| Porträt

Neustart: Saskia Feige meistert Umstieg erfolgreich

Das Frauen-Gehen befindet sich weiter im Aufwärtstrend: Bei den Deutschen Meisterschaften im Straßengehen holte sich Saskia Feige am Samstag erstmals den nationalen Titel über 20 Kilometer. Die 21-Jährige siegte in 1:30:40 Stunden und empfahl sich damit gleich für drei internationale Höhepunkte. Obendrein plant sie im WM-Jahr mit einem Doppelstart.
Sandra Arm

Die Schneeflocken wirbelten kräftig durch die Luft, Temperaturen um die 0 Grad: Dem Frühling ging am vergangenen Wochenende kurzzeitig die Puste aus. Stattdessen gab es ein kurzes Winter-Intermezzo in Deutschland. Das Wetter schrie nicht gerade nach Topzeiten bei der Titeljagd in Naumburg. Doch weit gefehlt.

Die Normen purzelten für Saskia Feige für drei internationale Höhepunkte: die U23-EM in Gävle (Schweden; 11. bis 14. Juli), die Weltmeisterschaften in Doha (Katar; 28. September bis 6. Oktober) und für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio (Japan). So war es für die Geherin des SC Potsdam "ein super Tag, ein super Wettkampf", der mit feuchten Augen endete.

Beginn als Läuferin, Disziplinwechsel im Herbst 2015

Auf den ersten Kilometern hatte Vorjahressiegerin Emilia Lehmeyer (Polizei SV Berlin) die Spitzenposition noch inne. Doch irgendwann kam der Antritt der Saskia Feige. "Wir hatten uns keinen konkreten Plan für Naumburg zurechtgelegt, sondern ein bisschen überlegt, mit 46 Minuten auf den ersten 10 Kilometer anzugehen, wie in der Vorwoche in Podebrady", erklärt die 21-Jährige, die das Glück hatte, sich an einen anderen Athleten dranhängen zu können, der genau ihr Tempo ging. Auf dem zweiten Rennabschnitt wurde es sogar noch schneller. Saskia Feige nahm Kurs auf die Olympia-Norm.

Olympia, der Traum eines jeden Athleten. Auch für die junge Potsdamerin, die mit der Leichtathletik als Läuferin begann. Ihre Hauptstrecke waren die 1.500 Meter. Sie liebte es zu laufen. Diese sportliche Liebe wurde eines Tages auf eine harte Probe gestellt. Gesundheitliche Probleme bremsten sie auf dem Weg nach oben aus. Aufgeben? Keine Option. Die Sehnsucht nach etwas Neuem wuchs. "Ich wollte Leistungssport auf dem Level machen, wo es sich lohnt."

Im Herbst 2015 wagte sie den Neuanfang. Der erste Schritt war eine Probewoche in der Potsdamer Trainingsgruppe von Bundesnachwuchstrainerin Manja Berger. "Ich habe sie einfach angesprochen und durfte mitmachen." Aus dem Mitmachen wurde eine Entscheidung, die sie bis heute nicht bereut hat. Saskia Feige wechselte die Disziplin – sie war ab sofort Geherin. 

DM-Start bringt Platz drei der ewigen DLV-Bestenliste

Dreieinhalb Jahre später: DM-Titel über 20 Kilometer. Ihr erster – und natürlich emotionalster Titel. Kaum hatte die 21-Jährige die Ziellinie überquert, stürmte sie in die Arme ihrer Familie. Vergessen war in diesem Moment das nasskalte Aprilwetter, die Umarmungen wärmten und brachten viele feuchte Augen. Soeben hatte Saskia Feige ihr Meisterstück mit einer sensationellen Zeit abgeliefert. Sie unterbot ihre alte Bestzeit aus dem Vorjahr – aufgestellt bei der EM in Berlin – um satte 2:17 Minuten (!) und sicherte sich einen Platz in den Top Drei der ewigen deutschen Bestenliste.

Außerdem empfahl sie sich durch Erfüllung der IAAF-Norm für Olympia 2020 und unterbot wie in der Vorwoche beim Saisonstart in Podebrady (Tschechien; 1:32:59 h) erneut die Richtwerte für die WM (1:33:00 h) sowie die U23-EM (1:37:00 h). Diese DM-Topzeit hatte sie nicht wirklich erwartet. "Hätte mir jemand das vor dem Start gesagt, hätte ich ihm gesagt: Träum weiter! Die Olympia-Zeit hatte ich schon im Hinterkopf, aber die hielt ich angesichts des Wetters für unrealistisch. Ich bin einfach nur super glücklich, dass es geklappt hat."

Im Vorjahr erwies sich Naumburg gleich in dreifacher Hinsicht als glänzendes Pflaster. Saskia Feige, Teresa Zurek sowie Emilia Lehmeyer unterboten dort den Richtwert für die Heim-EM in Berlin. Ein denkwürdiger Augenblick. Er gipfelte zunächst in einem gemeinsamen Start bei der Team-WM in Taicang (China). "Teresa und Emilia sind durch viele gemeinsame Trainingslager zu guten Freundinnen geworden. Ich bin sehr glücklich, dass wir bei internationalen Team-Meisterschaften, wie 2018 in Taicang, als Mannschaft an den Start gehen können. Das gab es bei den deutschen Frauen im Gehen schon längere Zeit nicht mehr", freut sich Saskia Feige über den Aufwärtstrend.

Doppelstart: Erst Gävle, dann Doha

Und so begeisterte das deutsche Trio bei der EM mit Plätzen in den Top 20. "Es war einfach klasse. Ich war in den ersten Runden total überwältigt, dass so viele Zuschauer an der Strecke standen. Die Stimmung war einfach nur mega. Gern wieder", erzählt die EM-16. Vielleicht schon in diesem Jahr. Geplant ist ein Doppelstart. "Die WM ist recht spät im Jahr, das ermöglicht mir zuvor in Gävle zu starten. Auch weil es mein letztes Jahr in der U23 ist." Und Saskia Feige würde den Weg nach Gävle wohl nicht allein gehen. Alle drei DLV-Mädels sind in der U23 startberechtigt und erfüllten in Naumburg die Norm.

Der Saisonstart verlief für die junge Potsdamerin so gut wie noch nie. Aber worauf lässt sich dieser zurückführen? Gründe gibt es viele. "Ich trainiere immer besser, die Trainingsumfänge haben sich erhöht und ich bin verhältnismäßig gut durch die Trainingslager in Südafrika mit den Jungs und in Kienbaum gekommen", berichtet Saskia Feige, die seit einem halben Jahr einen neuen Trainer an ihrer Seite hat. Nach dem Abitur wechselte sie mit Teresa Zurek in die Trainingsgruppe von Bundestrainer Ronald Weigel. Und um nicht nur den Fokus auf den Sport zu legen, begann sie nach dem Abitur ein Bachelorstudium in Biosystemtechnik/Bioinformatik an der TH Wildau.

Mit dem jüngsten sportlichen Erfolg hat sie eigentlich ihr Soll schon mehr als erfüllt. Doch Saskia Feige hat in diesem Jahr noch große Ziele. "Jetzt geht es erst richtig los. Da ist nichts mit zurücklehnen und ausruhen." Recht hat sie – und dafür waren das Geher-Meeting in Podebrady und die DM in Naumburg ein richtig guter Startschuss.

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024