| Interview der Woche

Olivia Fromm: "Die 70 Meter waren schon krass"

Mehr als fünf Meter weiter als bisher: Olivia Fromm (LC Eilenburger Land) hat am Wochenende bei der Jugend-DM in Rostock für eines der Highlights gesorgt. Die 16-Jährige schleuderte als erste deutsche U18-Athletin überhaupt ihren Hammer über die 70-Meter-Linie. Nur die ukrainische U18-Europameisterin Valeriya Ivanenko (74,36 m) kam in der Altersklasse in diesem Jahr in Europa weiter. Im Interview berichtet die U18-EM-Teilnehmerin aus Chemnitz, wie sich ihr Rekordwurf angefühlt hat und was sie an ihrer Disziplin begeistert.
Pamela Ruprecht

Olivia Fromm, du hast bei der Jugend-DM in Rostock im ersten Versuch mit 70,10 Metern die deutsche U18-Bestleistung gebrochen. Kannst du den Rekordwurf aus deiner Sicht beschreiben?

Olivia Fromm:

Die Würfe im Einwerfen waren schon ziemlich weit, der erste Wurf landete bei 65 Meter, der zweite ging über 67 Meter. Ich bin mit einem sehr guten Gefühl in den Wettkampf gegangen und dachte mir, der erste Versuch wird bestimmt 66 Meter, wenn ich alles so mache wie im Einwerfen. Eigentlich hat sich der Wurf wie jeder andere angefühlt, wie ein sehr guter Wurf, aber nicht wie 70 Meter. Das war schon krass.

Als dein Hammer dann jenseits der 70-Meter-Marke eingeschlagen hat, hast du da gleich realisiert, wie weit der Wurf war? Und hast du es jemals für möglich gehalten, dass du die erste deutsche U18-Athletin bist, die diese Marke übertreffen würde?

Olivia Fromm:

Ich konnte vom Ring aus nicht sehen, wo der Hammer genau gelandet ist. Ich habe nur gesehen, dass er weit geflogen ist, aber nicht dass es über 70 Meter war. Ich habe schon gedacht, dass ich den deutschen Rekord dieses Jahr noch werfen kann, das war mein Ziel, aber so sicher war ich mir nicht. Ich war nach dem Wettkampf so baff und habe meinen Trainer erstmal gefragt, wo die 70 Meter herkommen. Er sagte, das kommt aus dir. 

Deine persönliche Bestleistung hast du um 5,27 Meter gesteigert. Was hast du denn im Training seit den U18-Europameisterschaften in Györ, wo du das Finale verpasst hattest, gemacht?

Olivia Fromm:

Ich war nach der U18-EM schon niedergeschlagen, weil ich nicht das abrufen konnte, was ich drauf hatte. Ich musste erst wieder ins Training reinfinden und habe zwei, drei Einheiten gebraucht, bis es wieder lief. Wir haben eigentlich nicht groß etwas verändert. Im Training habe ich so um die 65,66 Meter geworfen. So eine Weite hatte ich mir auch für die Deutschen ausgemalt. Über die 70 Meter freue ich mich sehr.

Die bisherige Rekordhalterin war ebenfalls im DM-Finale in Rostock dabei. Neele Koopmann hatte die deutsche U18-Bestleistung erst letztes Jahr auf 68,16 Meter verbessert und ist mit 62,62 Metern Dritte geworden. Was habt ihr für ein Verhältnis?

Olivia Fromm:

Wir haben ein freundschaftliches Verhältnis und verstehen uns auch gut. Neele hat sich auch gefreut für mich und hat mir gratuliert.

Bist du eher jemand, der im Training oder im Wettkampf weiter wirft?

Olivia Fromm:

Ich bin jemand, der vorher eine gute Trainingseinheit braucht, um sicher in den Wettkampf gehen zu können. Leider war die letzte Einheit vor Rostock eigentlich so lala, mit guten und schlechten Würfen. Aber nach dem Einwerfen dachte ich schon, dass das was werden kann. Wenn ich im Wettkampf aus den ersten Versuchen eine gute Weite stehen habe, dann mag das zwar so rüberkommen, als würde ich mich damit zufrieden geben, weil ich meistens nichts mehr draufpacken kann – aber ich gebe trotzdem weiter mein Bestes.

Was denkst, warum es bei der U18-EM nicht so gut gelaufen ist?

Olivia Fromm:

Ich kann das selber auch nicht sagen. Im Einwerfen hatte ich die direkte Quali-Weite schon übertroffen, aber dann ist der Hammer in den ersten beiden Versuchen im Netz gelandet. Nach den zwei Ungültigen musste ich den dritten auf Sicherheit machen. Ich war eigentlich nicht aufgeregt, aber nach zwei Ungültigen steht man schon unter Druck und will wenigstens eine Weite stehen haben. Diese hat leider nicht fürs Finale gereicht.

Du gehst aufs Sportinternat in Chemnitz, ein Wechsel aufs Gymnasium ist nach der mittleren Reife nächstes Jahr geplant. Bei deinem Coach Steve Schneider trainierst du während der Schulzeit mittlerweile sieben bis achtmal in der Woche, ihr fahrt auch oft ins Trainingslager. Wie bist du zum Hammerwerfen gekommen?

Olivia Fromm:

Ich habe bei einem kleineren Wettkampf ganz gut Kugel und Diskus gemacht. Meine damaligen Heimtrainer Ines und Gerald Voss wollten mich dann auf die Sportschule in Leipzig bringen, aber ich wurde wegen meiner zu kleinen Größe für das Kugelstoßen nicht genommen. Dann haben wir in Chemnitz angefragt und sind dort zum Stützpunkt gefahren. Dort hat Steve Schneider gemeint, ich solle doch mal ernsthaft Hammerwerfen probieren. Das hat mir gleich Spaß gemacht und ich habe 2016 auf die Sportschule gewechselt. Da habe ich dann auch richtig mit dem Hammerwerfen begonnen.

Was magst du an deiner Disziplin?

Olivia Fromm:

Ich brauche die Herausforderung einer technisch anspruchsvollen Disziplin. Das ist das, was ich so mag, den Perfektionismus. Hammerwerfen ist schon echt sehr technisch. Anders als zum Beispiel Sprinten, wo man 'nur' geradeaus rennt. Beim Hammerwerfen muss man den passenden Abwurfpunkt bei der schnellen Drehung finden.

Woran feilt ihr denn momentan, was kannst du noch verbessern? Und was sind deine Stärken?

Olivia Fromm:

Nach der U18-EM hat mein Abwurf nicht so gepasst. Daran feilen wir noch und auch an der ersten Drehung, dem Eingang in die Bewegung. Mein Stärken sind Schnelligkeit und Kraft. Mein Vorbild ist Betty Heidler.

Es geht jetzt für dich zwei Wochen in den Urlaub nach Wolmirsleben in Sachsen-Anhalt, dort betreust du junge Nachwuchswerfer in ihrem Trainingslager. Wie blickst du denn sportlich auf das kommende Jahr?

Olivia Fromm:

Nächstes Jahr ist die U20-EM in Schweden. Es ist mein Ziel wieder dort mitzufahren. Ich denke mit viel harter Arbeit schaffe ich das. Und dann will ich es auch ins Finale schaffen!

Mehr zur Jugend-DM:

<link news:64453>Olivia Fromm "hämmert" deutsche U18-Bestleistung

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