Neue Gesichter - Philipp Pflieger
Einige deutsche Athletinnen und Athleten haben die vergangenen Monate genutzt, sich mit guten Leistungen in den Vordergrund zu kämpfen. Diejenigen, die im Sommer zum ersten Mal zu Meisterehren gekommen sind, stellt Ihnen leichtathletik.de als "Neue Gesichter" vor. Auf diese Hoffnungsträger sollte man auch im neuen Jahr ein Auge haben.
PHILIPP PFLIEGERLG Telis Finanz Regensburg
*16.07.1987
Größe: 1,87 m
Gewicht: 68 kg
5.000 Meter:
Bestzeit: 13:31,34 Minuten (2012)
10.000 Meter:
Bestzeit: 28:45,76 Minuten (2012)
Deutscher Meister 2012
10 Kilometer Straße:
Bestzeit: 29:32 Minuten (2012)
Deutscher Meister 2012
Das Jahr 2012 sollte für Philipp Pflieger ein entscheidendes werden, das stand schon fest, bevor er für die ersten Rennen an der Startlinie stand. „Wenn du 2012 nichts auf den Weg bringst, dann war’s das“, hatte sich der gebürtige Sindelfinger vor der Saison gesagt. Alles oder nichts - so die Ausgangslage.
Grund dafür war die Tatsache, dass Philipp Pflieger in seiner Karriere immer wieder von Verletzungen ausgebremst wurde. Und 2011 hatte es ihn besonders hart erwischt. Los ging’s schon Ende 2010 mit einer geplanten Knie-Operation. Als der Langstreckler Anfang 2011 endlich wieder die ersten Laufeinheiten absolvieren konnte, knickte er prompt um und verletzte sich am Fuß. Erst Wochen später erfolgte die vollständige Diagnose: Nicht nur die Sehnen waren lädiert, sondern es war auch ein Stück vom Mittelfuß-Knochen abgebrochen.
Im Februar wurde der Fuß operiert, doch die Schmerzen hielten an. An Wettkämpfe war nicht zu denken. Erst als Philipp Pflieger einen weiteren Arzt zu Rate zog und sich erneut operieren ließ, wurde es langsam besser. Im September 2011 konnte er wieder normal trainieren. Da war die Bahnsaison ohne ihn gelaufen.
Gut, dass Philipp Pflieger ein großer Optimist und ein großer Kämpfer ist. Als die ersten Spezialisten sagten: „Das wird nichts mehr“, steckte er sich hohe Ziele. Die EM 2012 in Helsinki (Finnland) - das wäre doch was! Das Durchhalten lohnte sich. Endlich verletzungsfrei, lief es Ende 2011 im Training wie am Schnürchen. „Da konnte ich auf einmal Sachen machen - das war verrückt“, erinnert er sich.
Bei den Deutschen 10.000 Meter-Meisterschaften in Marburg erntete Philipp Pflieger im Mai 2012 schließlich die Früchte für die harte Arbeit. In 28:45,76 Minuten holte er sich seinen ersten deutschen Meistertitel. „Das war im Ziel schon ziemlich emotional“, sagt er. Die Zeit in seinem erst zweiten Rennen über die 25 Stadionrunden sei da nebensächlich gewesen.
Seine Stärken sieht der Langstreckler zurzeit ohnehin eher auf den 5.000 Metern, und auf dieser Distanz unterbot er drei Wochen später in 13:31,34 Minuten die EM-Norm. In Helsinki musste er Lehrgeld zahlen. Einen Platz in den Top Zwölf hatte er angepeilt, Platz 15 wurde es schließlich. Ganz zufrieden war Philipp Pflieger nicht. Aber er hat Motivation getankt: international mithalten zu können, das gehört zu den neuen Zielen des 25-Jährigen.
Mit dem zweiten deutschen Meistertitel innerhalb eines Jahres ging für Philipp Pflieger im September bei der DM im 10 Kilometer-Straßenlauf seine bisher erfolgreichste Saison zu Ende. In der Zwischenzeit hat er sein Bachelor-Studium der Politikwissenschaft erfolgreich abgeschlossen und gemeinsam mit seinem Trainer Kurt Ring die Weichen für die Fortsetzung seiner sportlichen Karriere gestellt.
Ein neuer Ausrüster und die LG Telis Finanz Regensburg, in deren Trikot Philipp Pflieger seit 2008 startet, sorgen dafür, dass sich der zweifache Deutsche Meister in den kommenden zwei Jahren ganz auf den Sport konzentrieren kann. Nahziel sind 2013 die Teilnahme am 10.000 Meter-Europacup und möglicherweise die Team-EM in Gateshead (Großbritannien).
Die jüngsten Erfolge haben den Ehrgeiz von Philipp Pflieger neu entfacht. Jetzt muss nur noch sein verletzungsanfälliger Körper mitspielen. Zurzeit kann er aufgrund von Achillessehnenbeschwerden wieder nur ein Alternativtraining absolvieren. Von seiner Marschroute weicht er dennoch nicht ab: „Entweder ich reiße mir jetzt den Arsch auf und schaue, was mein Körper zu leisten im Stande ist, oder ich lasse es. Dann werde ich es nie erfahren“, sagt er und fügt im selben Atemzug hinzu: „Und ich will wissen, was machbar ist!“
Das sagt Bundestrainer Wolfgang Heinig: Philipp Pflieger gehört auf jeden Fall zu den Talenten, die wir in Deutschland im Langstrecken-Bereich haben. Sein größtes Potenzial sehe ich zurzeit auf den 5.000 und den 10.000 Metern, seine Stärke ist die Tempohärte. Auf nationaler Ebene kann er sich damit behaupten, das hat das vergangene Jahr gezeigt. Um auch international mitzuhalten, reicht es noch nicht aus. Dazu muss zunächst seine Verletzungsanfälligkeit abgebaut werden, dann ist im Jahresverlauf auch ein größerer Trainingsumfang möglich. Und Belastungsentwicklung ist gleich Leistungsentwicklung. Ich hoffe, dass er verletzungsfrei durchkommt und sich auf den 10.000 Metern in Richtung 28 Minuten entwickeln kann. |