Oma und Opa waren die Sieger
Eigentlich ist der „erste Opa-Lauf im 21. Jahrhundert“ schon ein Klassiker. Bereits 1966, bei der Premiere, gingen 34 Über-50-Jährige an den Start. Nach 37-jähriger Veranstaltungsabstinenz feierte der einst legendäre Seniorenwettkampf am Sonntag nun seine Wiedergeburt.
„Mein Opa rennt um elf Uhr“, freute sich der kleine Lukas Rambacher noch ganz außer Atem. Sekunden vorher war der 10 Jahre alte fränkische Junge in exakt 3:35 Minuten als Sieger des 800-Meter-Laufs in Ziel gehuscht – im „Enkelklassement“.Vierzig Jahre wird er nun mindestens warten müssen, bis er, wie sein Großvater, der 65-jährige Heinrich Rambacher, sich beim Opa-Lauf über 7,5 Kilometer austoben darf. Großvater wird er dann allerdings nicht sein müssen, aber mindestens 50 Jahre alt, so die Grundregel für die knapp 100 Teilnehmer, die am Sonntag im fränkischen Bad Brückenau beim „ersten Opa-Lauf im 21. Jahrhundert“, wie der Schweinfurter Moderator Klaus Hudert lautstark verkündete, an den Start gingen.
Laufklassiker wiederbelebt
Doch das Auftaktrennen der älteren Semester, das mit dem schillernden Namen „Opa“ locken will, ist eigentlich ein Klassiker. Genau 37 Jahre war es still um das „Exotenrennen“, dessen Wurzeln im 20. Jahrhundert liegen.
Und alles geschah nur wegen einer Wette. Wer die 5.000 Meter schneller als er laufen würde, bekäme 1.000 Deutsche Mark, hatte der 61 Jahre alte Bad Brückenauer Laufveteran, Julius Wassermann, 1966 medienwirksam ausposaunt. Offensichtlich so lautstark, dass ein regelrechter Presserummel entstand. Denn als die 34 Großväter Mitte der Sechziger um die Wette rannten, berichteten in- und ausländische Blätter und acht Wochenschauen war dies sogar einen Filmbeitrag wert.
1967 boomte der Wettbewerb erneut, wohl auch, weil der damals amtierende Europameister über 3.000 Meter, der deutsche Ausnahmeläufer Harald Norpoth, den Startschuss zur zweiten Auflage des nun bereits 89 rüstige Herren zählenden Oldielaufs abfeuerte.
Großmutter aller Senioren-Bestenkämpfe
Zwar gab es in der damals noch jungen Bundesrepublik Deutschland schon Laufveranstaltungen für 50-Jährige, eine Seniorenlaufveranstaltung an der auch 60-Jährige und Ältere in getrennten Klassements teilnehmen konnten, war damals allerdings nicht vorgesehen.
So firmierte der Seniorenlauf nach der erfolgreichen Fortführung 1967, später mit dem Untertitel „Grandfathers Marathon“, bei dem 1969 der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) die sechs Altersklassen mit professioneller Zeitmessung betreute - der Geburtsstunde moderner Senioren-Bestenkämpfe, wie Sprecher Klaus Hudert kommentierte.
Omas nun auch am Start
Nachdem der Event 1973 wegen fehlender Haushaltsmittel platzte, präsentierte sich die Wiedergeburt des Bad Bückenauer Opa-Laufs im neuen Gewande. In die Rahmenveranstaltung „Meine Gesundheitsstadt“ eingebettet, wurde das Teilnehmerfeld zeitgemäß nun um die „Konkurrenz der Omas“ erweitert. Und die zeigten sich topfit: So preschte die 50 Jahre alte Laufmutti - Oma ist Barbara Keller vom ETSV Lauda noch nicht - mit der Leichtigkeit einer Sabrina Mockhaupt als unangefochtene Siegerin und Gesamtdreizehnte des Opa-Klassements in 30:43 Minuten ins Ziel.
„Wo andere Omas im Altersheim schon Probeliegen üben, zeigen unsere Omas hier sportliche Mannequinqualitäten“, so Klaus Hudert mit frenetischer Stimme über den Äther. Und in der Tat, Barbara Keller glänzte nicht nur in Bad Brückenau mit toller wie sportlicher Figur, sondern lief die 10 Kilometer dieses Jahr schon zweimal unter 40 Minuten, ist Deutsche Marathon-Seniorenmeisterin und Siegerin des Tauberfranken-Cups.
Beschaulicher und flacher Rundkurs
Gemeinsam mit der Tauberbischofsheimer Powerfrau Barbara Keller am Start, sorgten auch die männlichen Oldies für Furore. Nicht zuletzt, weil der 3.000 Meter-Weltrekordläufer in der M 50-Klasse, Hans Hopfner (LLC Marathon Regensburg), den Startschuss gab – verletzungsbedingt war er nicht am Start.
Dann ging es durch die pittoresk anmutende Altstadt, über für Läuferbeine moderat verlegtes Kopfsteinpflaster, hin zu beschaulichen Kurgärten, am Staatsbad nebst Wandelhalle vorbei und endete parallel zum malerisch dahinplätschernden Rinnsal Sinn, wo auf einem weiträumigen Parkplatzgelände die Einlaufgasse drapiert war.
Für das richtige Tempo sorgte vor allem Richard Przybyla (Tuspo Obernburg), der in 25:47 Minuten souverän vor Friedrich Braun (TSG 08 Roth; 26:03 min) siegte. Dritter und Sieger in der Klasse M55, wurde der einheimische Langstreckenhaudegen Manfred Dormann (TV Bad Brückenau) in beachtlichen 26:25 Minuten. Und auch der mittlerweile 80-jährige Joseph Trott, der seine Altersklasse überlegen dominierte, war nicht unter den Schlusslichtern zu finden, sondern belegte unter den knapp 100 laufbegeisterten Oldies einen höchst ansehnlichen 58. Platz.
Oma- und Opa-Lauf im Aufwind
Ob sie laufsüchtig seien, war dann auch die gebetsmühlenartig anmutende Frage der Radiomoderatorin des Bayerischen Rundfunks. Sie hatte sich nach dem Zieleinlauf als Interviewerin unters Läufervolk gemischt. Die versprühten, manch Fältchen und aluminiumblondem Haar zum Trotz, bei der Antwort jugendliche Frische und sagten durch die Bank weg, das Laufen, neben zuträglicher Ernährung, nun mal ihr Lebenselixier sei.
Dass diese gesunde Lebensphilosophie weiter wirkt und dem Neustart des Opa-Klassikers weiteren Zulauf verschafft, hofft auch Hans Wagner, der Manager vom Turnverein Bad Brückenau. Nicht unberechtigt, denn bei dem unter dem Motto „Wer hier nicht mitläuft, ist selber schuld“ werbende Event, winken den platzieren Omis und Opis immerhin Preise im Gesamtwert von 3.500 Euro. Auch das dürfte so manchen quietschfidelen, alten Ausdauerhasen auf die attraktive Piste in Rhöntal locken.
War 1967 der Schnellste Opa: Karl August Grünwald aus Kaiserslautern (Foto: Archiv TV Bad Brückenau )