| Neue Staffel-Kandidatinnen

Nadine Gonska und Inna Weit – Erste Schritte über 400 Meter

Bei der Hallen-EM in Belgrad hatte Nadine Gonska ihren ersten internationalen Einsatz in der 4x400-Meter-Staffel. Es soll nicht der letzte Auftritt dieser Art gewesen sein – obwohl die Mannheimerin in diesem Sommer im Einzel noch voll auf die 200 Meter setzt. Mit Inna Weit wagt eine andere bisherige 200-Meter-Spezialistin den kompletten Umstieg auf die Stadionrunde.
Jan-Henner Reitze

Ihr erster internationaler Einsatz über 4x400 Meter hat sich kurzfristig ergeben. Bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig ist Nadine Gonska (MTG Mannheim) angesprochen worden, ob sie zwei Wochen später für das DLV-Quartett über die zwei Hallenrunden bei der EM in Belgrad (Serbien) zur Verfügung steht. „Das war eine Ehre für mich und ein Vertrauensbeweis, nachdem ich in der Hallensaison gar keine 400 Meter gelaufen war“, erinnert sich die Dritte der Hallen-DM über 200 Meter (23,48 sec).

Unter Beweis gestellt hatte die 27-Jährige ihre Langsprint-Fähigkeiten vor dem Einsatz im Nationaltrikot zuletzt zum Einstieg in die Sommersaison 2016 mit ihrem Sieg im B-Lauf in 53,39 Sekunden. Mit einer Zeit in diesem Bereich gab sie das in sie gesetzte Vertrauen beim sechsten Platz des DLV-Quartetts (3:34,60 min) in Belgrad zurück.

WM-Start über 200 Meter 2017 wichtigstes Ziel

Dass ein solch „spontaner“ Ausflug auf die doppelt so lange Distanz so erfolgreich möglich war, liegt an der generellen Trainingsgestaltung von Nadine Gonska. Auf dem Trainingsplan von Heimtrainer Rüdiger Harksen stehen seit längerem auch schnelle Tempoläufe, die an den 200 Metern gemessen eine „Überdistanz“, aber dafür eine wichtige Zubringerleistung sind. „Mein Trainer sieht bei mir Potenzial auf den 400 Metern und sagt mir immer wieder: Du kannst das.“

Das Herz von Nadine Gonska hängt aber noch an den 200 Metern. Mit ihrer Bestzeit von 22,79 Sekunden, dem EM-Halbfinale (Zwölfte: 23,24 sec) und einem gelungenen Olympia-Vorlauf auf der Innenbahn (23,03 sec) hatte sie 2016 die bisher beste Saison ihres Lebens und den Sprung in die erweiterte Weltspitze geschafft. Großes Ziel für 2017 ist ein Einzelstart (Norm: 22,85 sec) bei der WM in London (Großbritannien; 5. bis 13. August). “Die Norm ist anspruchsvoll“, erklärt die Mannheimerin. „Dennoch gibt es einige Athletinnen im DLV, die sie schaffen können.“

Neben ihr sind im vergangenen Jahr mit der EM-Dritten Gina Lückenkemper (LG Olympia Dortmund; 22,67 sec), ihrer seit dem Herbst neuen Trainingspartnerin Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar; 22,86 sec) sowie 400-Meter-Spezialistin Laura Müller (LC Rehlingen; 22,81 sec) drei weitere DLV-Athletinnen unter 23 Sekunden geblieben. In der Hallensaison ist dies zusätzlich der Deutschen Hallenmeisterin Rebekka Haase (LV 90 Erzgebirge; 22,77 sec) mit europäischer Jahresbestzeit für den Winter gelungen.

400 Meter in diesem Sommer noch eine „Option“, danach vielleicht mehr

Wie schon im vergangenen Jahr plant Nadine Gonska in diesem Sommer allerdings auch Einzelstarts über 400 Meter – einen zum Saisoneinstieg und einen weiteren zu einem späteren Zeitpunkt. Auch für einen internationalen Einsatz in der Langsprint-Staffel steht sie gerne zu Verfügung. „Wenn ich gebraucht werde, bin ich da.“

Zumal die Erfahrung in Belgrad eine äußerst positive war. „Ich habe die 400 Meter in der Staffel noch einmal anders kennengelernt. Ich habe mich mehr an den Gegnerinnen orientiert, konnte die tolle Stimmung in der Halle mitnehmen und habe echt Spaß gehabt“, erzählt die Sprinterin. „Ich stehe den 400 Metern von Lauf zu Lauf positiver gegenüber.“

Kurzfristig steht als nächstes die Vorbereitung auf den Sommer im Trainingslager in Südafrika an. Nach einer Schulterverletzung kommt die Staffel-WM in Nassau (Bahamas; 22./23. April) als Wettkampf zu früh, der Aufbau ist auf einen Einstieg im Mai ausgerichtet. Langfristig könnten die 400 Meter noch mehr in den Fokus rücken, je nachdem wie der kommende Sommer verläuft. „Im Hinblick auf 2018 werden mein Trainer und ich nach der anstehenden Saison überlegen, ob es zu einem kompletten Umstieg auf die 400 Meter kommt.“

Inna Weit setzt neuen Reiz

Mit Inna Weit (LC Paderborn) setzt eine andere, bisher vor allem über die 200 Meter bekannte Athletin seit diesem Jahr voll auf die 400 Meter, um damit vor allem einen neuen Reiz in ihrer Karriere zu setzen. Erste Erfahrungen hatte die 28-Jährige schon in der Hallensaison 2016 gesammelt und diese als Sechste der Hallen-DM und einer Bestzeit im Vorlauf (55,15 sec) in diesem Winter ausgebaut.

Die in den Jahren 2012 und 2013 dreimalige Deutsche Meisterin über 200 Meter hatte im vergangenen Jahr über diese Strecke in 23,16 Sekunden die Olympia-Norm (23,20 sec) erfüllt und über 100 Meter eine Bestzeit (11,35 sec) aufgestellt. Enttäuscht war die Physiotherapeutin darüber, dass sie dennoch nicht wieder in den B-Kader berufen wurde und nun vor allem Dank der Unterstützung ihres Vereins und ihres Arbeitgebers weiter Leistungssport betreiben kann.

Der Start bei der Hallen-DM war vor allem zum „Kennenlernen“ der neuen Strecke gedacht. Er brachte zusätzliche Motivation für das auf den Sommer ausgerichtete und auf die 400 Meter umgestellte Training.

Etablierte Athletinnen und Nachwuchs ebenfalls heiß auf Steigerungen

Die zuständigen Bundestrainer Tobias Kofferschläger und Tony Lester freuen sich über die Orientierung der 200-Meter-Athletinnen in Richtung der doppelten Distanz. Mit ihrer Schnelligkeit bringen sie dafür eine wichtige Grundvoraussetzung mit. Mit Olympia-Halbfinalistin Ruth Sophia Spelmeyer (VfL Oldenburg; Bestzeit: 51,43 sec), der Deutschen Hallenmeisterin Lara Hofmann (LT DSHS Köln; Bestzeit: 52,87 sec) und der durch ihren Crash mit einem Kameramann bei der Hallen-DM wiederholt vom Pech verfolgten Laura Müller (LC Rehlingen; Bestzeit: 51,69 sec) sind drei auf den 400 Metern etablierte Athletinnen genauso heiß auf den Sommer.

Hannah Mergenthaler (MTG Mannheim) und Hendrikje Richter (SCC Berlin), die als letztjährige U20-Athletinnen direkt den Sprung in den DLV-Staffelpool geschafft haben, stehen für die nachrückenden Langsprinterinnen, die nach vorne streben und den Anschluss bei den Frauen schaffen wollen. Mit Carolin Walter (TSV Bayer 04 Leverkusen) hat eine 800-Meter-Spezialistin in der Hallensaison eine Bestzeit (53,60 sec) über 400 Meter aufgestellt und damit den Sprung ins DLV-Quartett bei der Hallen-EM geschafft.

Potenzial Richtung 2018

„Wir wollen in diesem Jahr möglichst viele Athletinnen in der Staffel unter Wettkampfbedingungen sehen“, erklärt Tobias Kofferschläger. „Mit der Staffel-WM, der Team-EM, der U23-EM sowie der WM in London haben wir einige Gelegenheiten.“ Der Bundestrainer geht fest davon aus, dass die Qualifikation für London gelingt. „Wir werden die WM natürlich gewissenhaft als Saisonhöhepunkt vorbereiten. Aber mit der Heim-EM 2018 in Berlin ist der nächste große Höhepunkt schon im Hinterkopf.“

Und die Umsteigerinnen haben bis dahin die Gelegenheit, sich durch gute Leistungen zu empfehlen, genauso natürlich wie alle anderen Athletinnen. Die Marschroute hat Ruth Sophia Spelmeyer formuliert: „Wenn wir vier bis sechs Leute in Topform haben, können wir in der Staffel in Berlin um eine Medaille laufen.“

Im vergangenen Jahr gelang dem DLV-Quartett im Olympia-Vorlauf von Rio de Janeiro (Brasilien) in 3:26,02 Minuten die schnellste Zeit seit 2010, nur 31 Hundertstel fehlten zum Finale. In der europäischen Bestenliste bedeutete das Rang sechs, der Abstand zu den drittplatzierten Italienerinnen (3:25,16 min) betrug weniger als eine Sekunde.

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024