Oscar Pistorius schreibt Sportgeschichte
Südafrikas "Blade Runner" Oscar Pistorius hat ein neues Kapitel Sportgeschichte geschrieben. Der 24 Jahre alte Prothesensprinter schaffte als erster Paralympic-Leichtathlet die Qualifikation für Titelkämpfe der Nicht-Behinderten.

Nach der geradezu sensationellen Steigerung auf 45,07 Sekunden über 400 Meter am Dienstagabend im italienischen Lignano kann Oscar Pistorius bei der Leichtathletik-WM vom 27. August bis 4. September in Daegu (Südkorea) starten. Als aktuelle Nummer 15 der Weltrangliste scheint sogar das Halbfinale möglich für Oscar Pistorius, der sich am letztmöglichen Tag für Südafrikas WM-Team qualifizierte. Er blieb 0,18 Sekunden unter der A-Norm des Weltverbandes IAAF (45,25 sec).
Grinsen im Gesicht
Oscar Pistorius, der mit 17 Jahren bei den Paralympics 2004 in Athen (Griechenland) schon Gold über 200 Meter geholt hatte, gestand: "Ich habe seit dem Lauf ein Dauergrinsen im Gesicht, es geht nicht mehr weg. Ich danke allen, die mir geholfen haben, vor allem meinem Trainer Ampie Louw", sprudelte es aus dem 24-Jährigen heraus, der sich diebisch über die Worte an der Anzeigetafel freute: "See you in Daegu - das liest sich einfach wundervoll."
Damit endete ein Jahre währender Wettlauf um Normen für Oscar Pistorius, dem im Alter von elf Monaten wegen eines Gendefekts die Unterschenkel amputiert worden waren. Dessen ungeachtet forcierte er schon als Jugendlicher seine Sportkarriere. Er wurde Paralympicssieger, strebte 2008 jedoch vergeblich den Olympiastart in Peking (China) an.
Wegweisendes CAS-Urteil
Ihm fehlte damals die Norm, nachdem er vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS gegen die IAAF durchgesetzt hatte, dass er auch bei Wettkämpfen der Nicht-Behinderten zugelassen wird. Seine Karbon-Prothesen würden Oscar Pistorius keinen Vorteil verschaffen, hieß es am 16. Mai 2008 in der Urteilsbegründung.
Die IAAF scheiterte damals mit ihren Argumenten aus einer Studie des Kölner Biomechanikers Gert-Peter Brüggemann, der im Herbst 2007 beauftragt worden war, herauszufinden, ob Oscar Pistorius durch die Stelzen einen Vorteil hat. Dabei wurde die IAAF offenbar aus einer Angst vor "Techno-Doping" getrieben. "Sie haben die Fragen so gestellt, dass sie die Antworten bekommen haben, die sie hören wollten", bemängelte Oscar Pistorius, machte Gert-Peter Brüggemann aber keinerlei Vorwürfe: "Wir haben uns gut verstanden."
Große Pläne
Für den Prothesenhersteller war der Wirbel um die Cheetas - wie die künstlichen Unterschenkel seines Athleten offiziell heißen - willkommene Werbung. Oft wurde in den Medien von den "hochtechnologisierten" Modellen gesprochen, die ab 2.700 Euro auf Seite 227 des Ausrüster-Kataloges bestellt werden konnten.
Nach einem schweren Bootsunfall war für Oscar Pistorius 2009 noch der Traum von der WM-Teilnahme in Berlin am Fehlen der Norm von 45,95 Sekunden gescheitert. Nachdem es mit Daegu klappte, hat der 24-Jährige schon neue Ziele. 2012 will Oscar Pistorius erst bei Sommer-Olympia in London (Großbritannien) starten und drei Wochen später bei den Paralympics an gleicher Stelle die WM-Titel über 100, 200 und 400 Meter in der Schadensklasse T44 verteidigen.
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)