Norman Müller – Ein ganz normaler Jung mit Talent
Norman Müller, Teilnehmer des zweijährigen Workshop-Programms der ReiseBank-Akademie, blickt zufrieden auf die gelaufene Saison 2004 zurück. Er hat allen Grund dafür, denn zu seinem Saisonhöhepunkt im Juli, der Junioren-WM im italienischen Grosseto, war er topfit. 7.942 Punkte bedeuteten nicht nur neue persönliche Bestleistung, sondern auch die Bronzemedaille für den jungen Zehnkämpfer von den Halleschen Leichtathletik-Freunden.
Norman Müller startete in Grosseto zum Medaillenerfolg (Foto: Möldner)
"Ich habe meine Bestmarke vom Vorjahr um insgesamt 608 Punkte übertroffen", freut er sich über seine Leistungssteigerung. Zwei Zehnkämpfe bestritt er in diesem Jahr, zweimal konnte er seine Hausmarke steigern. Im Mai bei dem Mehrkampf-Cup in Rostock überbot er die geforderte Norm für die Junioren-WM (7.200 Punkte) mit erreichten 7.776 Punkten bereits sehr deutlich. Zwei Monate später bei der Medaillenjagd in der Toskana konnte der 19-jährige noch einen drauf setzen und sich damit den Podestplatz sichern. Familie ist sehr wichtig
Norman Müller ist ein Familienmensch. Seine Eltern und sein 10-jähriger Bruder sind ihm sehr wichtig. Sie unterstützen ihn mental und geben ihm Rückhalt, wenn es mal nicht so gut läuft im Sport. Wenn es für ihn "ernst" wird, dürfen sie jedoch nicht dabei sein. "Ich verbiete meinen Eltern, bei meinen Wettkämpfen dabei zu sein. Ich hätte sonst immer ein schlechtes Gewissen, da ich mich in dieser Zeit nicht um sie kümmern kann", so der Wahl-Hallenser, der durch diese Sorge seine nötige Konzentration gefährdet sieht. "Meine Mutter hat mich noch nie live bei einem Wettkampf gesehen. Sie kennt das nur von Videos."
Auch während der Woche muss der gebürtige Eislebener auf sein vertrautes Umfeld zu Hause verzichten, denn seit 1997 wohnt er in Halle im Sportinternat. Im nächsten Jahr möchte er sein Abitur machen und anschließend eine Ausbildung beim Bundesgrenzschutz oder als Bankkaufmann beginnen.
Trainingsgruppe hat sich verlaufen
Vor zwei Jahren erfolgte der sportliche Wechsel vom SSV Eisleben zu den Halleschen Leichtathletik-Freunden. Unter der Leitung seines Trainers Wolfgang Kühne trainierte er bis vor kurzem in einer fünfköpfigen Gruppe, der neben weiteren Mehrkämpfern auch EM-Teilnehmer Sebastian Knabe angehörte. "Zur Zeit bin ich leider der Einzigste, der noch übrig ist. Durch Studium oder auch aus anderen Gründen sind meine Trainingspartner nicht mehr hier in Halle", bedauert Norman Müller.
Die Wochentage des 1,95 Meter großen und 85 Kilogramm schweren Athleten sind vollgepackt. Die Schule beginnt um 7 Uhr. Das erste Training findet von 10 bis 12.30 Uhr statt. Zwischen 13 und 16.35 Uhr wird wieder die Schulbank gedrückt, bevor um 17 Uhr ein weiteres zweistündiges Training beginnt. In Anschluss daran stehen Hausaufgaben auf dem Programm. In seiner Freizeit setzt er sich ganz gerne mal vor den Fernseher, geht ins Kino oder mit seinen Freunden aus.
Leichtathletik nur als Notlösung
Norman Müller kam nur durch Umwege zur Leichtathletik. "Eigentlich wollte ich zur Selbstverteidigung Karate lernen. Aber leider wurden in Eisleben keine Kurse angeboten. Eine Freundin nahm mich dann einfach mal mit zur Leichtathletik. Ich wusste anfangs gar nicht, was das eigentlich ist", beschreibt er seinen mehr oder weniger zufälligen Einstieg in diese Sportart. Im Training zeichnete sich dann schnell ab, dass er Talent für viele Disziplinen hatte. "Meine Leistungen waren in allen Bereichen ausgeglichen. Um das Richtige für mich herauszufinden und um mich weiterzuentwickeln, trainierte ich zunächst in Richtung Mehrkampf. Hier bin dann letztendlich hängen geblieben", so der Zehnkämpfer über den Weg zur Königsdisziplin in der Leichtathletik.
"Wenn ich weiterhin verletzungsfrei bleibe, dann möchte ich auf jeden Fall 2005 bei den U23-Europameisterschaften in Erfurt dabei sein", erzählt der sympathische junge Mann über die sportlichen Pläne für die kommende Saison, bei den Titelkämpfen strebt er auf alle Fälle einen Platz unter den "Top 10" als sein persönliches Ziel an. Etwas vorsichtiger liebäugelt er mit den Weltmeisterschaften in Helsinki bei "den Großen". "Bei einer Leistungsexplosion und einer gleichbleibenden Norm von 8.000 Punkten", hofft er hier auf eine mögliche Teilnahme.
Zuerst keine Lust auf ReiseBank-Akademie
Ganz freiwillig hat sich Norman Müller nicht bei der ersten ReiseBank-Akademie für Nachwuchsathleten beworben. Vielmehr nur deshalb, um seine Mutter zufrieden zu stellen. "Mir ist erst im ersten Seminar richtig bewusst geworden, was dies eigentlich bedeutet und beinhaltet. Ich war sehr positiv überrascht", freut er sich, dass seine Mutter ihn überreden konnte.
Als Mehrkämpfer hatte er vorher nicht die Möglichkeit, seine fünf Akademiekollegen bei Wettkämpfen zu treffen. Doch die neuen Gesichter sind ihm mittlerweile sehr vertraut. "Wir haben uns gut kennen gelernt und sind Freunde geworden". Gebracht haben ihm die beiden bisherigen Veranstaltungen schon einiges. "Ich habe zum Beispiel etwas erfahren über mentales Training und über Methoden, um Ängste auszublenden".
Glücksbringer, Glücksstrümpfe, Glücksunterhose
Im nächsten Workshop wird es unter anderem einen Tanzkurs geben und einen Knigge-Benimmkurs. Das kommt Norman Müller ganz gelegen, denn so ist er für den anstehenden Abi-Ball im nächsten Jahr gut vorbereitet.
Sehr ausgeprägt ist übrigens der Aberglaube des Athleten. Neben sechs Glücksbringern hat er auch Glücksstrümpfe und eine Glücksunterhose, die er bei erfolgreichen Wettkämpfen getragen hat. Sich selbst bezeichnet er als locker und zielstrebig und als ziemlich gelassen. Über seine sportliche Begabung äußert er sich sehr bescheiden: "Ich bin ein ganz normaler Jung, der ein bisschen Talent zum Mehrkampf hat und immer ganz fleißig am trainieren ist". Und wo er Recht hat, hat er Recht!