Nico Weiler - California Dreamin'
Wenn am kommenden Mittwoch im tschechischen Ostrava die U18-Weltmeisterschaften (11. bis 15. Juli) beginnen, ruhen die größten deutschen Edelmetall-Hoffnungen auf Stabhochspringer Nico Weiler (TuS Metzingen). Der 17-Jährige, der von August 2006 bis Juni dieses Jahres in den USA lebte und trainierte, führt die Bestenliste seiner Altersklasse deutlich an.

Nico Weiler hatte eine großartige Zeit
Im 19. Jahrhundert lockte der Goldrausch mehrere hunderttausend Menschen nach Kalifornien, um ihren Traum "vom Tellerwäscher zum Millionär" zu verwirklichen. Rund 150 Jahre später erlebte Nico Weiler an gleicher Stelle seinen persönlichen "Höhenrausch".In Los Gatos, einer Gemeinde mit rund 30.000 Einwohnern, die sich in unmittelbarer Nähe zu der Großstadt San José befindet, fand er die optimalen Bedingungen für seine große Leidenschaft, den Stabhochsprung. Schon seit älterer Bruder verbrachte dort ein Jahr als Schüler an der High School und vermittelte eine Gastfamilie.
Der Bruder spielte nicht nur hier eine wichtige Rolle. Beim Mehrkampftraining des Älteren griff Nico Weiler mit zehn Jahren zum ersten Mal zu den Stäben und konnte nicht mehr loslassen. Angefangen hatte er mit der Leichtathletik im Alter von sechs Jahren bei der LG Schönbuch, ab dem 14. Lebensjahr konzentrierte er sich ausschließlich auf den Stabhochsprung.
Vater als Trainer
Das Training übernahm sein Vater Roland Weiler. Dieser war in jungen Jahren ebenfalls ein guter Stabhochspringer (Bestleistung: 4,73 m) und begleitete seinen Sohn bis zu der Höhe von 5,00 Meter im vergangenen Jahr, die ihn zum deutschen B-Jugend-Vizemeister machte.
Im Anschluss an die Deutschen Jugend-Meisterschaften in Wattenscheid begann das Abenteuer USA. Nicht nur die optimalen Bedingungen, die an der Los Gatos High School für Nachwuchssportler herrschen - einige namhafte American Football-Spieler befinden sich unter den Absolventen - lockten den 17-Jährigen über den großen Teich. Die Neugier auf eine andere Kultur und das Faible für die englische Sprache waren ausschlaggebend für den Aufenthalt. "Man kann nie genug von der Welt sehen", beschreibt er seine Motivation. Und gesehen und erlebt hat er viel in diesem Jahr, auch abseits der Sportstätten.
Eingelebt in Los Gatos
Angesteckt wurde Nico Weiler schnell vom "American way of life", der das Gefühl gibt, "nichts ist unmöglich". Beeindruckt war er auch von den Menschen, denen er begegnete. "Die Leute sind offener und aufgeschlossener."
In diesem Klima hat er sich wohl gefühlt, wie auch sein Trainer in Los Gatos, Brandon Vance, bescheinigt: "Er war nicht nur mein Schützling, sondern wurde zum Teil der Familie, der Schule und der Gemeinschaft. Er ist einfach ein guter Typ."
Schulrekord des Trainers gebrochen
Als fleißig und begabt lernte Brandon Vance seinen jungen Athleten im Training zu schätzen: "Ich weiß nicht, ob alle deutschen Jungs so sind, aber Nico war immer sehr geduldig, er hat sich nie beschwert oder gestritten. Er ist extrem talentiert und es war ein Geschenk, ihn trainieren zu dürfen." Zum Dank schnappte Nico Weiler seinem Coach den Schulrekord in einem fantastischen Wettkampf Ende Mai in Gilroy weg. Im dritten Versuch überquerte er 5,34 Meter und benutzte dazu einen längeren Stab, mit dem er davor nur einmal gesprungen war.
"Schon zwei Wochen davor lief es im Training super. Brandon hat mich trainiert, um seinen Schulrekord zu brechen", erzählt Nico Weiler, dem das Jahr in Kalifornien einen anderen Blickwinkel auf den Stabhochsprung und neue Trainingsmethoden einbrachte. "Ich war mehr am Springen, mindestens dreimal in der Woche, und hatte fast jedes Wochenende einen Wettkampf." Zwei Anlagen, die je nach erwünschten Windbedingungen genutzt werden konnten, standen dem flinken B-Jugendlichen (Bestzeit 100 Meter: 11,23 sec) dazu in Los Gatos zur Verfügung. Das gute Wetter erlaubte es, dass man selbst während der Wintermonate durchgängig im Freien trainieren konnte. Das hinderte ihn nicht, auch unter dem Hallendach zu überzeugen.
Mit 3.000 Stabhochspringern in Reno
Höhepunkt war dabei sicherlich der Auftritt beim legendären "Pole Vault Summit" im Januar in Reno. Jedes Jahr treffen sich dort rund 3.000 Stabartisten aus allen Altersklassen auf 15 Anlagen in zwei riesigen Hallen. Unbeeindruckt von dieser überwältigenden Atmosphäre belegte Nico Weiler Platz zwei in der High School-Wertung mit 5,05 Metern und lernte auch kurz Olympiasieger Tim Mack kennen.
Als zweitbester Highschool-Springer in den USA kehrte er Mitte Juni eine Woche vor der Bauhaus-DLV-Juniorengala in Mannheim nach Deutschland zurück. Hier wird er wieder von seinem Vater Roland Weiler und in Zukunft auch vom Landestrainer Ivan Macura-Böhm, der Fabian Schulze (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg) betreut, trainiert. Für die Weltmeisterschaften in Ostrava ist Brandon Vance aus den USA nach Europa gereist, um Nico Weiler vor Ort zu unterstützen. Daneben bleibt Zeit, seinem Coach, der zu einem Freund geworden ist, Deutschland und die kulinarischen Spezialitäten nahe zu bringen.
Die Platzierung zählt
Auch wenn er mit einer Verbesserung der U18-Weltbestleistung des Argentiniers Germán Chiaraviglio (5,51 m) liebäugelt, hat der Teenager, der später einmal Wirtschaft studieren will, in der Tschechischen Republik vorrangig die Platzierung im Blick. "Ich reise dahin, um einen guten Platz zu machen."
"A good day of pole vaulting" fordert Brandon Vance für Ostrava von seinem Schützling und Freund.