"Ohne Reibung bekommen Perlen keinen Glanz"
Die Berliner Hochspringerin Meike Kröger (LG Nord Berlin) übersprang im letzten Winter beim Cottbuser Springer-Meeting die Norm für die Hallen-WM in Doha (Katar) und wenige Wochen später bei der Hallen-DM in Karlsruhe in einem packenden Duell mit Ariane Friedrich (LG Eintracht Frankfurt) erstmals die magische Zwei-Meter-Marke. Ihr langjähriger Trainer Jan-Gerrit Keil weiß um ihre Stärken und Schwächen und um die besondere Herausforderung von der Doppelbelastung zwischen Studium und Leistungssport.
Meike Kröger gelingt der Spagat zwischen Studium und Hochleistungssport (Foto: Chai)
Im Interview mit Felix Baddack nannte der Diplom-Psychologe und Hochsprung-Trainer, der begeisterter Hobbykletterer ist, unter anderem Krögers Stärken und Schwächen sowie die Saisonziele für 2011. Beim Cottbuser Springer-Meeting am 26. Januar will Meike Kröger dabei sein - vorausgesetzt ihre Uni-Präsentation am gleichen Tag läuft gut. Welche Stärken und Schwächen hat Meike Kröger?
Jan-Gerrit Keil:
Meike ist überaus stressresistent und sehr belastungsverträglich. Dazu kommt, dass sie zielstrebig ist und sich sehr gut alleine beim Training quälen kann, auch wenn man nicht dahinter steht, zu dem lebt sie von ihrer Sprungkraft. Meike hat gegenüber anderen Weltklassespringerinnen turnerische Defizite, derzeit arbeiten wir zweimal die Woche bei der Spezialtrainerin Brigitta Sandow und Meike macht große Fortschritte.
Laufen die Trainingseinheiten immer reibungslos?Jan-Gerrit Keil:
Meike trainiert zum Teil alleine, im Einzeltraining bei mir und auch in einer Gruppe von vier anderen Hochspringern, was sehr wichtig für das soziale Miteinander ist. Insofern ist die Sache für uns beide immer wieder abwechselnd. Sie ist eine autonome Athletin und ein interessierter Diskussionspartner. Durch ihr Architekturstudium und ihr Wissen um Statik und Physik versteht sie die biomechanischen Zusammenhänge selbst sehr gut, so dass wir gemeinsam um die Sache und Suche nach optimalen Lösungsstrategien streiten. Letztlich geht es beim Techniktraining immer um die Suche nach Perfektion. Ohne Reibung bekommt eine Perle keinen Glanz, besagt ein Sprichwort, aber das geht alles moderat!
Coole Posen auf ihrer Homepage - gehört das zum Erfolg dazu?
Jan-Gerrit Keil: Meikes Auftritt in der Öffentlichkeit ist so, wie man es von einer Architekturstudentin erwarten darf, natürlich geht es bei ihrer Homepage auch um Ästhetik und Perfektion, genauso wie im Sport oder im Studium. Aber das passt zu ihr und entspricht ihrem Typ. Meike würde niemals Dinge in der Öffentlichkeit tun, hinter denen sie nicht steht. Sie wählt ihre Termine mit ihrem Management sehr gut aus. Ich bin als Trainer froh, auf diesem Gebiet entlastet zu sein und sie in guten Händen zu wissen.
Wie klappt die Doppelbelastung durch Studium und Leistungsport?
Jan-Gerrit Keil: Ich kann mir kaum vorstellen, Athleten zu trainieren, die nur auf die Karte Sport setzen. Das geht vielleicht im Fußball, Motorsport oder Golf. Ich möchte meinen Athleten auch nach der Sportkarriere noch in die Augen sehen können, ohne mir vorwerfen lassen zu müssen, ich hätte ihre berufliche Laufbahn verzögert oder gehemmt. Ich habe gerade eine junge 1,84 Meter-Springerin aus der Pfalz in meine Trainingsgruppe in Berlin aufgenommen. Bedingung war, dass sie ein Studium (in dem Falle der Psychologie) in Berlin aufnimmt. Die anderen in der Trainingsgruppe studieren Medizin, Sport und Theologie. Das macht das Training viel entspannter, wenn die Athleten sich auch etwas aus der Uni zu erzählen haben und sich wirklich noch auf die Einheit freuen, weil es eine Abwechslung in ihrem Alltag darstellt. Hochsprung ist keine Disziplin für Denkfaule, da findet einfach vieles im Kopf statt.
Welche Ziele sind für die WM-Saison 2011 anvisiert?
Jan-Gerrit Keil: Meike ist die zwei Meter zwei Jahre früher gesprungen als geplant. Solche Extraklasseleistungen sind nicht am laufenden Meter reproduzierbar. Man muss im Training dazu in absolute Grenzbereiche gehen und das bedeutet, in einem fairen dopingfreien Sport auch Verletzungspausen zu riskieren und hinzunehmen. Ohne Grenzüberschreitung wird man sich nicht verbessern. Der Mensch ist keine Maschine und verbessern kann man sich immer. Es gibt so viele Baustellen, da zählt nicht nur die absolute Höhe, derzeit geht es zum Beispiel um das Turnen und das Erlernen neuer Übungen zur Verbesserung der Sprungkoordination. Wenn alles klappt, kann der Körper dann in ein bis zwei Jahren auf die gemachten Lernerfahrungen zurückgreifen.