Nils Winter ist längst noch nicht satt
Es dauerte lange, sehr lange, bis der große Moment kam. Fast eine Stunde musste Nils Winter in den Katakomben des Ulmer Donaustadions warten, bis er zur Siegerehrung schreiten durfte, um die Goldmedaille für seinen ersten deutschen Meistertitel (7,89 m) in Empfang zu nehmen. Winter war endlich am Ziel: "Das macht mich aber nicht satt, sondern spornt mich noch mehr an."
Nils Winter fliegt zum Meistertitel (Foto: Kiefner)
Im November vergangenen Jahres ist Nils Winter nach Leverkusen gekommen. Damals tauschte er das Trikot der Mobilcom Zehnkampfwelle Kiel gegen das des TSV Bayer 04 ein. Im neuen Outfit überraschte er im Februar bei der Mehrkampf-Hallen-DM mit seiner ersten nationalen Medaille im Erwachsenenbereich (Silber), drei Wochen später wurde er in Leipzig DM-Zweiter im Weitsprung, weitere drei Monate später sprang er in Bad Camberg erstmals in seinem Leben über acht Meter und gewann nun in Ulm seine erste Deutsche Meisterschaft. Dabei hatte er vor zwei Jahren noch die DM-Qualifikation verpasst. "Damals bin ich nur 7,35 Meter gesprungen", erzählt der 26-Jährige.Mit zehn Jahren begann der aus Buxtehude stammende Wirtschaftsingenieur mit dem Leichtathletiktraining. Der Beste war er in den folgenden Jahren allerdings nie. "Mit 12 war ich Zehnter bei den Hamburger Meisterschaften, mit 17 erstmals Landesmeister." Im vergangenen Jahr setzte er 7,84 Meter in den Sand und nahm sich vor, noch einmal auf die Karte Sport zu setzen. Und so sprach er nach seinem vierten Platz bei den Deutschen Meisterschaften in Wattenscheid Leverkusens Coach Bernd Knut an. Der nahm Nils Winter in seine Trainingsgruppe auf.
Ziel erreicht
Acht Meter zu springen – mit diesem Ziel begann Nils Winter bei Bayer. "Ich habe fünf Jahre gebraucht, um von 7,60 auf 7,80 Meter zu kommen. Dann habe ich mir gesagt, ich bin 25, einmal in den nächsten fünf Jahren sollte es mir gelingen, acht Meter zu springen", erinnert er sich heute, ein gutes halbes Jahr später. Sechs acht-Meter-Sprünge sind es mittlerweile. Der erste war mit 8,06 Metern beim Springer-Meeting am Pfingstwochenende in Bad Camberg. "Danach habe ich im Scherz gesagt, jetzt kann ich ja wieder nach Hamburg zurückziehen", berichtet Nils Winter.
Doch so schnell lässt ihn aus Leverkusen niemand wieder weg. Und der in Buxtehude geborene Norddeutsche will auch gar nicht fort. Schon allein der super Trainingsbedingungen wegen. Im Norden konnte er einmal pro Woche in der Halle trainieren. 1,5 Stunden dauerte die Fahrt bis dorthin. In Leverkusen kommt er zweimal täglich mit dem Rad und braucht keine fünf Minuten.
Sportmedizinische Betreuung stimmt
Auch die sportmedizinische Betreuung sei viel besser "als oben". Was das wert ist, erfuhr Nils Winter am Anfang der Freiluftsaison. "Sechs Tage vor dem Trainingslager im Mai auf Lanzarote habe ich einen Muskelfaserriss erlitten. Trotzdem bin ich mitgefahren. Aber nur, weil auch Physio Frank Zander dabei war." Der brachte die Sache in Ordnung. Und so gelang Nils Winter nur viereinhalb Wochen nach dem Muskelfaserriss der Saisoneinstand in Garbsen mit der persönlichen Freiluft-Bestleistung von 7,88 Metern. Es folgten sechs acht-Meter-Sprünge, ein dritter Platz beim Europacup und der Deutsche Meistertitel.
Weitere Erfolge sind ebenfalls nicht ausgeschlossen. Das nächste Highlight wird die WM in Paris sein. Mit 8,11 Metern hat er die B-Norm bereits in der Tasche. "Auch die A-Norm von 8,20 Metern ist drin." Damit könnte er gleichzeitig seinen Olympiastart für 2004 klar machen: "Das würde ich in diesem Jahr gern noch schaffen."