Oliver Koenig nach Burnout auf Olympiakurs
Leistungssport bei Arbeitswochen von bis zu 70 Stunden: 2011 war kein leichtes Jahr für Oliver Koenig (LG Stadtwerke München). Trotzdem erzielte der Weitspringer mit 8,07 Metern eine neue Bestleistung. Doch die Doppelbelastung war zu groß: Im Januar erhielt er die Diagnose Burnout. Das war der Punkt, an dem Oliver Koenig sein Leben neu sortierte. Jetzt heißt sein Ziel Olympia und alles muss sich diesem Traum unterordnen.
Als Oliver Koenig (LG Stadtwerke München) im Februar 2011 seine neue Arbeitsstelle antrat, wirkte alles perfekt. Als Projektmanager und Redakteur in einer Agentur für Online-Marketing sicherte ihm sein sportbegeisterter Chef Arbeitszeiten von 9 bis 18 Uhr zu. Doch schnell weitete sich der Umfang aus. „Ich habe den Punkt verpasst, nein zu sagen“, berichtet Oliver Koenig. „Ich war auch in meiner Arbeit zu ehrgeizig und hatte den Anspruch, sie richtig gut zu machen.“Arbeitswochen von 50 bis 60 Stunden waren bald keine Ausnahme mehr, sondern die Regel. Trainieren konnte der Weitspringer deshalb nur noch früh morgens. Ab zehn Uhr saß er auf seinem Bürostuhl und blieb dort bis neun, zehn, oft auch elf Uhr abends. Nicht nur das Privatleben litt, es stellten sich auch körperliche Probleme ein. Vor allem die Schlafstörungen belasteten ihn: „Ich konnte nur noch mit Schlafmitteln Ruhe finden.“
Januar 2012: Diagnose Burnout
Trotzdem sprang Oliver Koenig im Sommer 8,07 Meter. Doch im Herbst, als die Wettkampfsaison beendet war und seine Arbeitsstelle noch mehr Einsatz forderte, ging es nicht mehr weiter. „So etwas kann man nicht lange machen“, sagt er. Es kam zu geistigen Blackouts und der sonst so kommunikative Typ zog sich aus dem sozialen Leben zurück.
Schließlich war es der Hausarzt, der im Januar Stopp sagte. Seine Diagnose lautete Burnout. Es folgte die sofortige Krankschreibung und drei Mal pro Woche Psychotherapie. Plötzlich hatte Oliver Koenig wieder Zeit, sich Gedanken zu machen. Über sich, seine Zukunft, sein Leben als Leistungssportler. „Was ist wichtig für mich?“, fragte er sich. Und klar formulierte sich eine Antwort in ihm: „Ich will zu den Olympischen Spielen nach London!“
Die Weichen werden gestellt
Es mag verfrüht erscheinen, sich nach einem Burnout ein so hohes Ziel zu stecken. Aber der 31-Jährige hat erkannt: „Das ist vielleicht meine letzte Chance.“ Und gleichzeitig: „Ich dachte mir: Wenn ich unter den schlechten Bedingungen des letzten Jahres 8,07 Meter gesprungen bin, dann kann ich unter guten Bedingungen durchaus die Olympianorm von 8,20 Metern erreichen.“
Doch erst einmal ging es darum, diese guten Bedingungen zu schaffen. Oliver Koenig nahm im März seinen Jahresurlaub, um effektiv zu trainieren. Außerdem suchte er den Kontakt zum DLV, um Unterstützung zu erhalten. Es verstrichen wertvolle Wochen, doch inzwischen ist Oliver Koenig glücklich: „Seit 16. April bin ich Bundeswehrsoldat auf Wehrübung, freigestellt zum Training. Ich beziehe weiterhin mein Gehalt und kann optimal trainieren.“
Olympia - nichts anderes zählt
Für den Münchner sind das ersehnte Bedingungen, er hat wieder genügend Zeit für den Leistungssport. „Ich trainiere zehn bis elf Mal die Woche, nun sind auch regenerative Einheiten und Physiotherapie möglich. Mental fühle ich mich schon wieder fit.“
Oliver Koenig ist nur bis 4. Juli freigestellt. Ist er bis dahin die Norm von 8,20 Metern gesprungen, verlängert sich sein Engagement bei der Bundeswehr bis zum 14. August. Ansonsten befürchtet er, dass er seine Karriere wohl beenden wird. Zwar hält er es generell für möglich, Arbeit und Hochleistungssport zu verbinden, doch nicht unter den Umständen, mit denen er sich konfrontiert sieht.
Die Unterstützung kam für Oliver Koenig spät. „Aber sie kam noch nicht zu spät“, zeigt er sich optimistisch. Nun ordnet er alles seinem Traum von Olympia unter. Er trainiert zielgerichtet, beschäftigt sich mit Ernährungswissenschaften, hat inzwischen drei Kilo abgenommen und richtet seine gesamte Tagesstruktur auf Olympia aus. Denn alles andere als eine Teilnahme in London (Großbritannien) wäre eine Enttäuschung.