Oscar Pistorius: Vorwurf "vorsätzlicher Mord"
Paralympics-Star Oscar Pistorius (Südafrika) hat aus Sicht der Anklage seine Freundin Reeva Steenkamp gezielt getötet und sei deshalb für einen "vorsätzlichen Mord" verantwortlich. Der Verteidiger glaubt an ein tragisches Versehen.
Die Staatsanwaltschaft hat dem Leichtathleten "vorsätzlichen Mord" an Reeva Steenkamp vorgeworfen. Oscar Pistorius habe eine "unschuldige und unbewaffnete Frau" erschossen und außerdem ein Mordmotiv, sagte der Staatsanwalt am Dienstag in seinem Eröffnungsplädoyer vor dem Magistratsgericht in Pretoria. Das Motiv erläuterte er zunächst nicht. Es gebe keine Hinweise, die Oscar Pistorius' Darstellung unterstützten, er habe einen Einbrecher vermutet.Damit bestätigte der Staatsanwalt erstmals Medien-Spekulationen, denen zufolge Oscar Pistorius einen Eindringling im Badezimmer vermutet habe.
Die Anwälte des beinamputierten Profisportlers streben eine Freilassung gegen Kaution an. Sie plädieren für eine Anklage wegen Mordes in einem minder schweren Fall, was im deutschen Recht Totschlag entspräche. Die Anklagebehörde möchte, dass der Beschuldigte bis zum Prozess in Untersuchungshaft bleibt.
Schüsse durch verschlossene Tür
Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft hatte Oscar Pistorius in der Tatnacht erst im Schlafzimmer seine Prothesen angezogen, bevor er mit einer Pistole bewaffnet zum Badezimmer ging. Dort habe sich seine Freundin, die bereits am Vorabend in das Haus gekommen sei, befunden. Oscar Pistorius habe vier Schüsse durch die verschlossene Badezimmertür abgefeuert, drei von ihnen sollen die 29-Jährige demnach getroffen und tödlich verletzt haben.
Die Verteidigung argumentierte, dass es sich nicht um einen Mord handle, sondern um Totschlag. Nicht immer, wenn jemand zur Waffe greife, handele es sich um einen Mord, sagte der Anwalt Barry Roux. Oscar Pistorius habe keine Ahnung gehabt, dass es sich bei dem Menschen im Badezimmer um Reeva Steenkamp gehandelt habe. Sein Mandant werde vor Gericht die Vorgänge der dramatischen Nacht vollständig schildern, der Vorwurf des "vorsätzlichen Mordes" sei eine "Ungerechtigkeit".
Nichts sei von der Wahrheit weiter entfernt, den Anklagen fehle jede Substanz, betonte auch der 26-jährige Südafrikaner selbst in einer Stellungnahme, die sein Anwalt vorlas. Er widerspreche den Anschuldigungen aufs Schärfste. "Ich hatte nie die Absicht, meine Freundin zu töten."
Gerichtssaal völlig überfüllt
Die auf zwei Tage angesetzten Verhandlungen begannen am Dienstagvormittag in einem völlig überfüllten Saal des Magistratsgerichts. In dem Saal, der nur für etwa 40 Zuschauer eingerichtet ist, drängelten sich weit mehr als 100 Menschen, vor allem Journalisten. Anwesend waren auch der Vater des Beschuldigten, Henke Pistorius, und die Geschwister des Athleten, Aimee und Carl.
Oscar Pistorius, der bereits vor 7:00 Uhr morgens aus seiner Polizeihaft ins Gerichtsgebäude gebracht worden war, wird von renommierten Juristen und Experten unterstützt. Zu ihnen zählen der Star-Anwalt Kenny Oldwage, der britische Medienberater Stuart Higgins und der südafrikanische Forensiker Reggie Perumal.
Für Dienstag war auch ein Gedenkgottesdienst für Reeva Steenkamp in Port Elizabeth an der Südküste Südafrikas geplant. Zugelassen waren nur etwa 90 Teilnehmer, von denen etwa zwei Drittel zur Familie und engem Freundeskreis gehören sollten. Reeva Steenkamp, die nach einer juristischen Ausbildung vor allem als Model und Fernsehstar ihr Geld verdient hatte, sollte in Anwesenheit der engeren Familie begraben werden.
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