Nico Sonnenberg - „Fast ein Wunder“
Nico Sonnenberg (LG Eintracht Frankfurt) gehört zu den Aufsteigern des Jahres. Mit 3:45,16 Minuten über 1.500, 8:04,81 Minuten über 3.000 und 13:55,65 Minuten über 5.000 Meter lief der 21-Jährige in die nationale Spitze, außerdem holte er bei der U23-DM den Titel über 5.000 Meter. 2009 hatte der Hirzenhainer als Deutscher Jugendmeister über 1.500 Meter in der Halle schon einmal für Furore gesorgt, doch zwischenzeitlich ganz mit dem Leistungssport aufgehört. Hintergründe verriet der Wirtschaftswissenschafts-Student im Interview mit leichtathletik.de.
Nico Sonnenberg, wie fällt Ihr Saisonfazit aus?Nico Sonnenberg: Ich bin rundum zufrieden, zumal ich erst Anfang Januar wieder richtig das Training aufgenommen habe. Ich hatte etwas aufzuholen und dementsprechend habe ich richtig reingepowert. Aber dass es so schnell bergauf gegangen ist, grenzt fast an ein Wunder. Immerhin konnte ich schon im März bei der Cross-DM in Ohrdruf auf der Männer-Mittelstrecke Platz vier belegen. Dann die Top-Zeiten auf der Bahn. Es ist prima gelaufen.
Warum sind Sie 2009 nach starkem Auftakt plötzlich untergetaucht?
Nico Sonnenberg: 2009 war ich Jugend-Hallenmeister über 1.500 Meter und bin mehrfach knapp an der Norm für die U20-EM vorbeigeschrammt. Doch dann begann eine lange Pechsträhne. Bei der Jugend-DM in Rhede wurde mir eine Runde vor Schluss ein Schuh ausgetreten und ich bin nur Vierter geworden. Das war das erste Rennen überhaupt, das ich verloren habe. Wahrscheinlich habe ich mir da auch den Ermüdungsbruch geholt, der mich dann zwei Jahre gekostet hat.
Warum haben Sie sich zwischenzeitlich sogar ganz vom Leistungssport verabschiedet?
Nico Sonnenberg: Das war im Frühjahr 2011, als ich mir einen doppelten Bänderriss zugezogen habe. Da habe ich gesagt, ich kann nicht noch einmal allen anderen zuschauen, wie sie eine megacoole Saison haben. Außerdem wollte ich es nicht mehr hinnehmen, dass ich nichts anderes mache als trainieren und meine Freunde erzählen mir jedes Wochenende, wie schön das Feiern ist. Da habe ich gesagt: Das war es mit der Leichtathletik und habe ein halbes Jahr gar nichts gemacht. Doch schon bald habe ich gemerkt, dass Feiern nicht das ist, was ich will. Das ist mir zu eintönig. Wie zu Kindertagen habe ich dann auf Dorfebene mit Freunden gekickt.
Wie haben Sie zurück zum Laufen zurückgefunden?
Nico Sonnenberg: Ich schaffe es nicht, eine Woche lang keinen Sport zu machen. Ich brauche Bewegung. Dann kam ein Amerika-Trip mit meiner Mutter. Aber es war schwierig einen Fußball einzupacken, Laufschuhe waren handlicher. Ich bin zunächst ein bisschen im Central Park in New York und später dann in Miami am Strand gelaufen, dem schönsten, an dem ich bisher war, und zwar täglich. Da habe ich gemerkt, dass ich genau dieses Gefühl lange vermisst habe und dass mir Laufen richtig Spaß macht. Wieder daheim habe ich dann bei meiner früheren Trainingsgruppe in Frankfurt angefragt, ob ich die ruhigen Dauerläufe mitmachen kann.
Wie war die Reaktion?
Nico Sonnenberg: Überaus positiv. Erstaunt war ich, dass mein Trainer Wolfgang Heinig mich regelrecht mit offenen Armen wieder aufgenommen hat. Ich dachte, er sei total enttäuscht von mir, weil ich ja vom einen auf den anderen Tag alles hingeschmissen hatte. Ich war total froh, als er mir sagte, dass er mich gerne wieder zurücknehmen würde. Voraussetzung war, dass ich voll dahinter stehe. Dafür bin ich ihm unglaublich dankbar. Meine Einstellung zum Leistungssport hat sich extrem geändert. Jetzt ist meine Devise: Entweder man macht es voll oder gar nicht.
Wie sind Sie überhaupt zum Laufen gekommen?
Nico Sonnenberg: Mir lag das Laufen schon immer, auch als ich noch ein recht erfolgreicher Fußballer war. Ich stand in der Hessenauswahl, spielte mit dem VfB Marburg in der Oberliga, das ist bei den Junioren die zweithöchste Klasse überhaupt. Außerdem habe ich ein Probetraining bei Eintracht Frankfurt absolviert. Den Kontakt zur Leichtathletik habe ich dann durch Gesa Felicitas Krause bekommen. Wir kennen uns seit der sechsten Klasse und sie ist meine beste Freundin. Ich habe aus Spaß einen Wettkampf mitgemacht, bei dem es echt gut lief. Dann hat Gesa gesagt: Schau doch einfach mal beim Training vorbei. Dann bin ich in der Leichtathletik relativ schnell aufgestiegen, da wurde Fußball zur Nebensache.
Wie sieht Ihre weitere Planung aus?
Nico Sonnenberg: Wir haben uns vorgenommen, dass wir eine Cross-Saison machen mit dem Ziel Cross-EM am 9. Dezember in Budapest. Dazu werde ich am 10. November in Pforzheim laufen und eine Woche später in Darmstadt. Auf der Bahn möchte ich weiterhin schwerpunktmäßig 5.000 Meter laufen. Da bin ich sicher noch längst nicht am Limit. Ich muss schauen, ab welcher Phase es schwer wird, wo ich extra drücken muss, damit gute Zeiten herauskommen. Aber wir werden auch schauen, ob mir vielleicht die Hindernisse liegen. Denn von der Streckenlänge her gefallen mir 3.000 Meter absolut am besten. Da geht es um eine Mischung aus Schnelligkeit und Ausdauer. Andererseits muss man klar sagen, dass mir technisch die komplette Aufbauarbeit fehlt. Mal schauen, ob ich das überhaupt gebacken bekomme.
Haben Sie sich schon mit den WM-Normen für Moskau beschäftigt?
Nico Sonnenberg: Über die Hindernisse nicht. Aber über 5.000 Meter weiß ich, dass sie bei 13:22 Minuten liegt. Da sage ich: Man muss sich Ziele setzen, sollte dabei aber nicht vermessen klingen. Dieses Jahr hätte ich bestimmt noch 15 Sekunden draufpacken können, dann wäre ich bei 13:40. Jetzt muss ich schauen, was sich noch umsetzen lässt. Man kann auch nicht jedes Jahr damit rechnen, dass stets eine halbe Minute drin ist. In welche Richtung es geht, wird sich Anfang Mai zeigen. Ab dann sind Gedankenspiele erlaubt, aber nicht jetzt. Andernfalls würde ich mir zu viel Druck aufbauen.