Noch 100 Tage - Sorge und Vorfreude in London
Am Mittwoch (18. April) sind es noch genau 100 Tage bis zum Auftakt der 30. Olympischen Sommerspiele in London (Großbritannien). Sicherheits- und Verkehrssystem stehen vor gewaltigen Herausforderungen in der Acht-Millionen-Stadt, die als erste in der Welt ihre dritten Spiele erlebt.
Wenn Königin Elisabeth II. in 100 Tagen die 30. Olympischen Sommerspiele eröffnen wird, sollen alle Sorgen für einen Moment vergessen sein. Die britische Metropole London, die nach 1908 und 1948 als erste Stadt der Welt die dritten Olympischen Spiele erlebt, will vom 27. Juli bis 12. August die "größte Show auf Erden" bieten.Dass Sicherheits- und Verkehrssystem vor Zerreißproben stehen, ist schon lange klar. Trotz Dementis drohen auch die Kosten auszuufern, und bei den Londonern steigt der Unmut über die Spiele: Viele haben keine Tickets erhalten und entfliehen lieber dem drohenden Verkehrsinfarkt.
Umfassende Sicherheitsvorkehrungen
„Unsere Experten haben alles im Griff. London ist während Olympia eine sichere Stadt", sagt Lord Sebastian Coe auch an die Adresse der 500.000 erwarteten Gäste. Der Chef des Organisationskomitees LOCOG baut auf die eng vernetzten Behörden und rund 23.700 Sicherheitskräfte, darunter 13.000 Soldaten.
Scotland Yard und alle Geheimdienste sind involviert. Ein Kriegsschiff wacht auf der Themse, auf einem Flughafen nahe London sind Eurofighter einsatzbereit. Premierminister David Cameron spricht von der "größten Sicherheitsoperation auf britischem Festland in Friedenszeiten".
Sorge und Unmut der Londoner
Dennoch haben viele den Schock des Terroranschlages vom 7. Juli 2005 im Hinterkopf, als 52 Menschen in U-Bahn und Bussen starben. Im Sommer 2011 versagte die Polizei im Umgang mit den Jugend-Krawallen.
"Vorfälle aus der Vergangenheit lassen nicht auf Gefahren für die Zukunft schließen", sagt Thomas Bach. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) vertraut generell dem Team von Sebastian Coe: "Mein Freund Sebastian hat ein gutes Konzept, eine Verbindung aus Tradition und Innovation, das wird auch bei der Jugend Begeisterung auslösen."
Doch sichere Spiele kann niemand garantieren. Aus Angst vor neuen Konflikten muss ein Großteil der Pubs zum Ärger vieler während der Spiele bereits um 23.00 Uhr schließen. Das Vertrauen in die Sicherheitskräfte wurde nicht gerade erhöht, als Londoner Zeitungen berichteten, bei Sicherheitstests sei es schon zweimal gelungen, Sprengstoff vorbei an den Kontrollen auf das Olympia-Gelände zu schmuggeln.
Immense Kosten
Die Kosten für die Sicherheit schnellten auf 1,2 Milliarden Euro. Und mit ihnen droht das Budget der Spiele von 9,3 Milliarden Pfund (11,25 Mrd. Euro) auszuufern. Das über den Olympia-Etat wachende Public Accounts Committee geht davon aus, dass dieses auf 11 Milliarden Pfund (13,3 Mrd. Euro) steigen werde. Doch zuletzt erhielt IOC-Präsident Jacques Rogge vom LOCOG die Zusicherung, "dass das Budget bei 9,3 Milliarden britischen Pfund bleibt".
Allein 6,5 Milliarden Pfund (7,8 Mrd. Euro) wurden außerhalb des Olympia-Budgets in die Modernisierung der ältesten U-Bahn der Welt investiert. Sie muss das Gros der Verkehrsbelastung tragen. Obwohl Londons Bürgermeister Boris Johnson von der "größten Show der Erde in der tollsten Stadt der Welt" spricht - das Straßennetz der britischen Hauptstadt stammt aus vergangenen Zeiten. Und es wird noch zusätzlich belastet, weil das IOC auf vielen wichtigen Straßen eine Extra-Spur für die Olympische Familie einrichten lässt. Grund genug für 10.000 der 25.000 Taxifahrer, bei Olympia ihren Dienst einzustellen.
Austragungsstätten bereits olympiareif
Positiv ist dies: Anders als bei etlichen anderen Olympia-Städten zuvor erklärte das IOC die Anlagen bereits ein Vierteljahr vor dem Wettstreit der rund 10.500 Athleten für "olympiareif". Bei den laut Sebastian Coe "nachhaltigsten und grünsten Spielen der Geschichte" kämpfen an 16 Tagen Sportler aus voraussichtlich 205 Ländern (olympischer Rekord) in 26 Sportarten und 302 Disziplinen um Medaillen.
Der Ärger für viele Londoner ist, dass sie ihre favorisierten Wettkämpfe nicht sehen können. Denn 20 Millionen Anfragen stehen nur sechs Millionen Karten gegenüber. In ihrer Not erstanden Olympiafans im von Pannen übersäten Vorverkauf Tickets für irgendwelche Wettbewerbe. 1.000 Leute orderten Karten für das Synchronschwimmen, doch die Plätze waren doppelt vergeben worden. Am Ende wurden sie zu Glückspilzen: Als Wiedergutmachung erhielten sie Karten für das 100-Meter-Finale der Leichtathletik, einen Höhepunkt der Spiele.
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)