Neue Meister - Matthias Uhrig
Einige deutsche Athletinnen und Athleten haben die vergangenen Wochen genutzt, um sich mit guten Leistungen in den Vordergrund zu kämpfen. Alle, die im Winter zum ersten Mal einen deutschen Meistertitel gewonnen haben, stellt Ihnen leichtathletik.de als "Neue Meister" vor.

VfL Sindelfingen
*06.09.1988
Größe: 1,85 m
Gewicht: 79 kg
Dreisprung:
Bestleistung: 16,50 m (2011)
Neunter Universiade 2011
Deutscher Hallenmeister 2013
Ein kleiner Biss, der schon Jahre zurückliegt, beeinflusst die Karriere von Matthias Uhrig bis heute. Inzwischen ist ihm das immerhin bewusst, jahrelang blieben die Nachwirkungen eines Zeckenbisses unbemerkt. "Ich war 15 oder 16, um die Zecke bildete sich ein roter Kreis", erzählt der 24-Jährige. Anzeichen für eine Infektion mit Borrelien. Der Dreispringer schluckte Antibiotika und damit war die Sache abgehakt - zu früh, wie sich erst Jahre später herausstellen sollte. Die Bakterien waren noch nicht besiegt, schlummerten im Hintergrund und warteten unbemerkt auf einen Moment, in dem der Körper geschwächt ist.
Bei einem Leistungssportler kommt das besonders im Winter vor, wenn hart trainiert wird, um Grundlagen für kommende Ziele zu legen. Regelmäßig machte Matthias Uhrig in dieser Phase schlapp. Er war nicht nur häufig erkältet, schwere Erkrankungen wie Pfeiffersches Drüsenfieber oder Lungenendzündung warfen ihn weit zurück. Der Sommer war regelmäßig ein Kampf zurück - mal mehr, mal weniger erfolgreich.
Als gesundheitliche Probleme dann auch noch im letzten Sommer auftraten, nach einem vielversprechenden Trainingslager auf Teneriffa, erreichten die Zweifel einen neuen Höhepunkt. Warum streikt der Körper immer wieder? Kein Arzt fand eine Antwort auf diese Frage. "Ich hatte permanent Fieber und habe mich gefragt, ob der Sport noch Sinn macht", blickt Matthias Uhrig zurück.
Trainer Tamás Kiss leistete eine Menge Überzeugungsarbeit, so dass es doch weiterging. Schließlich kam endlich die Diagnose, die sehr wahrscheinlich, aber nicht medizinisch nachgewiesen, die Ursache für die jahrelangen Probleme waren: Borreliose.
Auf der einen Seite eine Erleichterung, da der Dreispringer nun endlich weiß, womit er es zu tun hat. Auf der anderen Seite ist das Problem damit noch nicht gelöst. "Ich muss immer wieder gucken, dass ich die Situation im Griff behalte, gerade in Stressphasen." Die Therapie eines Naturheilpraktikers hat angeschlagen, dazu gab es Änderungen im Training. "Wir sind weg von großen Umfängen. Ich trainiere mehr Intensität." Der Deutsche Meister muss deutlich mehr Rücksicht auf seinen Körper nehmen als andere Athleten.
Das ist ihm in diesem Winter schon so gut gelungen, dass erstmals eine vollständige Hallensaison inklusive Deutscher Meisterschaft möglich war. Der Spaß und auch das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit sind zurückgekommen. "Vorher habe ich häufig am Anlauf gestanden, gehustet und das Gefühl gehabt, nicht wirklich etwas drauf zu haben."
Auch bei der Hallen-DM in Dortmund war das anders, da fühlte sich der Neunte der Universiade imstande, seine Bestleistung (16,50 m) anzugreifen. Dass dies nicht gelang, offenbart, dass es neben der Gesundheit noch andere Baustellen gibt. "Meine Zubringerwerte wie Schnelligkeit und Sprungkraft sind gut, ich bekomme diese Werte aber noch nicht in den Sprung." 16,15 Meter reichten in Dortmund zum Titel, der motiviert weiter zu arbeiten.
Täglich herausgefordert und angespornt wird der Dreispringer von seiner starken Trainingsgruppe, der neben den Deutschen Hallenmeisterinnen Marie-Laurence Jungfleisch (LAV Stadtwerke Tübingen; Hochsprung) und Lisa Steinkamp (VfL Sindelfingen; Weitsprung) unter anderem auch noch der DM-Achte im Weitsprung Max Kortmann (SV Stuttgarter Kickers) und der Deutsche U20-Meister im Weitsprung Fabian Heinle (LG Leinfelden-Echterdingen) angehören. Matthias Uhrig fühlt sich in der Gruppe von Tamás Kiss pudelwohl. "Ins Training zu gehen, ist fast wie abends ausgehen."
Das Talent für den Dreisprung offenbarte sich beim Nachwuchswettkampf "Jump & Run" in Sindelfingen, bei dem der 24-Jährige bei Mehrfachsprüngen der Beste war. Begeisterung für die Leichtathletik liegt in der Familie, zu der unter anderem Onkel Karl Honz gehört, Ex-Europarekordler und Olympia-Siebter über 400 Meter in München 1972.
Im Sommer möchte Matthias Uhrig, der neben dem Sport den anspruchsvollen Studiengang Maschinenbau studiert, vor allem das positive Gefühl aus dem Winter bewahren und weiter Spaß am Springen haben. Steht er wieder mit dem Wissen am Anlauf, eine Bestleistung drauf zu haben, ist es nur eine Frage der Zeit, wann diese fällt.
Das sagt Bundestrainer Tamás Kiss: Matthias Uhrig ist hochintelligent. Trotz seines anspruchsvollen Studiums hat er sich vorgenommen, Studium und Leistungssport zu vereinbaren. Er ist fleißig, zielstrebig und in der Zielsetzung immer realistisch. Sowohl technisch als auch physisch hat er noch Entwicklungspotential. Er muss daran konsequent arbeiten, im Sprung weniger Geschwindigkeit zu verlieren. Dafür müssen seine Hüftstreckkraft auf ein höheres Niveau trainiert und in den Teilsprüngen die Hinterstütz-Phasen vervollständigt werden. Auch im Sprintbereich hat er noch Reserven. Sein Ziel im Sommer ist die Teilnahme an der Universiade und möglichst gut bei den Deutschen Meisterschaften abzuschneiden. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das 16,60 bis 16,80 Meter. Sein langfristiges Ziel: In den "17-Meter-Club" einzutreten. |