Nadine Hildebrand - Der Plan geht auf
Nach ihrem Sieg bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften in Leipzig startet die Hürdensprinterin Nadine Hildebrand (LAZ Salamander Kornwestheim-Ludwigsburg) am Freitag bei ihren ersten großen internationalen Titelkämpfen als Aktive. Bei der Hallen-EM in Turin (Italien; 6. bis 8. März) will die 21-Jährige ihre jüngst aufgestellte Bestmarke (8,06 sec) nochmals nach unten korrigieren, während in ihrer schwäbischen Heimat schon die Lehrbücher auf sie warten.
Im Ziel war Nadine Hildebrand desorientiert. Sie sehnte sich nach Aufklärung - doch woher sollte die kommen? Wer hatte da gerade das DM-Finale über 60 Meter Hürden gewonnen? Sie oder doch Carolin Nytra vom Bremer LT? Der Zieleinlauf war verdammt knapp gewesen, das stand fest. Die Anzeigetafel geizte zunächst mit Information. Nadine Hildebrand drehte sich um, guckte also auf die andere Seite, in Richtung Videoleinwand - sie dachte, dass dort der Lauf wiederholt werden würde. Falsch gedacht. Sie musste sich wieder umdrehen, auf der Anzeigetafel tauchte schließlich das Ergebnis auf: Der Name „Hildebrand“ stand ganz oben – dahinter „8,09 sec“.Nach mehreren Pirouetten bekam es die 21 Jahre alte Schwäbin also auch noch mit: Sie wurde soeben Deutsche Hallenmeisterin. Nur zwei Hundertstelsekunden vor Carolin Nytra. Und neben der Goldmedaille gab es auch noch eine zweite Belohnung: Das Flugticket nach Turin zur Hallen-EM. Bereits am morgigen Freitag um 9.45 Uhr stehen in der Arena (genannt „Oval“) im Turiner Stadtteil Lingotto die Hürden-Vorläufe an. Die 24 Jahre alte Olympiastarterin Carolin Nytra wird als zweite Hürdensprinterin im DLV-Trikot in Italien dabei sein. Für Nadine Hildebrand allerdings ist es die erste große internationale Meisterschaft bei den Aktiven.
Bei 8,10 Sekunden lag die Norm für die Hallen-EM. Anfang Februar drückte Nadine Hildebrand ihre Bestleistung unterm Dach auf 8,06 Sekunden. „Ich habe die Hallensaison schon auf die Europameisterschaften ausgerichtet“, sagt die Hürdensprinterin. „Trotzdem bin ich natürlich total froh, dass es nun wirklich geklappt hat.“ Auch ihr Trainer, Sven Rees, sagt: „Turin war unser erklärtes Ziel.“ Der Plan geht also auf.
Fit und entspannt vor dem großen Wettkampf
Als international unerfahren kann man Nadine Hildebrand nicht bezeichnen. Vor knapp vier Jahren wurde die Stuttgarterin Sechste bei der U20-Europameisterschaft in Litauen. Im Jahr 2006 kam sie bei der U20-WM in Peking (China) bis ins Semifinale. Das will Nadine Hildebrand auch jetzt in Turin erreichen. „Ich denke, das Halbfinale müsste drin sein. Ich möchte aber in jedem Fall eine neue Bestzeit aufstellen“, sagt sie. Fest steht: Mit ihrer aktuellen Bestmarke wäre die Sprinterin bei der letzten Hallen-EM in Birmingham (Großbritannien) im Finale Sechste geworden.
Fit sei sie, sowieso selten nervös vor großen Wettkämpfen, und auch das Abschlusstraining am vergangenen Montag sei gut gelaufen, sagt Nadine Hildebrand. Vor der EM standen in der letzten Woche noch ein weinig Krafttraining und - mal wieder - „Starts“ auf dem Programm. Die Hürdensprinterin hat sich in diesem Winter intensiv mit dem Block und den Metern danach auseinandergesetzt. „Der Start war schon immer eine kleine Schwäche von mir“, gibt sie zu. „Im Training bekomme ich bessere Starts hin als im Wettkampf. Ich hoffe, dass sich das bald mal ändert.“
Das Saisonziel EM-Medaille in Kaunas
„Wir haben in den letzten Wochen versucht, ihre Beschleunigung bis zur zweiten Hürde zu verbessern. Außerdem wollten wir ihre Vertikal-Bewegungen an den Hürden reduzieren, damit alles flüssiger wird“, sagt der Coach Sven Rees, der hofft, dass sich die Arbeit auch in der Sommersaison bemerkbar machen wird. Denn das eigentliche Saisonhighlight des Duos ist die U23-Europameisterschaft in Kaunas (Litauen; 16. bis 19. Juli). „Ich will dort eine Medaille holen“, sagt Nadine Hildebrand und ergänzt optimistisch: „Vielleicht schaffe ich es dann auch zur WM nach Berlin.“ Im Hinterkopf sei die Weltmeisterschaft auf jeden Fall, sagt auch ihr Trainer.
Gleich nach der EM in Turin gibt es für Nadine Hildebrand allerdings zunächst ein Kontrastprogramm. Schreibtisch statt Spikes. Die Jurastudentin muss innerhalb von sechs Wochen eine Hausarbeit schreiben, die bereits ein Teil ihrer Examensnote ausmachen wird. Das Thema? „Es geht um die Befristung von Sporttrainerverträgen. Mein Schwerpunkt ist Unternehmensrecht“, erklärt Nadine Hildebrand, die in Tübingen studiert. Wenn zuvor das Unternehmen „Turin“ bereits erfolgreich sein sollte, wäre das schon mal eine gute Voraussetzung für die spätere Schreibarbeit.