Oliver Koenig - Alte Liebe rostet nicht
Oliver Koenig sattelt um. Der Weitspringer vom LAZ Leipzig wird sich künftig nur noch auf den Sprint konzentrieren. Seit Jahren liebäugelt der 26-Jährige, der mit Bestleistungen von 10,32 Sekunden über 100 Meter und 20,98 Sekunden über 200 Meter aufwarten kann, damit, wieder die Sprintspikes zu schnüren. Erfahren Sie mehr im Interview…

Oliver Koenig:
Ehrlich gesagt läuft alles momentan ziemlich durchwachsen. Privat bin ich gerade auf Jobsuche, da ich mein Studium in Anglistik und Germanistik beendet habe. Ich suche einen Job, der mit dem Sport gut zu vereinbaren ist und das gestaltet sich leider sehr schwierig. Sportlich kann ich nach einer Knieoperation momentan nur Rehatraining absolvieren.
Wie haben Sie das letzte Jahr sportlich erlebt? Welche Eindrücke hat die vergangene Saison bei Ihnen hinterlassen?
Oliver Koenig:
Ich bin natürlich mit meinen Leistungen der vergangenen Saison nicht zufrieden. Ich habe mir schon im Dezember 2006 bei einer Kraftdiagnostik eine Knieverletzung im Sprungbein zugezogen, die mich eigentlich die gesamte Saison über gehemmt hat. Trotz Schmerzen habe ich weiter trainiert und mich von Wettkampf zu Wettkampf geschleppt, weil ich unbedingt zur WM nach Osaka wollte. Eine Woche nach den Deutschen Meisterschaften in Erfurt musste ich dann die Saison abbrechen. Eine Kernspintomographie hat schließlich ergeben, dass bei mir ein Knorpelschaden vorliegt. Ich musste mich einer Arthroskopie unterziehen, bei der der Knorpel unter der Kniescheibe geglättet wurde. Im Grunde habe ich bei den Wettkämpfen im Sommer mein Knie wohl unbewusst geschont, so dass keine besseren Weiten herauskommen konnten.
Stimmt es, dass Sie nun weg vom Weitsprung und sich ganz auf den Sprint konzentrieren möchten?
Oliver Koenig:
Ja das ist richtig. Ich war ja eigentlich schon immer ziemlich schnell. Mein alter Trainer hat das größere Potential bei mir allerdings im Weitsprung gesehen, so dass ich irgendwann nur noch Weitsprung gemacht habe. Idriss Gonschinska, mein jetziger Trainer in Leipzig, hat schon immer gesagt: „Olli, Du bist Sprinter und kein Springer!“
Wie und wann ist es zu dieser Entscheidung gekommen?
Oliver Koenig:
Im Grunde kämpfe ich ja schon länger mit dieser Entscheidung, mich voll und ganz auf den Sprint zu konzentrieren. Meine Knieverletzung hat dabei nur den letzten Ausschlag gegeben. Nach der vergangenen Saison habe ich mich mit meinem Trainer zusammen entschlossen, den Weitsprung ad acta zu legen.
Sie kommen ja vom Sprint? Ist da eine alte Liebe wieder entfacht?
Oliver Koenig:
Das kann man schon so sagen. Ich habe immer schon sehr gerne Wettkämpfe über 100 und 200 Meter bestritten. 2003 war ich immerhin DM-Fünfter über 100 Meter. Eigentlich würde ich beide Disziplinen ja am liebsten verbinden. Leider bin ich sehr verletzungsanfällig und von daher sollte ich mich doch eher auf eine Sache konzentrieren und froh sein, wenn es dann damit gut klappt. Alles andere wäre unprofessionell.
Sie waren in den letzten Jahren häufig verletzt. Hat Ihre Entscheidung auch etwas damit zu tun? Haben Sie sich sozusagen aus der Not heraus dazu entschieden?
Oliver Koenig:
Nein, der Sprint ist keineswegs eine Notlösung, weil mein Körper den Weitsprung nicht verkraftet. Die Verletzung dieses Jahr war nur der Auslöser. Die Überlegung, ganz auf den Sprint zu setzen, ist schon länger da gewesen.
Was versprechen Sie sich von diesem Disziplinwechsel?
Oliver Koenig:
Es ist für mich in erster Linie eine neue Herausforderung. Ich bin gerade dabei, mich beruflich neu zu orientieren. Warum sollte ich das nicht auch sportlich versuchen? Ich bin guter Dinge und voller Energie. Allerdings muss ich mich mit meinem Knie noch etwas gedulden, bis ich so richtig ins Training einsteigen kann. Bis dahin stehen Aquajogging und Rehabilitation auf dem Trainingsplan.
Rechnen Sie sich Chancen auf einen Staffelplatz vielleicht schon zu Olympia 2008 aus?
Oliver Koenig:
Ich möchte in Peking sowohl in der Staffel, als auch über 200 Meter dabei sein. Die Norm über 200 Meter steht bei 20,45 Sekunden. Wenn man bedenkt, dass ich meine Bestzeit von 20,98 Sekunden ohne spezielles 200-Meter-Training erreicht habe, ist diese Vorgabe auch nicht ganz utopisch.
Wollen Sie sich auf die 100 Meter oder eher auf die längeren Sprintstrecken konzentrieren?
Oliver Koenig:
Ich denke, dass das größere Potential bei mir eher auf den 200 Metern liegt. Ich möchte, besonders im Hinblick auf die Staffel, die 100 Meter aber nicht vernachlässigen.
Werden Sie für ihr Vorhaben auch den Trainer wechseln?
Oliver Koenig:
Auf keinen Fall möchte ich den Trainer wechseln. Idriss Gonschinska hat mich ja schließlich gewissermaßen zu meiner neuen Sprinterkarriere überredet. In der vergangenen Saison hatten wir manchmal Probleme, weil er mit Thomas Blaschek viel unterwegs war. Ich musste deshalb bei einigen Wettkämpfen alleine zurechtkommen, was im Weitsprung ziemlich problematisch ist. Auch das wird sich ab sofort ändern, weil wir bei den meisten Wettkämpfen zusammen sein werden, und weil ich im Sprint auch nicht so viel Betreuung beim Wettkampf benötige.
Wie haben Sie bisher trainiert und was wollen Sie verändern, vielleicht auch um Verletzungen zukünftig zu minimieren?
Oliver Koenig:
Es wird sich voraussichtlich nicht sehr viel ändern. Die Weitsprungeinheiten und viele weitere Sprünge fallen weg, was für mich und meinen Bewegungsapparat natürlich auch eine Belastungsreduzierung bedeutet. Dadurch bin ich wieder belastungsfähiger und wir können intensiver trainieren.
Ist der Wechsel zum Sprint ein Wechsel auf Zeit? Wollen Sie irgendwann wieder Weitspringen?
Oliver Koenig:
Ich mache das sehr stark davon abhängig, wie die nächste Saison verläuft. Allerdings darf ich natürlich nicht ungeduldig werden, denn der Organismus braucht auch Zeit, um sich an neue Belastungen anzupassen. Ich möchte eigentlich in jedem Fall bis zur WM in Berlin 2009 beim Sprint bleiben. Bis jetzt habe ich noch nicht darüber nachgedacht, wieder weit zu springen.
Werden Sie in Leipzig bleiben oder streben Sie für diesen Neuanfang auch einen Vereinswechsel an?
Oliver Koenig:
Ich werde nicht den Verein wechseln, auch wenn die Vertragsverhandlungen beim LAZ Leipzig nach meinen Leistungen 2007 für mich wohl nicht besonders gut laufen werden. Falls ich deutlich weniger Geld bekommen sollte, als letztes Jahr, muss ich mein Leben finanziell auch erst einmal neu orientieren. Dann muss man abwarten, wie viel Zeit mir dann noch für Training und trainingsbegleitende Maßnahmen bleibt.
Planen Sie eine Hallensaison?
Oliver Koenig:
Wir machen das von dem Heilungsverlauf meines Knies abhängig. Grundsätzlich haben wir dieses Jahr keine Hallensaison geplant. Sollte sich mein Knie im Dezember und Januar allerdings gut entwickeln, kann ich mir vorstellen, gegen Ende der Saison ein bis zwei Wettkämpfe zu bestreiten.
Wie sehen Ihre Pläne und Ziele für die nächsten Jahre aus?
Oliver Koenig:
Meine erklärten Ziele sind die Olympischen Spiele in Peking und die WM im eigenen Lande. Wenn ich das im Sprint erreichen kann, dann habe ich alles richtig gemacht.