Pascal Behrenbruch - Hundert volle Prozent
Pascal Behrenbruch galt als Hallodri unter den Zehnkämpfern. Großen Worten folgten nicht immer große Taten. Ein halbes Jahr Training in Estland hat ihm geholfen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Und das ist für ihn in diesem Jahr eine Olympia-Medaille. Beim Mehrkampf-Meeting in Götzis (Österreich) will er nun zunächst seine Bestleistung von 8.439 Punkten verbessern.
Alles auf eine Karte setzen. 100 Prozent statt 50. Alles für Olympia geben. Nach diesem Motto zog es Mehrkämpfer Pascal Behrenbruch Ende des vergangenen Jahres von Frankfurt ins beschauliche Tallinn in Estland. Nachdem ihn der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) aus dem Top Team-Kader gestrichen und sich sein Trainer Jürgen Sammert von ihm getrennt hatte, startete der WM-Sechste von 2009 neu.„Bei der EM 2006 hatte mich Tomáš Dvořák schon ein bisschen gecoacht“, sagte Pascal Behrenbruch. Die Zusammenarbeit mit dem dreimaligen tschechischen Weltmeister beeindruckte ihn so, dass er beschloss: „Ich suche mir einen Trainer, der es selbst schon geschafft hat. Einen, der richtig gut war.“ Und dabei schaute er über die Landesgrenzen hinaus.
Probetraining für Erki Nool
Dass der Este Erki Nool, Olympiasieger 2000 in Sydney (Australien), seine Anfrage zunächst wegen Zeitmangel ablehnte, schreckte Pascal Behrenbruch nicht ab. Über einen gemeinsamen Bekannten erreichte er ein dreitägiges Probetraining in Tallinn. Auch dass ihn der 42-Jährige mit einer Bestleistung von 8.815 Punkten richtig hart rannahm und ihm anschließend einen mehr als anspruchsvollen Trainingsplan mit nach Hause gab - Pascal Behrenbruch zog durch und schließlich auch um. „Am 1. November habe ich mein Auto vollgepackt, den Hund reingesetzt und bin über Lübeck und Helsinki mit der Fähre nach Tallinn gereist.“ Und dort ist er geblieben.
Kurz nach seiner Ankunft stellte ihm Erki Nool seinen ehemaligen Trainer Andrei Nazarov vor, der einen Teil der Betreuung übernahm. Während Pascal Behrenbruch zu Beginn die Laufdisziplinen und den Stabhochsprung mit Erki Nool trainierte, hat heute Andrei Nazarov fast das ganze Training übernommen. „Erki kommt heute nur noch manchmal zum Stabhochsprung vorbei und ist immer eine große Motivation für mich“, sagt Pascal Behrenbruch.
Der 27-Jährige meint, in Estland vor allem eines gelernt zu haben: „Mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. In Tallinn gibt es nichts, was mich ablenkt.“ Seit dem 1. Mai ist er zur Vorbereitung auf das Mehrkampf-Meeting in Götzis mit Andrei Nazarov wieder in Frankfurt. „Und ich merke, dass es mir hier auch besser als früher gelingt, mich auf den Sport zu fokussieren.“
Kein Kind mehr
Dazu beigetragen hat nicht - wie viele behaupten - die harte Hand von Erki Nool. „Alle in Tallinn finden meine deutsche Mentalität gut, niemand redet mir ununterbrochen rein. Mich lassen dort alle machen, was ich will, und keiner behandelt mich wie ein Kind.“ Von alleine zieht es ihn nach dem Training nach Hause, auf Partys hat er zumindest bis zu den Olympischen Spielen keine Lust. In Tallinn ist er frei von Vorurteilen anderer und von dem, was in der Vergangenheit geschehen ist.
Pascal Behrenbruch übernimmt die Verantwortung für sein Handeln. Das gefällt ihm und scheint Früchte zu tragen. Er hat rund vier Kilo an Gewicht verloren. „Wir haben vor allem daran gearbeitet, mehr Spritzigkeit und Leichtigkeit in meine Bewegungen zu bringen. Ich bin mittlerweile nicht mehr so ein Trampel“, erzählt er. Im Training springt er mittlerweile - bei einer Weitsprungbestleistung von 7,21 Metern - aus kurzem Anlauf konstant 7 Meter. Im Training ist er im Hochsprung zuletzt locker über zwei Meter geflogen - nur drei Zentimeter unter seiner Bestmarke.
„Ich hoffe, dass in Götzis einige Bestleistungen drin sind.“ Aber nicht nur in den einzelnen Disziplinen will er sich steigern. Seine Bestleistung von 8.439 Punkten, die er bei der WM 2009 aufgestellt hatte, soll bei guten Wetterbedingungen fallen. Als Mindestziel hat er sich 8.300 Punkte gesetzt. „Damit wäre man sicher bei Olympia dabei und könnte in Ratingen nicht mehr aus dem Team gekegelt werden“, sagt er.
Auch EM im Auge
Offen hält er sich im Moment noch, ob er neben einem Olympiastart auch einen Auftritt bei der EM in Helsinki (Finnland) wagen will. „Im Moment habe ich beides eingeplant“, sagt er. Wenn er in Götzis allerdings so gut sein sollte, dass mit einer weiteren kleinen Steigerung eine Olympiamedaille möglich wäre, will er eventuell auf einen Abstecher zur EM verzichten. „Das werde ich dann mit Vernunft entscheiden.“
Eines hingegen steht fest: Pascal Behrenbruch will in diesem Jahr seine erste internationale Medaille bei den Erwachsenen gewinnen. Seiner Schätzung nach werden die Olympiamedaillen zwischen 8.750 und 8.580 Punkten vergeben. Bei der EM müsse man wohl zwischen 8.550 und 8.380 Zählern für Edelmetall anbieten. Und dafür gibt Pascal Behrenbruch alles. 100 volle Prozent.