Norm wichtiger als Titel über 800 Meter
800 Meter-Rennen laufen meist in zwei Ausprägungen ab, betont schnell auf eine gute Zeit ausgerichtet oder taktisch auf Platzierung laufend. Bei den Deutschen Meisterschaften am Wochenende (5./6. Juli) in der Frankenmetropole Nürnberg gilt es für die deutschen Asse über die zwei Stadionrunden eine gemeinsame Strategie zu finden, die Schnelles ermöglicht ist, denn noch hat keiner der Läufer die Norm (1:45,50 min) für die Olympischen Spiele in Peking (China) erfüllt.
„Der Titel ist mir nicht so wichtig, wenn wir schnell genug sind“, formulierte daher Robin Schembera im Vorfeld seine Vorgaben für die Titelkämpfe. Der Leverkusener war nach seinem Rennen am vergangenen Samstag in Biberach ein wenig ratlos im Zielbereich gestanden.In 1:45,66 Minuten stürmte der 800-Meter-Läufer mit persönlicher Bestzeit zu Platz zwei hinter keinem Geringeren als Olympiasieger Yuriy Borzakovskiy (Russland), doch die Norm von 1:45,50 Minuten für die Olympischen Spiele war damit ein weiteres Mal verfehlt.
Nicht frei im Kopf
Vor Biberach war der „Kopf nicht ganz frei“, Unbekannte schlugen im heimischen Leverkusen zwei Tage vor dem Meeting-Start die Scheibe seines Wagens ein und klauten das Navigationssystem. Aus einem Skoda und nicht einem Porsche, wie Stadionsprecher Wolf-Dieter Poschmann geflachst hatte, fügte Robin Schembera hinzu.
Die mehr als vier Zehntel Verbesserung der eigenen Hausmarke machten Robin Schembera dennoch nicht glücklich, zu sauer war er über die knapp verpasste Norm. „Das ist echt tragisch. Das ist nur so viel“, verdeutlichte er mit seinen Händen, die sich dabei fast berührten. Denn er weiß, dass die Chancen, sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren, gesunken sind.
Die besten Läufer im Vorlauf
Die Richtlinien fordern von den 800-Meter-Läufern, die Norm von 1:45,50 Minuten zweimal zu erbringen. Am kommenden Wochenende bei den Deutschen Meisterschaften soll daher nichts unversucht bleiben, diesen Wert anzugreifen. Die besten 800 Meter-Läufer werden bereits im Vorlauf aufeinander treffen, hat Jürgen Mallow, der Cheftrainer im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), angekündigt. Hier könnten sie frei von Platzierungsdenken eine schnelle Zeit anpeilen, die im Idealfall unter der Norm liegt.
Pläne, die auch Robin Schembera umtreiben. Gemeinsam mit René Herms (LG Eintracht Frankfurt), der zuletzt in Biberach eine bessere Verfassung (1:45,82 min) bewies, und Sydney-Olympiasieger Nils Schumann (Erfurter LAC) wollte er sich dieser Tage zusammensetzen, um in einem Gespräch die Weichen für eine Normjagd zu stellen.
Letzte Ausfahrt Heusden
Denn sollte in Nürnberg die erste Norm fallen, bleibt noch eine weitere Option, den Sack zuzumachen. Im belgischen Heusden erhalten die DLV-Läufer, die Zustimmung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) vorausgesetzt, am 20. Juli die Möglichkeit, einen allerletzten Angriff auf die Olympiahürden zu nehmen, vor der endgültigen Nominierung des Teams für Peking.
Weitere 800 Meter-Fragen, die ihre Antwort im EasyCredit-Stadion in Nürnberg suchen, stehen momentan noch im Hintergrund, werden sich aber in Kürze aufdrängen, auch weil im letzten Jahr Moritz Höft (LG Nord Berlin) überraschend das sechsjährige Titel-Abo von René Herms beendete. Siegt Robin Schembera, nachdem er in der Halle bereits seinen ersten Titel bei den Aktiven gewann, nun auch im Freien bei den Erwachsenen?
Oder Kann René Herms, der von sich sagt, an einem guten Tag jeden in Deutschland schlagen zu können, in die Erfolgsspur zurückkehren und zum siebten Mal die oberste Stufe des Podiums erklimmen? Sorgt Nils Schumann für einen Überraschungscoup und trägt sich seit 2000 erstmals in die Siegerliste bei Deutschen Meisterschaften ein? Oder gibt es gar wieder einen Meister, den bis jetzt noch keiner auf dem Zettel hat? Zweimal zwei Stadionrunden sind notwendig, ehe in Nürnberg die Antworten feststehen.
Deutsche Meisterschaften in Nürnberg