Paralympisches Tagebuch von Thomas Loosch
Der Wattenscheider Leichtathlet Thomas Loosch ist einer der aussichtsreichsten Starter bei den Paralympics in Athen. Der 41-jährige Weltmeister im Diskus und Vize-Europameister im Diskus, Kugelstoßen und Speerwurf wird von seinen ersten Paralympics mit freundlicher Unterstützung und Genehmigung der Stiftung Deutsche Sporthilfe in seinem Tagebuch auch auf leichtathletik.de direkt aus Griechenland berichten.
Thomas Loosch schildert in seinem Tagebuch seine Eindrücke von den Paralympics
Samstag, 18. September 2004Nervös war ich schon, immerhin ist es mein erster Bundespräsident. Und dann saß ich ihm beim Essen noch direkt gegenüber. Auh weia, wie spreche ich ihn an? Was rede ich eine Stunde lang mit dem ersten Mann im Staat?
Er fragte mich, was ich denn so mache, woher ich komme - und schwupps, war die ganze Nervosität weg. Er ist ein richtig sympathischer Mann - so offen, so aufgeschlossen, so interessiert: "Jungs, jetzt erzählt mal, wo Euch der Schuh drückt....", so fing er an. Was für eine tolle Einleitung!
Ja, und da haben wir erzählt. Von der fehlenden finanziellen Unterstützung, von den ungleichen Prämien, von zu wenig qualifizierten Trainern, von fehlenden Freistellungen bei WM und EM, von arbeitslosen Sportlern, dass wir Spastiker wegen fehlender Mittel vom Verband weder zur WM in die USA noch zur EM nach Finnland geschickt werden können, die geringe Medienbegleitung vor und nach den Paralympics, und und und...
Sein Adjudant musste alles mitschreiben, der Bundespräsident hörte richtig zu, stellte einfühlsame Fragen, fasste nach, wenn etwas unklar blieb, und war sehr erschrocken von einigen Zuständen. "Denn Ihr Athleten vertretet doch unser Land, da müssen doch auch die Medien ein bisschen aktiver werden", meinte er. Er will sich darum kümmern, sagte er, zumindest um die wichtigsten Probleme.
"Wir brauchen noch professionellere Unterstützung durch Trainer und durch die Betreuer in den Vereinen", sagte der Bundespräsident wörtlich. Der Adjudant wies ihn auf die Terminlage hin, doch Herr Köhler wollte noch bei uns bleiben, uns zuhören, sich unserer Sorgen und Nöte bewusst machen. Ich erzählte ihm, dass ich allein in diesem Jahr etwa 6.000 Euro aus eigener Tasche bezahlt habe, um meinen Sport zu betreiben. Erst mit Verspätung verließ er uns, wir hatten alle ein gutes Gefühl, er und wir, die ganze Mannschaft.
Er hat selbst eine sehbehinderte Tochter. Vielleicht ist dies ja auch ein Glücksfall für uns. Denn so weiß er aus erster Hand, was es bedeutet, mit einer Behinderung leben zu müssen - und dann auch noch Höchstleistungen zu erzielen.
Es war eine tolle Begegnung, die alles bisher Dagewesene für mich übertroffen hat. Der Bundespräsident hat bei mir einen tiefen Eindruck hinterlassen, so eine Begegnung kann einen richtig aufbauen. Die Wettkämpfe können kommen.
Herzliche Grüße aus Athen
Euer Thomas Loosch
Mit freundlicher Unterstützung und Genehmigung von www.sporthilfe.de