Neue Meister - Alyn Camara
Die Sommersaison 2013 hat wieder einigen Athleten ihren ersten Deutschen Einzeltitel bei den Erwachsenen beschert, die leichtathletik.de traditionell vorstellt. Diesmal sind gleich mehrere etablierte Athleten dabei. Gut, dass wir unsere Rubrik schon im Winter von "Neue Gesichter" in "Neue Meister" umgetauft haben.
Alyn CamaraTSV Bayer 04 Leverkusen
*31. März 1989
Größe: 1,94 m
Gewicht: 86 kg
Weitsprung:
Bestleistung: 8,29 Meter (2013)
Deutscher Meister 2013
Es war das fast perfekte Jahr. Sechs Mal sprang Alyn Camara in dieser Saison über acht Meter. Zum ersten Mal wurde er Deutscher Meister. Er qualifizierte sich für die Weltmeisterschaften. Und doch: Er ist nicht zufrieden. „Wenn ich dem Jahr eine Schulnote geben müsste, dann wäre es eine 2 Minus.“
Was den 24-Jährigen an dieser Saison stört? „Das Aus in der WM-Quali.“ In Moskau kam er mit dem Anlauf nicht hin und entsprechend nicht über 7,77 Meter hinaus. „Das war ein echter Dämpfer.“ Ein Rückschlag, über den er auch heute, knapp vier Wochen nach dem bitteren Quali-Aus, nicht so richtig reden will. „Ich habe das alles mit meinem Trainer durchgesprochen und werde das abhaken. Sowas kann passieren, aber einmal reicht auch.“
Dabei stand diese Saison zunächst unter keinen guten Vorzeichen. Eine Grippe setzte ihn rund sechs Wochen außer Gefecht. „Den Trainingsrückstand kannst du eigentlich nicht mehr aufholen“, sagt Camara. Und doch reichte die Form, um die beste Saison seiner bisherigen Weitsprung-Karriere zu absolvieren.
An drei verschiedenen Orten sprang er in diesem Jahr über acht Meter, steigerte seine Bestleistung auf 8,29 Meter – weiter sprang in diesem Jahr kein anderer deutscher Weitspringer. „Damit bin ich nun wirklich angekommen im elitären Kreis der Acht-Meter-Springer“, sagt der gebürtige Kölner, der derzeit in Leverkusen lebt und trainiert.
Der Höhepunkt des Jahres: der deutsche Meistertitel in Ulm. „Das bedeutet mir viel“, sagt Camara. Schließlich sei es keine Selbstverständlichkeit, dass der WM-Sechste Christian Reif (LC Rehlingen) und Europameister Sebastian Bayer (Hamburger SV) beide bei Meisterschaften starteten. „Und an diesem Tag war ich besser als die beiden.“
Diese Konkurrenzsituation genießt er. „Dafür gehe ich in Wettkämpfe, um mich zu messen.“ Eine ähnliche Situation erwartet er auch im kommenden Jahr, im Kampf um die EM-Tickets für Zürich (Schweiz). „Es gibt fünf, sechs Deutsche, die über acht Meter springen können“, glaubt Camara. „Aber ich will einer von den Dreien sein, die zur EM fahren.“
Dabei wäre sein Talent für den Weitsprung beinahe unentdeckt geblieben, schließlich war er bis vor drei Jahren noch Hürdensprinter (Bestzeit aus 2008: 14,38 sec). „Nach einer Schambeinprellung konnte ich vom Kopf her keine Hürden mehr laufen“, erinnert sich Alyn Camara. Damals stand er vor der Entscheidung, sucht er sich eine neue Disziplin in der Leichtathletik oder ganz eine neue Sportart. Es wurde der Weitsprung. „Gute Wahl“, findet er heute und hat in Hans-Jörg Thomaskamp einen Trainer gefunden, der wie er auf Erfolg gepolt ist. „Wir haben uns zu Beginn unserer Zusammenarbeit hingesetzt und ein klares Ziel festgelegt: Olympia 2016.“
An diesem Ziel arbeitet das Duo seither täglich. „Mein ganzes Leben ist auf diesen Sport abgestimmt“, sagt Camara. Feiern oder Alkohol – in der Saison absolut undenkbar. „Der Sport füllt mich genug aus.“ Seit Beginn des Jahres hat er mit der Bundeswehr auch den dazu passenden Arbeitgeber, ist daher auch für die Militär-Europameisterschaften am kommenden Wochenende in Warendorf gemeldet. Und doch: „Das reicht mir nicht.“ Im Oktober beginnt Alyn Camara ein Studium. „Sport ist etwas Temporäres, ich will auch jetzt schon an die Zukunft denken. Und meinem Kopf tut etwas Bewegung auch gut.“ Sportmanagement soll es sein, dass ihn ab dem kommenden Monat neben dem Sport zusätzlich beschäftigen wird.
Das sagt Bundestrainer Uwe Florczak: Alyn ist ein großgewachsener Athlet, der zum Absprung mit einem extrem hohen Körperschwerpunkt anrauscht. Seine Schnelligkeit und sein Kraft-/Lastverhältnis zeichnen ihn im Besonderen aus. Er ist ein eher lockerer Typ, bei dem man denken könnte, ihn trübt kein Wässerchen. In den letzten drei Jahren hat Alyn eine sehr gute Entwicklung vollzogen. Er hat an Anlauf- und Techniksicherheit dazugewonnen. Wenn er lernt, diese Entwicklung in den internationalen Wettkämpfen einzubringen, dann wird er über kurz oder lang ein Wörtchen bei der Vergabe der internationalen Medaillen mitreden. |