Patrick Schoenball und die Jagd nach der Norm
Der 23-jährige Patrick Schoenball hat ein Ziel: die Norm für die Hallen-EM in Göteborg (Schweden). Die drei bisherigen Versuche, den 800-Meter-Richtwert von 1:47,80 Minuten zu knacken, scheiterten allerdings.
Ludwigshafen derzeit an. 1:47,80 Minuten gilt es zu knacken. Gent, Düsseldorf, Ludwigshafen - alle drei Versuche innerhalb einer Woche, die Zeit zu unterbieten, scheiterten jedoch bisher. Und er schien am Samstagabend nach seinem Sieg in 1:50,78 Minuten beim Hallen-Meeting in Ludwigshafen irgendwie selbst nicht mehr daran zu glauben, dass die Norm für ihn noch möglich ist.Umringt von Journalisten stand er da, der Schweiß bahnte sich seinen Weg über das enttäuschte Gesicht eines jungen Mannes, der so viele Hoffnungen hatte. „Ich habe sehr hart trainiert“, sagte der 23-Jährige. Dabei begann sein Saisonstart vielversprechend. Bei den Rheinland-Pfalz-Meisterschaften setzte er im Januar über 1.500 Meter mit 3:48,63 Minuten ein erstes Ausrufezeichen.
Taktisch unglücklich unterwegs
Heimtrainer Fritz Seilnacht, der sich sicher ist, dass sein Schützling die Norm in den Beinen hat, ärgerte sich über dessen Auftritt beim PSD-Bank-Meeting in Düsseldorf am Freitag maßlos. Patrick Schoenball startete im B-Lauf mit seinem pfälzischen Kollegen Patrick Zwicker (LG Rülzheim) auf Bahn zwei, lief taktisch aber unglücklich.
Die Anfangsphase des Rennens verschlief er komplett, sodass er sich im Verlauf mühsam eine aussichtsreiche Position erkämpfen musste. „Das hat viele Körner gekostet, die ihm am Ende gefehlt haben“, erklärte Fritz Seilnacht, der schon in den 1980er-Jahren mit Andreas Baranski, dem Hallen-EM-Fünften von Mailand (1982), einen international erfolgreichen Athleten unter seinen Fittichen hatte. Der Ludwigshafener landete schlussendlich auf Platz vier (1:50,11 min), war damit nur drittbester Deutscher in diesem Rennen.
Pacemaker zu langsam
Beim Ludwigshafener Meeting dagegen war alles für Patrick Schoenball angerichtet. Die Kenianer Benson Seurei und James Kelwon sollten für ein angemessenes Tempo sorgen, doch das Duo kam nur schwer in die Gänge. Nach 27,71 Sekunden für die ersten 200 Meter und 56 Sekunden nach 400 Metern war das Vorhaben „Hallen-EM-Norm“ für Patrick Schoenball quasi schon erledigt.
Der Pfälzer bewies auf der Schlussrunde zwar noch seine Spurtqualitäten, doch mehr als ein Sieg war für ihn am Samstag nicht drin. „Zwei Drittel des Rennens waren einfach zu langsam“, haderte Patrick Schoenball, der eine Woche zuvor in Gent (Belgien) in 1:49,78 Minuten Saisonbestleistung gelaufen war.
Ob er es bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften nochmals versuchen wird? Patrick Schoenball weiß: „Meist wird dort taktisch gelaufen. Da wird es schwierig, eine Norm zu erreichen.“ Vielleicht machen Andreas Lange (LG Reinbeck/Ohe), der Führende der deutschen Bestenliste, und Patrick Schoenball in Dortmund ja gemeinsame Sache. Schließlich müssen sich beide noch für die Hallen-EM qualifizieren und Andreas Lange kam in Düsseldorf mit 1:48,18 Minuten schon nah an die Norm heran.
Doppelbelastung
Die Meetings in Düsseldorf und Ludwigshafen waren für den Mittelstreckenläufer des ABC Ludwigshafen als Doppelbelastung im Hinblick auf die Deutschen Hallen-Meisterschaften vorgesehen. „Das muss man schon mal machen“, unterstrich Heimtrainer Fritz Seilnacht, der zwar nach wie vor die Trainingspläne für seinen Schützling schreibt, ihn unter Woche aber meist nicht zu Gesicht bekommt.
Nachdem der 23-Jährige zunächst an der Ruhr-Universität Bochum das Studium „Management and Economics“ begann und anschließend einige Monate in den USA studierte, dort Fünfter der US-College-Meisterschaften in der Halle wurde, lebt er inzwischen in Bonn. Bei der Deutschen Telekom hatte er sich für ein duales Studium beworben und wurde angenommen. Ein Glücksfall aus beruflicher Sicht, doch gleichzeitig auch eine Doppelbelastung. „Das sollten wir Sportler aber hinkriegen. Koordinieren ist ja unser Ding“, meint der Teilnehmer der U23-EM 2011.
Unter den Augen des Bundestrainers
Vor dem Hallen-Meeting in Düsseldorf am Freitag hatte Patrick Schoenball einen ganz normalen Arbeitstag hinter sich. Das traditionelle Trainingslager in Italien mit Coach Fritz Seilnacht fällt dieses Jahr ebenfalls flach. „Da habe ich Präsenzphase, aber wir werden sicherlich danach eine Lösung finden“, sagt Patrick Schoenball zuversichtlich.
Die Fahrtwege zwischen seinem derzeitigen Wohnort und den Trainingsstätten Köln und Leverkusen sind nicht gerade kurz, aber Patrick Schoenball kann auch dem Positives abgewinnen: „Auf der Fahrt kommt man so richtig runter und hat dann den Kopf frei fürs Training.“ In Köln beobachtet Bundestrainer Henning von Papen sein Training mit Argusaugen. Er kennt das Leistungsvermögen des B-Kaderathleten. Bundes- und Heimtrainer stehen in regelmäßigem Kontakt, tauschen sich über den Mittelstreckler aus.
Noch hat Patrick Schoenball das Thema Hallen-EM nicht abgehakt. „Die Norm ist zwar nicht leicht, bleibt aber in diesem Jahr für mich wohl die einzige Möglichkeit für einen internationalen Start“, erklärte er. Die WM in Moskau (Russland) dagegen sei eher unrealistisch, so der 23-Jährige. „Die Universiade dagegen wäre was“, blickte er am vergangenen Samstag schon mal in Richtung Freiluftsaison voraus. Und das wäre ja auch eine internationale Startmöglichkeit...
Quelle: leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift