Nadine Müller - „Noch nicht bei 100 Prozent"
Mit 68,89 Metern hat Nadine Müller (Hallesche Leichtathletik-Freunde) am Sonntag beim Winterwurf-Europacup in Bar (Montenegro) eine Bestleistung aufgestellt und der internationalen Konkurrenz gezeigt, dass sie im Olympia-Jahr gut in Form ist. Trotz ihrer Steigerung bleibt die Vize-Weltmeisterin gelassen. Im Interview mit leichtathletik.de erklärt die 26-Jährige, was hinter der guten Leistung steckt und welche Nah- und Fernziele sie hat.
Nadine Müller, Sie haben eine hervorragende Serie und eine Spitzenbestweite erzielt, wie ist es dazu gekommen?Nadine Müller:
Die gute Vor-Form hat sich im Training angedeutet. Vor dem Wettkampf in Montenegro war ich zwei Wochen im Trainingslager in Portugal. Da konnte ich sehr gut trainieren und hatte gute Bedingungen. Im Winter bin ich schon gut in die Wettkämpfe gekommen. Dass 67einhalb Meter rauskommen, damit hatten wir gerechnet.
Mit 68,89 Metern ging es noch ein Stück weiter...
Nadine Müller:
Ja, ich habe das Beste rausgeholt. Die Bedingungen waren sehr gut. Das Ergebnis bringt Zuversicht für den Sommer und die Höhepunkte, die anstehen.
Was haben Sie verbessert?
Nadine Müller:
Ich habe mir ein höheres Trainingsniveau erarbeitet. Ich habe beständige Würfe gezeigt und bewiesen, dass Weiten zwischen 66 und 67 Metern jederzeit abrufbar sind. Das bringt Selbstvertrauen für die Wettkämpfe und in Bar konnte ich locker und entspannt antreten. Auch viele Trainingswerte sind schon jetzt besser, als wir gedacht haben. Ich bin gesund durch den Winter gekommen. Der Aufbau macht sich bezahlt.
Ihre Weite ist eine Ansage an die internationale Konkurrenz...
Nadine Müller:
Ich wollte eine kleine Ansage machen. Aber viel heißt das nicht. Die Wettkämpfe gehen erst im Mai richtig los. Da werden die Karten neu gemischt. Erst gehen noch einmal alle ins Training. Dann wird sich zeigen, wie weit es für alle im Sommer geht.
Sie haben die Olympia-Norm abgehakt, hatten Sie dieses Ziel im Hinterkopf, oder ist London noch weit weg?
Nadine Müller:
Sicherlich sind es noch viele Woche bis London. Viel Trainingsschweiß steht noch bevor. Die Weite gibt Halt und Motivation, sich weiter zu verbessern. Ich freue mich, dass die Norm abgehakt ist. Aber es war klar, dass die 62 Meter locker drin sind.
Welche Rolle spielt der Winterwurf-Europacup, ist es eine gute Abwechslung im langen Winter?
Nadine Müller:
Auf jeden Fall. Ich könnte nicht den ganzen Winter stumpfsinnig zu Hause auf meiner Anlage einen Wurf nach dem anderen machen, ohne mich mit Konkurrenz zu messen. Der Zeitraum wäre zu lang. Die Winterwurf-Wettkämpfe mit dem Europacup sind eine gute Gelegenheit zu schauen, wie weit die eigene Form ist und wie weit die anderen sind.
Für die Werfer bedeutet der Winter eine lange Trainingszeit ohne große Wettkämpfe, wie schaffen Sie es sich täglich fürs Training zu motivieren?
Nadine Müller:
Allein die Chance, bei Olympia zu starten, ist eine große Motivation. Außerdem macht mir die Sache Spaß. Ich gehe immer wieder mit neuem Elan und neuer Power zum Training. Ich setzte mir Ziele, die ich im Training erreichen möchte und bin da sehr akribisch. Ich möchte mich immer weiter steigern und so hangele ich mich durch die Wintermonate.
Gibt es etwas, an dem Sie noch speziell arbeiten?
Nadine Müller:
Wir feilen nach wie vor an der Technik, das ist nicht die schönste und nicht die beste. Da gibt es noch viel zu verbessern. Auch die Athletik in den Beinen spielt eine Rolle. Das hat jetzt schon zwei Jahre gedauert, um einen Schritt voranzugehen und es wird bestimmt noch einmal so lange dauern, bis ich diese Reserven nutzen kann. Es gibt noch Baustellen, das ist auch schön so. Ich bin noch nicht bei 100 Prozent.
Im letzten Jahr wollten Sie konstanter werden und auch bei großen Meisterschaften ihre Leistung abrufen, das ist gelungen. Wo soll es in diesem Jahr hingehen?
Nadine Müller:
Nach der Bestleistung muss ich erst einmal schauen, wie ich in die Wettkämpfe im Sommer komme. Es kommt darauf an, auch im Wettkampf stabile Würfe zwischen 66 und 67 Meter anzubieten. Darüber kommt auch das Selbstvertrauen im Wettkampf und es kann mal einer rausrutschen. Klares Ziel ist es, bei den Europameisterschaften unter die ersten Drei zu kommen und bei Olympia unter die besten Sechs. Das ist der Fahrplan.
Sie haben davon gesprochen, noch nicht bei 100 Prozent zu sein. Wo sehen Sie noch Potential und welche Ziele verfolgen Sie langfristig?
Nadine Müller:
Ich bin nicht der Kraft-Typ, sondern lebe eher von meinen Hebeln. Da gibt es noch Möglichkeiten, indem ich meine Kraft-Werte verbessere. In diesem Bereich bin ich im Vergleich zu anderen Athleten in der internationalen Spitze die schlechteste. Es kann an die 70 Meter und auch darüber hinaus gehen. Das ist langfristig mein Ziel, das ich in meinem Werferleben erreichen möchte. Dafür arbeite ich.