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Olympia-Chance: Nadine Hildebrand setzt auf Routine

Nach dem gelungenen Comeback in 13,04 Sekunden macht sich Hürdensprinterin Nadine Hildebrand (VfL Sindelfingen) große Hoffnungen auf ihre erste Olympiateilnahme. Und das, obwohl die nationale Konkurrenz stark ist und zurzeit drei nationale Mitbewerberinnen schneller sind. Möglich, dass die Deutschen Meisterschaften in Kassel (18./19. Juni) den Charakter von Olympia-Trials bekommen.
Harald Koken

Zweifeln gilt nicht. Ruhe bewahren und Routine ausspielen – so könnte das Erfolgsrezept aussehen, mit dem sich Nadine Hildebrand endlich ihren Traum von Olympia erfüllt. Obwohl die Rechtsanwältin seit März halbtags in der Kanzlei Lienig & Lienig-Haller in Stuttgart-Zuffenhausen arbeitet, ist vieles auf die Reise nach Rio ausgerichtet. Alles wird diesem einen Ziel untergeordnet. Denn: 2012 fehlten ihr zwei Hundertstel zur Olympia-Norm.

Aber die Sindelfingerin steckte nicht auf. Im Gegenteil: Es folgten ihre zwei besten Jahre. „Nach 2014 dachte ich: Es läuft ja wirklich gut. Jetzt noch einmal zwei gute Trainingsjahre und dann passt es“, erzählt die EM-Sechste, die sich vor zwei Jahren als Deutsche Meisterin auf 12,71 Sekunden steigerte. Doch dann der Rückschlag: Knorpelschäden im rechten Knie machten einen Eingriff unumgänglich.

Rückkehr mit EM-Norm

„Schaff´ ich es für die Olympischen Spiele? Das war die erste Frage, die ich meinem Arzt gestellt habe, als er sagte: Du musst operiert werden“, erinnert sich die 1,58 Meter große Athletin an den Moment der Diagnose. 21 Monate waren 100 Meter Hürden für sie tabu. Umso erstaunlicher verlief am Sonntag in Hengelo (Niederlande) die Rückkehr. Mit großer Präzision und Eleganz meisterte Nadine Hildebrand die 84 Zentimeter hohen Hindernisse – so, als sei sie nie weg gewesen.

In 13,04 Sekunden fuhr der Schützling von Werner Späth gleich im ersten Rennen die EM-Norm ein und preschte nur vier Hundertstel am Olympia-Richtwert vorbei. 13,05 Sekunden als Dritte des Finales – 90 Minuten nach dem ersten Auftritt ein weiteres Achtungszeichen, bei alles andere als optimalem Wetter. „Ich hatte großen Respekt vor den letzten drei Hürden, aber der Mann mit dem Hammer ist nicht gekommen“, schmunzelte die 28-Jährige im Ziel.

Feinabstimmung folgt

In punkto Tempo und Technik kann sie sicher weiter zulegen. „Es geht noch einiges. Wie weit, dass kann ich nicht sagen“, verrät die Juristin. „Es ist nach der langen Pause alles noch ein bisschen ungewohnt. So habe ich mich vor dem Wettkampf gefragt, was ich alles in meine Tasche packen soll. Ich habe das Gefühl ich bin so wahnsinnig alt geworden. Die sind alle so jung, ich kenne auch nur die Hälfte.“

Dass jüngere Athletinnen ihre Lauerstellung aufgegeben und das Tempo angezogen haben, sieht Nadine Hildebrand als Herausforderung. Nicht ausgeschlossen ist, dass das Hürdenfinale bei den Deutschen Meisterschaften in Kassel zum großen Showdown um die Startplätze bei der EM in Amsterdam (Niederlande; 6. bis 10. Juli) und bei Olympia in Rio (Brasilien; 12. bis 21. August) wird. Bewerberinnen gibt es jedenfalls schon jetzt mehr als Tickets.

Mit Gelassenheit ans Ziel

Die am Sonntag von 13,22 auf 12,89 Sekunden verbesserte Ricarda Lobe (MTG Mannheim), Franziska Hofmann (LAC Erdgas Chemnitz; 12,96 sec) sowie Vize-Weltmeisterin Cindy Roleder (SC DHfK Leipzig; 12,98 sec) haben die Olympia-Norm bereits abgeliefert. „Schauen wir wofür es reicht“, demonstriert Nadine Hildebrand Gelassenheit.

„Ich weiß, dass ich mein perfektes Rennen noch nicht gelaufen bin“, hatte sie Mitte März in einem <link http: www.faz.net aktuell sport mehr-sport warum-nadine-hildebrand-trotz-allem-zu-olympia-2016-will-14119278.html _blank>Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ geschrieben. Weitere Schwerpunkte des viel beachteten Artikels: die Doppel-Belastung durch Job und Hochleistungssport, die bisweilen fehlende Anerkennung von Spitzenleistungen und die besondere Atmosphäre bei Wettkämpfen. Nadine Hildebrand: „Es gab überwiegend positive Reaktionen. Einige meinten: Schön, dass das mal jemand geschrieben hat.“

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