Neuseeländischer Titel für bayerisches Talent
Von der Kreismeisterschaft bis zum Olympiasieg: Das klassische Beuteschema für deutsche Leichtathleten ist seit Jahren fest abgesteckt. Der Titel, den Stefanie Aeschlimann (MTV 1881 Ingolstadt) jetzt in Ozeanien gewann, fällt da komplett aus dem Rahmen. In Auckland wurde die 16 Jahre alte Dreispringerin aus Bayern neuseeländische Meisterin der Klasse U18 in ihrer Spezialdisziplin.

Die Süddeutsche und mehrfache Bayerische Meisterin, die im Vorjahr die deutsche W15-Rangliste mit einer Bestleistung von 11,96 Metern anführte, zeigte in Auckland einen grundsoliden Wettkampf und beherrschte den Dreisprung nach Belieben. Alle ihrer fünf gültigen Sprünge hätten für einen deutlichen Sieg gereicht. So gewann die 16-Jährige als einzige Elf-Meter-Springerin des Wettkampfs mit ansprechenden 11,61 Meter Gold.
"Richtig gut angefühlt"
Tags darauf wollte Aeschlimann diese Weite in der Konkurrenz der älteren U20-Mädchen noch einmal steigern. Bei starken Windböen übertrat sie jedoch drei Mal knapp den Absprungbalken und kam nicht in die Wertung. Dennoch war sie zufrieden. „Zum ersten Mal seit einiger Zeit haben sich meine Sprünge wieder richtig gut angefühlt. Und sie waren alle drei sehr, sehr weit, aber leider ungültig.“
Schon am ersten Tag der „New Zealand Champs“ hatte Aeschlimann den 600-Gramm-Speer auf 40,55 Meter geschleudert, was Rang zwei mit neuer persönlicher Bestweite bedeutete.
Begegnung mit Olympiasiegerin
Eine tolle Begegnung erlebte die junge Ingolstädterin am Rande der Meisterschaften, als sie die zweifache Kugelstoß-Olympiasiegerin Valerie Adams traf, die in Auckland mit 20,37 Meter einmal mehr ihre weltweite Ausnahmestellung unterstrich.
In einem sehr persönlichen Gespräch tauschten die Nachwuchs-Hoffnung und der Weltstar Erfahrungen aus. „Sie war unglaublich nett“, schilderte die junge Deutsche die Begnung mit Valerie Adams. „Ohne Allüren nahm sie sich für jeden Autogrammwunsch Zeit. Sie ist eine Olympiasiegern, die noch mit beiden Beinen auf dem Boden steht. Ein echtes Vorbild!“
Gast-Schuljahr in Nelson
Stefanie Aeschlimann kam Mitte Januar in die Küstenstadt Nelson an der Spitze der neuseeländischen Südinsel, um dort bis Anfang Oktober ein Gast-Schuljahr am Nayland College zu absolvieren.
Dabei hinterließ sie bereits einen nachhaltigen Eindruck. „Nothing is lost in translation when it comes to Stefanie Aeschlimann’s athletic prowess“ (frei übersetzt: Stefanie Aeschlimanns leichtathletisches Können beseitigt jede Sprachbarriere) übertitelte beispielsweise die Zeitschrift „Nelson Mail“ einen großen Artikel über den „future star“ aus Germany.
Regelmäßiger Kontakt zu Heimtrainern
Mit ihrem Heimtrainer Reinhard Köchl und BLV-Dreisprung-Coach Dimitri Antonov senior steht sie via Skype in regelmäßiger Verbindung. Die beiden schicken Trainingspläne nach Neuseeland und stimmen sich mit Dennis Kale, Aeschlimanns Leichtathletik-Coach in Nelson, genau über die anstehenden Übungseinheiten ab.
Kale bezeichnet die interkontinentale Achse als „beispielhaft“. Etwas Vergleichbares habe es in Neuseelands Leichtathletik noch nie gegeben. Der Wissens- und Erfahrungsaustausch mit Köchl und Antonov würde den Horizont aller Trainer in Nelson erweitern.
Aeschlimann, die in Ingolstadt das Reuchlin-Gymnasium besucht und in Wettstetten lebt, sei in der kurzen Zeit schon eine Art Vorbild für die jüngeren Leichtathleten am Nayland College geworden.
Gutes Wort vom Bundestrainer
Bei der Betreuung der jungen MTV-Athletin hatte auch DLV-U20- und U18-Bundestrainer Dietmar Chounard seine Hände im Spiel. Im vergangenen November hatte sich Chounard an seinen neuseeländischen Kollegen Terry Lomax gewandt, der den Kontakt zu Dennis Kale, einem landesweit anerkannten Sprintcoach, herstellte. Das von seinen beiden Trainerkollegen in Deutschland gewünschte Ziel für Stefanie Aeschlimanns Neuseeland-Aufenthalt lautet deshalb vor allem, ihre Sprintschnelligkeit zu verbessern.
Am ersten April-Wochenende gibt es zum Saisonabschluss noch das große College-Finale der neuseeländischen Schulen, bevor für Stefanie Aeschlimann eine ungewohnte „Winterpause“ beginnt, während ihre Altersgenossen in Deutschland sich auf die ersten Sonnenstrahlen und die beginnende Freiluftsaison freuen.
Mit Hop, Step und Jump zum neuseeländischen U18-Titel: Stefanie Aeschlimann (Foto: privat)