Nadine Kleinert - Wie guter alter Wein
Kugelstoßerin Nadine Kleinert (SC Magdeburg) ist auf einem guten Weg zur Weltmeisterschaft, die im August in Berlin stattfindet. Bereits am Sonntag (14. Juni) schnuppert sie dort beim deutschen Golden-League-Meeting DKB-ISTAF die Luft an der Spree.
Anreisen kann die 33-Jährige mit einer Saisonbestleistung von satten 19,80 Metern, erzielt vor zehn Tagen beim 11. Anhalt-Meeting in Dessau. Dort war sie hinterher fast sprachlos: „Mit dieser Weite hatte ich nicht gerechnet. Ich wusste nicht genau, woher diese Weite kommt.“ Doch eine Theorie hat sie doch. Vielleicht stimmt es ja: „Es ist wie guter alter Wein, umso älter, umso besser.“Obendrein gibt es eine fachliche Analyse. „Meine Technik ist noch gar nicht stabil. Ich habe eben meine spezielle Waffe, und das ist mein Arm, und damit mache ich viel wett.“
Die Weite von 19,80 Metern spricht auch noch für eine andere These. Auf die Frage, ob sie froh sei, in diesem Kugelstoßring zu stehen, und nicht in dem anderen, dem Boxring, hat die WM-Dritte eine klare Antwort parat: „Das sieht man doch.“
Entscheidung fürs Kugelstoßen
Dabei schwankte sie im Herbst vorigen Jahres doch lange, tat sich mit der Entscheidung zwischen Kugelstoßen und Boxen recht schwer. Ihr langjähriger Trainer Klaus Schneider erinnert sich: „So wie das Boxtraining ablief, hatte ich schon abgeschlossen, war dann natürlich positiv überrascht. Es hat sicherlich für sie Situationen gegeben, die sie zum Nachdenken gebracht haben. Beim Kugelstoßen wusste sie, was sie kann, beim Boxen nicht.“
Nadine Kleinert erklärt ihre Entscheidung pro Kugelstoßen so: „Ich hänge noch zu sehr am Kugelstoßen, deshalb konnte ich nicht aufhören. Ich habe zuletzt auf mein Herz gehört und den Kopf ausgeschaltet. Und wenn es mir nun auch noch beim Kugelstoßen gelingt, den Kopf auszuschalten, dann bin ich voller Optimismus für die nächsten Monate.“
Reibungslose Vorbereitung
Nachdem sie diese Entscheidung unumstößlich getroffen hatte, stürzte sie sich voller Elan in das Wintertraining. „Ich bin unverletzt durchgekommen, sieht man von Kleinigkeiten ab, die dazugehören. Manchmal taten die Knochen weh, vor allem bei den schweren Stößen. Ich bin immerhin bald 34 Jahre, da merkt man das schon mal.“ Trainiert wurde wie immer in Magdeburg und Kienbaum, im April war sie zehn Tage in Portugal.
Zwischendurch sah sie sich die Hallen-EM in Turin (Italien) gemütlich von der heimatlichen Couch an, erlebte den Doppelerfolg durch Petra Lammert (SC Neubrandenburg) und Denise Hinrichs (TV Wattenscheid 01). „Das kam für mich nicht so überraschend, denn ich wusste, dass beide gut in Form waren.“
Vierkampf in Ulm?
Beide zählt sie auch im Kampf um die drei WM-Tickets zu ihren härtesten Konkurrentinnen, doch nach wie vor rechnet sie auch mit Christina Schwanitz (SV Neckarsulm), die nach einer Handverletzung im Juni wieder ins Wettkampfgeschehen eingreifen will. Deshalb ist für sie der Kampf um die drei WM-Tickets noch offen.
„Der Nachwuchs schläft nicht, lernt auch hinzu und bekommt mit den Jahren auch mehr Kraft. So nutzt mir dann nur meine Erfahrung auch nichts, ich könnte auch Vierte werden. Ich weiß, dass ich mich zuerst in Deutschland durchsetzen muss, und deshalb sind die Deutschen Meisterschaften in Ulm auch erstmal der Wettkampfhöhepunkt des Jahres. Ich denke, dass dort die Entscheidung fällt. Wir hoffen nicht, dass sich vorher jemand von uns Vieren verletzt und damit dem DLV die Entscheidung abgenommen wird.“
Lebensbestleistung
Danach aber geht es erst richtig los. Ihr Trainer Klaus Schneider traut ihr in diesem Jahr viel zu. „Nadine ist nach wie vor in der Lage, eine Lebensbestleistung aufzustellen. Das bezieht sich nicht auf eine bestimmte Weite im Kugelstoßring, sondern ich denke da mehr an ein bestimmtes Mosaik, das sie dazu bringt, die Kugelstoßleistung auf ein bestimmtes Niveau zu bringen. Dazu zählen schwere Geräte oder bestimmte Übungen in der Maximalkraft. Und da ist sie immer noch in der Lage, sich weiter zu steigern. In dieser Hinsicht ist sie schon ein ziemliches Phänomen.“
Im gleichen Atemzug hebt der Trainer auch das Umfeld in Magdeburg hervor. Da ist die Atmosphäre in der Trainingsgruppe, zu der auch Peter Sack (LAZ Leipzig) und Lina Berends (SC Magdeburg) gehören, bestens. Mit Dr. Birgit Hoffmeyer, die als Orthopädin beim Olympiastützpunkt Magdeburg eingebunden ist, hat sie eine gute Ansprechpartnerin sowohl für medizinische als auch private Probleme. Zum persönlichen Umfeld zählt auch Dr. Heike Kugler als Psychologin.
Niemand ist unschlagbar
Dass Nadine Kleinert fähig ist, über 20 Meter zu stoßen, sah man sowohl in Halle/Saale, als sie beim Einstoßen über diese Marke kam, als auch in Dessau, als sie trotz technischer Mängel die 19,80 Meter schaffte.
In einen solchen Bereich wird die Magdeburgerin, die WM-Qualifikation vorausgesetzt, auch beim WM-Finale am 16. August stoßen müssen, um in den Medaillenbereich kommen zu können. Als härteste internationale Konkurrentin hat Nadine Kleinert natürlich die Olympiasiegerin Valerie Vili auf der Rechnung. „Ich habe meinem Trainer schon mal aus Spaß gesagt, dass ich mich nur auf die Silbermedaille konzentriere.“ Doch kampflos will sie der Neuseeländerin das Feld nicht überlassen. „Unschlagbar ist niemand“, gibt sie die Richtung vor.