-Fahrer haben sich eine Olympia-Teilnahme als ihr sportliches Ziel gesteckt. "Das hat es noch nie gegeben", weiß Wolfram Ruth.
Vier- bis Sechs-Jahres-Plan
Doch Motivation und Ziele sind eine Sache, Rahmenbedingungen und Weiterentwicklungsmöglichkeiten die Kehrseite der Medaille. "Wir müssen die jungen Leute an die Hand nehmen und mit ihnen eine Planung auf vier bis sechs Jahre machen." Gerade beim Sprung von den Jugendlichen zu den Erwachsenen scheinen die Konzepte anderer Nationen – wie etwa der Russen – besser zu greifen. "Wir kommen mit zu guten Ergebnissen heim, haben aber dann manchmal keine ausreichende inhaltliche Steuerung."
Tampere hat deutsches Potenzial offenbart, nicht nur bei den Siegern und Medaillengewinnern, auch bei den Athleten, die das Treppchen, manchmal nur hauchdünn, verpasst haben. Bereits auf dem Sprung in die nationale Spitze sind Leute wie Sebastian Ernst, der mit seinen 20,63 Sekunden über 200 Meter auch ein Mann für die 400 Meter werden könnte.
Dort fühlt sich bereits der Frankfurter Kamghe Gaba pudelwohl. "Wenn er noch ernsthafter für diese Strecke trainiert, kann er eines Tages unter 45 Sekunden laufen", ist Wolfram Ruth überzeugt. Ruben Schwarz beweist auf verschiedenen Strecken eine breite Grundlage und somit gute Ansätze. Nur drei Beispiele von vielen.
Förderung gemeinsam
Bei den jungen Frauen war in Tampere Sophie Krauel mit Titeln über 100 Meter Hürden und im Weitsprung die erfolgreichste deutsche Athletin. Sie ist eine von jenen Hoffnungsträgerinnen, die es offenbar verstehen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Als Jugendliche stehen für sie die Nachwuchshöhepunkte im Vordergrund, so verzichtete sie in diesem Jahr ganz auf Starts bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm und den Hallen-Titelkämpfen in Leipzig. "Das ist ein guter Ansatz, so muss es gehen", lobt Wolfram Ruth die Strategie von ihrem Trainer Stefan Poser.
Doch gerade dieses Beispiel zeigt, wie entscheidend der passende Rahmen, wenn er mit individuellen Entscheidungen einhergeht, sein kann. Wolfram Ruth kennt das Motto des Erfolges, mit dem man auch den Sprung in das Becken der Großen schaffen kann: "Die richtige Förderung ist nur gemeinsam zu machen." Und darauf kommt es an!