Nils Winter – "Die Acht vor das Komma!"
Einer der DLV-Athleten, die sich zuletzt bei ihren ersten Wettkämpfen schon bestens verkauft haben, ist der Weitspringer Nils Winter. Er landete im zweiten Wettkampf jenseits der Acht-Meter-Marke und darf bereits auf ein Olympiaticket nach Athen hoffen. Christian Fuchs hat sich für leichtathletik.de mit dem Leverkusener über seine Olympiachance, das Tor zur Weltelite und die nationale Konkurrenz unterhalten.
Nils Winter ist momentan die Nummer eins im deutschen Weitsprung (Foto: Klaue)
leichtathletik.de:Nils Winter, in Garbsen konnten Sie vor wenigen Tagen ihre persönliche Bestweite von 8,11 Metern einstellen. Kam diese Leistung zu diesem frühen Zeitpunkt in der Saison für Sie überraschend?
Nils Winter:
Jein, es kam nicht ganz überraschend. Ich habe gut trainiert. Besser als im letzten Jahr, weil ich mir damals im April noch einen Muskelfaserriss zugezogen hatte. Deshalb wusste ich, dass ich schon etwas drauf habe. Trotzdem muss der Anlauf in den ersten Wettkämpfen erst einmal passen. Es war ein guter Sprung, den ich in Garbsen getroffen habe. Bei dem passte alles zusammen.
leichtathletik.de:
Zur A-Norm für Olympia fehlen noch acht Zentimeter. Rund 25 Springer sind international im letzten Jahr 8,20 Meter oder weiter gesprungen. Ist diese Norm für Sie das Tor zur Weltelite, das es zu erreichen gilt?
Nils Winter:
Das ist auf jeden Fall das Ziel. Im letzten Jahr konnte ich mich deutlich auf 8,11 Meter verbessern. Deshalb muss ich jetzt meinen Blick weiter nach vorne richten. Ich habe im Winter Maßnahmen ergriffen, die mir eine bessere Leistung ermöglichen. Irgendwo zwischen 8,10 und 8,20 Metern fängt die Weltelite an. Die richtig guten Springer können das an jedem Tag auf jeder Anlage abrufen. International muss deshalb auch ich die Acht vor dem Komma anbieten können.
leichtathletik.de:
Welche Maßnahmen waren das konkret, die Sie im Winter ergriffen haben?
Nils Winter:
Ich konnte mein Trainingspensum erhöhen, weil ich mein Studium letzten Sommer endgültig abgeschlossen habe. Ich kann mich jetzt voll auf den Sport konzentrieren. Mein Verein TSV Bayer 04 Leverkusen macht es mir mit der Unterstützung erst möglich, das angehen zu können. Im vergangenen Herbst konnte ich schon Ende September mit dem Grundlagentraining beginnen, was im Jahr zuvor erst im November der Fall war. Das zahlt sich jetzt aus. Zudem trainiere ich jetzt das zweite Jahr unter Bernd Knut. Wir können Belastungen und Pausen besser miteinander abstimmen, da wir uns nun gegenseitig besser kennen. Er hat viel Fingerspitzengefühl für Athleten wie Charles Friedek oder mich, die man öfter auch einmal bremsen muss.
leichtathletik.de:
Mit Peter Rapp oder auch Christian Kaczmarek drängen in Deutschland junge Weitspringer nach. Wie sehr würde Ihnen ein stärkerer nationaler Konkurrenzkampf weiterhelfen?
Nils Winter:
Ich suche immer die Konkurrenz, deshalb bin ich zum Saisoneinstieg auch sieben Stunden mit dem Zug nach Dresden gefahren. Das belebt das Geschäft. Ich finde es gut, wenn neue, junge Springer nachkommen. Lukas Jakubczyk zeigte mit der Junioren-WM-Norm auch schon, dass er weit springen kann. Christian Kaczmarek hat sich leider verletzt, ihm wünsche ich auf diesem Weg alles Gute. Das Schlechteste wäre für mich wirklich, wenn nur ich alleine vorneweg springen würde.
leichtathletik.de
In der Hallensaison hatten Sie viele Sprünge um 7,80 und 7,90 Meter. Ist es jetzt die ultimative Maßgabe, die Acht konstant vor dem Komma zu haben?
Nils Winter:
Ganz genau. Ich will nicht nur auf den bekannt guten Anlagen acht Meter springen, sondern auch mal international oder bei den Deutschen Meisterschaften. Bei guten Bedingungen traue ich mir das durchaus zu. Es ist gut, dass die Frühform da ist. Ich wusste, dass ich nur bis zum 11. Juli Zeit habe, mich für Olympia zu qualifizieren. Deshalb wollte ich früh in die Saison einsteigen. Wenn ich jetzt an Pfingsten bei den nächsten Wettkämpfen in Bad Camberg oder Wesel die A-Norm schaffen würde, gäbe mir das sehr viel Sicherheit und die Möglichkeit, das Training besser zu steuern, anstatt der Norm hinterher zu springen.
leichtathletik.de:
Die 8,11 Meter von Garbsen könnten Ihnen aber angesichts der DLV-Nominierungsrichtlinien bereits als bester Deutscher für die Olympiateilnahme reichen. Wie sehr beruhigt das? Oder gibt es bei Ihnen doch noch Angst vor der deutschen Konkurrenz?
Nils Winter:
Das ist ein kleiner Schritt Richtung Olympia. Ich habe die B-Norm erfüllt, darüber freue ich mich. Wir haben aber erst Mai. Peter Rapp, der mich bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften geschlagen hat, und Stephan Louw, der auf die deutsche Staatsbürgerschaft hofft, sind noch gar nicht eingestiegen. Man weiß nicht, wo diese beiden stehen. In Garbsen hatte ich einen guten Tag. Andere Springer werden auch noch einen guten Tag haben. Mit den 8,11 Metern kann ich mir bestimmt noch nicht sicher sein. Ich hoffe aber, dass ich mich national behaupten und in eine gute Position für Athen bringen werde. Dafür will ich erst einmal die guten, kleinen Wettkämpfe und Springer-Meetings bestreiten. Dann kommen das DLV-Meeting in Erfurt, hoffentlich der Europacup und die Deutschen Meisterschaften. Ich plane je nach Qualifikationsstand aber durchaus, auch international zu starten.
leichtathletik.de:
Vielen Dank für das Gespräch.