Natalia Rodriguez - EM-Gold nach WM-Pleite
Weltmeisterin war sie schon, allerdings nur für 40 Minuten. Dann wurde sie disqualifiziert. Bei der Europameisterschaft in Barcelona (Spanien; 26. Juli bis 1. August) zählt für die Spanierin Natalia Rodriguez nur der 1.500-Meter-Titel und der soll dieses Mal nicht nur für einige Minuten in den Händen der 30-Jährigen sein.
Alles lief 2009 perfekt für Natalia Rodriguez. Die Spanierin machte sich zu Beginn der Sommersaison rar. Erst am 4. Juli startete die 30-Jährige erstmals über ihre Paradedistanz. Über die 1.500 Meter gelang ihr in der spanischen Hauptstadt Madrid in 4:04,82 Minuten und Platz eins ein perfekter Einstieg.Nach dem Vorlauf und dem Endlauf-Sieg bei den nationalen Meisterschaften Anfang August in Barcelona, folgte Mitte August die WM. Mit ingesamt nur fünf Rennen in den Beinen, davon drei über 1.500 Meter und zwei über 3.000 Meter, reiste Natalia Rodgriguez ausgeruht und mit hohen Ambitionen in die deutsche Hauptstadt.
Folgenschwerer Schubser
Zu Beginn lief alles nach Plan. Als Vorlauf-Zweite (4:07,84 min) meisterte sie die erste Runde locker. Im Halbfinale qualifizierte sie sich mit Saisonbestzeit (4:03,73 min) als zweitschnellste Läuferin ebenfalls souverän für das Finale. Dort wollte die 30-Jährige für Furore sorgen, was sie auch tat, jedoch auf unrühmliche Weise. Wie in den Runden zuvor sorgte Gelete Burka zu Beginn für das Tempo und lag 200 Meter vor dem Ziel immer noch in Front.
Sekunden später sollte sich die Äthiopierin auf der blauen Bahn wiederfinden. Natalia Rodriguez räumte bei ihrem Weg nach vorn sprichwörtlich alles aus dem Weg. Ein kräftiger Schubser brachte Gelete Burka zu Fall, die mit Tränen in den Augen den Ausgang des Finales verfolgen musste.
Natalia Rodriguez die Schnellste im Spurt
In einem packenden Spurt setzte sich Natalia Rodriguez durch. Nach 4:03,36 Minuten überquerte die 30-Jährige als Weltmeisterin die Ziellinie, doch Jubel wollte im weiten Berliner Rund nicht aufkommen. Statt Applaus gab es Pfiffe, statt Jubelstürme schuldbewusste Zurückhaltung. Heute, mehr als drei Monate später, bezeichnet Natalia Rodriguez die Reaktion des Berliner Publikums als "brutal".
Nach 40 Minuten bangem Warten, war die Spanierin ihren WM-Titel wieder los. Die 30-Jährige wurde disqualifiziert, Titelverteidigerin Maryam Jamal (Bahrain) zur Weltmeisterin ernannt. "So etwas passiert mir nur einmal im Leben. Ich habe aus dieser Erfahrung in Berlin gelernt", sagt Natalia Rodriguez, die bereits bei der Team-EM im portugiesischen Leiria Mitte Juni als Siegerin das 3.000 Meter-Rennen beendet hatte, jedoch wenig später disqualifiziert worden war. Die Spanierin hätte nach der Ausscheidungsregel das Rennen vorzeitig beenden müssen, da sie nach fünf Runden am Ende des Feldes gelegen hatte, was sich aber nicht tat. Die Folge war die Disqualifikaton und null Punkte für das spanische Team.
Keine Wettkämpfe nach der WM
Nach dem wohl schwärzesten Tag in ihrer Laufkarriere, zog sich Natalia Rodriguez erstmal aus der Öffentlichkeit zurück und verzichtete auf weitere Rennen, obwohl sie sich in großartiger Form wähnte. "Ich denke, dass ich in einem guten Rennen nach der WM 3:56, 3:57 Minuten hätte laufen und damit locker den spanischen Rekord hätte brechen können", sagt Natalia Rodriguez, die seit dem Jahr 2005 mit 3:59,51 Minuten die nationale Rekordhalterin ist.
Doch statt Rekorde zu erzielen und Siege zu sammeln, entschied sich die 1,67 Meter große und 49 Kilogramm leichte Spanierin zu einer Trainingspause. Bereits Mitte September stieg sie wieder ins Training ein. Seitdem trainiert sie jeden Tag zweimal. Morgens steht zumeist eine Ausdauereinheit auf dem Programm, am Abend spezifisches Training auf dem Plan. "Ich fühle mich besser in Form als in den letzten Jahren zu diesem Zeitpunkt", sagt die Spanierin.
Heim-EM steht im Fokus
Geändert hat die 30-Jährige in ihrem Training nichts. "Es ist ja letztes Jahr auch alles gut gelaufen, bis auf die Disqualifikation", sagt Natalia Rodriguez, die auch in Sachen Wettkampfplanung einen ähnlichen Weg wie 2009 gehen wird. Ausgerichtet ist alles auf die Heim-EM in Barcelona. "Barcelona ist mein großes Ziel im nächsten Jahr. Dort werde ich das ganze Publikum hinter mir haben, etwas wofür ich nach der Erfahrung in Berlin sehr dankbar bin", sagt Natalia Rodriguez.
Zu den stärksten Konkurrentinnen in der Vergabe um die Medaillen sieht die 30-Jährige neben den Russinnen vor allem eine Britin: Lisa Dobriskey. Die 25-Jährige war 2009 mit 3:59,50 Minuten die schnellste Europäerin und gewann nach der Disqualifikation von Natalia Rodgriguez Silber in Berlin "Sie schätze ich stärker ein als die Russinnen. Sie ist sehr gefährlich. Die Russinen sind besser auszurechnen", meint die Spanierin, für die es aber dennoch nur ein Ziel gibt.
"Ich will in Barcelona Gold gewinnen. Ich laufe jetzt seit vielen Jahren in der Weltspitze mit, etwas anderes als Gold kann vor heimischem Publikum nicht mein Ziel sein", sagt Natalia Rodriguez. Für die 30-Jährige wäre es der erste internationale Titel. Bislang stehen jeweils Silber bei der U23-EM im Jahr 2001 und der Hallen-EM 2009 in der Erfolgsliste der siebenmaligen Spanischen Meisterin.
Start bei der Hallen-WM in Doha
Am 29. November bestritt Natalia Rodriguez ihren ersten Wettkampf seit dem 23. August. Bei einem Straßenrennen in Barcelona siegte sie nach 6.635 Meter in 22:18 Minuten und verwies dabei die spanische Hindernis-Weltmeisterin und Europas "Leichtathletin des Jahres" Marta Dominguez auf den zweiten Rang. Ein Fingerzeig für die Zukunft, denn die 30-Jährige plant einen Umstieg auf die 5.000 Meter. "Mein Trainer wollte, dass ich schon 2009 über die 5.000 Meter starte, aber das haben wir dann gelassen. Ich denke, dass ich noch ein paar Jahre die 1.500 Meter laufe, bevor ich ernsthaft auf die 5.000 Meter umsteige", sagt Natalia Rodriguez.
Bevor die Spanierin bei der EM in Barcelona zusammen mit dem Masskottchen Barni ihren Titel feiern will, peilt die 30-Jährgige auch ein gutes Ergebnis bei der Hallen-WM in Doha (Katar; 12. bis 14. März) an.
