Pascal Behrenbruch - "King im Ring"
Mit seinem Sieg im Zehnkampf (8.558 Punkte) hat Pascal Behrenbruch den zweiten Wettkampftag bei der EM in Helsinki am Donnerstag aus deutscher Sicht vergoldet. Seit WM-Bronze von Frank Busemann 1997 in Athen (Griechenland; 8.652 Punkte) hat kein Deutscher mehr soviele Punkte erreicht. leichtathletik.de hat die ersten Reaktionen des Frankfurters eingefangen.
Pascal Behrenbruch, herzlichen Glückwunsch zum EM-Titel. Haben Sie mit Gold gerechnet?Pascal Behrenbruch:
Gesagt habe ich es nicht. Wäre ich dann Vierter geworden, hätte es geheißen: Der hat große Sprüche gemacht. Ich hatte es aber im Kopf, nach der Punktzahl, die ich in Götzis gemacht habe und vielleicht hat es jemand verraten. Ich habe mit einer Punktzahl gewonnen, bei der niemand sagen kann, ich habe etwas geschenkt bekommen. Ich bin seit 1971 der erste deutsche Europameister im Zehnkamapf. Das ist ein Riesen-Gefühl.
Wie zufrieden sind Sie mit Ihren Leistungen?
Pascal Behrenbruch:
Sehr. Klar waren ein paar Hänger dabei. Hochsprung war nicht so gut, Diskus etwas zitterig, im Speerwerfen wollte ich über 70 Meter. Sonst waren stabile Leistungen und zwei Bestleistungen dabei und es ist insgesamt ein geiles Ding rausgekommen.
Wie war es, zum ersten Mal über 5,00 Meter zu fliegen?
Pascal Behrenbruch: Es war das Highlight im Zehnkampf. Mit 17 bin ich schon 4,60 Meter gesprungen. Danach hatte ich Angst und konnte mich nicht steigern. Fünf Meter waren immer ein Traum, den ich mir heute erfüllt habe. Auch im Kugelstoßen war das Gefühl super, weil ich gleich im ersten Versuch gezeigt habe, dass ich der King im Ring bin. Danach konnte ich mich hinsetzen und den Anderen zuschauen.
Wie war es auf der Ehrenrunde?
Pascal Behrenbruch:
Vorher malt man sich mehr und völlig schräge Dinger aus. Aber ich war total kaputt im Ziel. Es war auch schon vor dem 1.500-Meter-Lauf relativ klar, dass ich gewinne. Trotzdem habe ich die Ehrenrunde sehr genossen.
Konnten Sie auch die 1.500 Meter schon genießen, mit dem bevorstehenden Sieg im Hinterkopf?
Pascal Behrenbruch:
Wenn man nicht auf die Punkte schaut, kann man den Lauf vielleicht genießen. Aber ich wollte eine gute Punktzahl erreichen und unbedingt über 8.500, wenn nicht sogar 8.550. Ich habe mir gedacht: Es wird gar nicht genossen. 50 Meter vor dem Ziel habe ich kurz überlegt, die Hände hoch zu nehmen. Aber ich dachte mir: Nein, dadurch verliere ich zehn Punkte.
Was bedeutet Ihre Punktzahl mit Blick auf Olympia?
Pascal Behrenbruch:
Ashton Eaton gewinnt dort ganz klar Gold. Er ist ein super Kerl und ich gönne es ihm. Alle anderen werden um Silber und Bronze kämpfen. Nach diesem Ergebnis bei der EM ist eine Medaille mein Ziel.
Können Sie denn noch zulegen?
Pascal Behrenbruch: Erst einmal werde ich eine Woche entspannen und genießen. Danach stehen vier Wochen Vorbereitung auf die Olympischen Spiele an. Im Vorfeld der EM habe ich gesagt, ich möchte hier im Vergleich zu Götzis 200 Punkte drauflegen. Das habe ich geschafft. Dann habe ich auch noch gesagt: Ich will bei Olympia noch einmal 100 Punkte mehr. Das gehe ich jetzt an.
Wie sieht die Entspannung vor der Olympiavorbereitung aus?
Pascal Behrenbruch:
Ich gucke mir hier noch die EM an. Das ist schon einmal pure Entspannung, weil man seinen Titel gewonnen hat und sich die restlichen Wettkämpfe schön entspannt anschauen kann. Morgen werde ich noch die Nationalhymne bei der Siegerehrung hören. Es gilt, Kraft zu tanken. Das habe ich nötig. In ein paar Disziplinen habe ich gedacht: Das hatten wir doch vor ein paar Wochen in Götzis schon - und jetzt wieder. Vor London muss ich mal zwei, drei Tage am Strand liegen oder einen Kurztrip machen.
War es ein Weckruf, dass Sie sich im letzten Jahr ein neues Umfeld suchen mussten und nach Estland gegangen sind?
Pascal Behrenbruch:
Es hat mich sauer gemacht und wenn ich sauer bin, dann antworte ich mit Leistung. Das hat perfekt geklappt. Ich werde das Konzept weiterführen und die nächsten Jahre bei meinem Trainer Andrei Nazarov bleiben. Wir verstehen uns super, sind wie eine Familie. Das ist für mich der Weg zum Erfolg.
Was hat sich in Ihrem Trainingsalltag verändert?
Pascal Behrenbruch:
Ich bin eingenständiger geworden und musste die komplette Verantwortung selbst übernehmen. Ich konnte selbst entscheiden, wie ich trainiere und wann. Wir sind Partner. Ich kenne meinen Körper, ich weiß, was ich brauche. Ich bin vor den Hürden heute Morgen zwei Stunden vorher aufgestanden. Ich brauche diesen Stress.
Wie ist Ihr Verhältnis zum Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV)?
Pascal Behrenbruch:
Es gibt ein Miteinander. Ich hoffe, dass ich durch diesen Titel meine gestrichene Förderung zurückbekomme. Ich hatte schon Gespräche mit DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen. Er hat gesagt, dass er meine Entwicklung gut findet. Ich werde meinen Weg trotzdem eigenständig weiter gehen.
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