Pascal Behrenbruch hat große Ziele
Zehnkämpfer Pascal Behrenbruch gehörte sicherlich zu den großen Überraschungen dieses Jahres. Dreimal verbesserte er seine Bestleistung auf jetzt 8.209 Punkte und erkämpfte sich zudem bei der EM in Göteborg (Schweden) den fünften Platz. Doch auf seinen Lorbeeren will sich der Frankfurter nicht ausruhen – die Ziele hat er sich hoch gesteckt.
In diesem Jahr war keine Hürde zu hoch für Pascal Behrenbruch (Foto: Kiefner)
"Eigentlich war es eine perfekte Saison, es hätte nicht besser laufen können", resümiert Pascal Behrenbruch die zurückliegenden Monate. Trotzdem gibt es für ihn ein "aber". "Ich denke schon noch oft an Göteborg und denke, mensch wärst Du mal ein bisschen schneller gelaufen, dann hättest du noch eine Medaille gewonnen." Es wird hin und her gerechnet, wo er noch ein paar Punkte hätte rausholen können.Und noch etwas ärgert den 21-Jährigen: "Unser Physiotherapeut Frank Zander wäre nackt eine Runde gelaufen, wenn wir eine Medaille gewonnen hätten." Das will Pascal Behrenbruch im nächsten Jahr nachholen. "Ich bin jetzt heiß und nicht mehr bescheiden. Nächstes Jahr bei der WM in Osaka will ich eine Medaille."
Kein Hobby-Sportler
Das sagt ein Athlet, der vor diesem Jahr noch nie 8.000 Punkte erzielt hatte. "Ich wollte unbedingt zur EM und dort ein bisschen schnuppern. Ich dachte, mit 8.000 Punkten sei ich locker dabei." Letztendlich war man damit in Deutschland aber nur Sechster und somit nicht für Göteborg qualifiziert. Selbst die 8.199 Punkte, die Pascal Behrenbruch in Ratingen erzielt hatte, reichten erst, nachdem der Berliner André Niklaus seine EM-Teilnahme wegen einer Verletzung absagen musste.
"Ich wollte unbedingt zur EM, vor allem, weil ich auch endlich mal in die Öffentlichkeit wollte." Bei Mercedes, wo er eine Ausbildung zum Informatik-Kaufmann gemacht hat, musste er oft blöde Sprüche und verständnisloses Kopfschütteln hinnehmen, wenn er mal wieder früher gehen musste, um rechtzeitig ins Training zu kommen. Erst nach seinem EM-Auftritt verstanden die Kollegen, dass er kein Hobby-Sportler ist. "Wenn ich nur zum Länderkampf in die USA gefahren wäre, hätte ich 8.500 Punkte machen können und es hätte niemanden interessiert."
Mit Bungee-Jumping zu neuen Höhen
Genau diese Punktzahl hat er sich für die nächste Saison als Ziel gesetzt. "Vor allem im Weit- und Stabhochsprung habe ich noch große Schwächen." 7,20 Meter weit und 4,80 Meter hoch sollen in der nächsten Saison für ihn in den Ergebnislisten stehen. Deshalb steht zur Zeit vor allem Angstbewältigung auf dem Trainingsplan, damit der Stabhochsprung nicht weiter die große Zitterpartie ist.
"Ich habe die Technik und auch das Sprungvermögen, aber ich mache mir einfach zu viele Gedanken", beschreibt er seine Probleme. Mit Bungee-Jumping, Turmspringen, Turnen und vielen Sprüngen soll der Kopf frei werden. "Im Training klappt es manchmal, dann springe ich auch 4,90 Meter", nur im Wettkampf klappt das oft nicht. Um ihm mehr Hilfestellungen geben zu können, fährt sein Trainer Jürgen Sammert einmal pro Woche nach Leverkusen und hospitiert dort bei Leszek Klima.
Vom "Bauer" zum Super-Speerwerfer
Momentan kann Pascal Behrenbruch aber nur eingeschränkt Trainieren. Eine Reizung der Plantarsehne wurde zunächst falsch als Schleimbeutelentzündung diagnostiziert. Zwei Wochen musste er pausieren.
Während im Hürdenbereich die Zusammenarbeit mit Jens Dietrich fortgesetzt wird, trennte sich Pascal Behrenbruch von anderen Trainern und wird dafür jetzt im Speerwurf von Francis Groß, dem ehemaligen Trainer von Speerwerfer Peter Esenwein (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg), betreut. "Für das nächste Jahr haben wir 70 Meter angepeilt und danach soll es in Richtung 75 Meter gehen", verrät Pascal Behrenbruch die Pläne für seine Paradedisziplin.
"Bisher werfe ich wie ein Bauer", spielt der Frankfurter auf seine noch ausbaufähige Technik an. Langfristig traue ihm sein Trainer aber zu, "als erster Zehnämpfer über 80 Meter zu werfen."
Wegen dünner Beine zur Leichtathletik
Zur Leichtathletik hat ihn sein Vater mit sechs Jahren gebracht. "Er wollte nicht, dass ich Fußball spiele, weil er meine Beine zu dünn fand", erzählt Pascal Behrenbruch schmunzelnd. Sein Vater selbst war aktiver Leichtathlet in Frankfurt und auch sonst ist Familie Behrenbruch sportlich. Seine Schwester war Dritte bei der U18-WM im Rudern. "Die hätten sogar gewinnen können, wenn nicht eine weit vor dem Ziel vom Sitz gefallen wäre."
Pascal Behrenbruchs leichtathletisches Talent zeigte sich bereits früh. In der B-Jugend war er zusammen mit dem heutigen 400-Meter-Läufer Kamghe Gaba (LG Eintracht Frankfurt) Deutscher Mannschafts-Meister im Mehrkampf. "Vor den 1.500 Metern lagen wir genau gleich und dann habe ich über die 1.500 Meter gekämpft und hatte letztendlich einen Punkt mehr. Das hat mich schon verwundert, weil er ja eigentlich der bessere Läufer ist", erzählt er rückblickend.
Der Chaot wird erwachsen
Zudem hielt er bis zu diesem Jahr die Deutsche B-Jugend-Bestleistung im Mehrkampf, bis sein Vereinskollege Jan-Felix Knobel mit 7.735 Punkten noch einmal 29 Punkte mehr erzielte. Ärgern tut das Pascal Behrenbruch nicht. "Ich war damals ein absoluter Chaot und habe viel weniger trainiert, sonst hätte ich auch mehr Punkte machen können."
Und noch eines weiß der 21-Jährige: Den Weg in die Aktivenklasse muss man erst einmal schaffen. "Als ich den Rekord hatte, dachte ich, ich sei der King. Aber ich habe erst jetzt gemerkt, dass die Jugendleistungen irgendwann keinen mehr interessieren." Der Informatik-Kaufmann ist erwachsen geworden. Er arbeitet bei der Fraport AG, Betreiberin des Frankfurter Flughafens, und betreut dort das Projekt "Dienstwagen für alle", zudem ist er in einer Tochterfirma Fuhrparkleiter.
Mit Motivation die Ziele erreichen
Und wenn er früher gerne mal mit seinen Freunden um Kamghe Gaba um die Häuser zog, so bleibt er heute lieber mal daheim in seiner neuen eigenen Wohnung in Offenbach. Neben seiner Schwäche, dass er öfters mal etwas unpünktlich ist, gehört zu seinen großen Stärken, sich stets motivieren zu können.
Dies wird er auch brauchen, um seine Ziele zu erreichen. "9.000 Punkte will ich mir nicht unbedingt als Ziel setzen, dass ist fast unmenschlich. Aber 8.800 bis 8.900 – vielleicht den Deutschen Rekord – trauen mein Trainer und ich mir zu, wenn ich unverletzt bleibe." Und wer den Zehnkämpfer in dieser Saison erlebt hat, wie er Prognosen aufgestellt und prompt erfüllt hat, der möchte ihm das nur zu gerne glauben.